Erwartungsgemäß sieht Beckhoff dies mit seiner IPC-Plattform anders und setzt dabei auf die ständigen Performancesteigerungen der Chip-Hersteller. „Da die Steuerungsfunktionalität komplett in Software realisiert ist, profitieren unsere Kunden mit jeder neuen IPC-Generation von der kontinuierlich steigenden Rechnerperformance“, sagt Dr. Josef Papenfort, Produktmanager Twincat bei Beckhoff Automation und betont dabei Möglichkeiten der einfachen Integration in verschiedene Netzwerke – von der lokalen Netzwerkanbindung bis hin zur Anbindung an Cloud-Systeme.
Steuerungen leisten immer mehr
Ganz gleich, welche Variante die Kunden bevorzugen, die Anforderungen an die Controller steigen kontinuierlich. Denn neben den eigentlichen Steuerungsaufgaben müssen auch zusätzliche Anwendungen, wie fehlersichere Maschinensteuerung oder vertikale und horizontale Kommunikation, innerhalb der Automatisierungspyramide mit Profinet, Ethercat, Powerlink und OPC UA integriert werden oder die Matlab Simulink-Modelle, die Hochsprachenprogrammierung mit C++, C# oder Java eingebunden werden. Gleichzeitig bedingt ein immer höherer Automatisierungsgrad der Maschinen und Anlagen, dass immer mehr SPS-, C++- oder Matlab/Simulink-Code in immer kürzeren Zykluszeiten abgearbeitet werden muss. Die wachsende Anzahl und Komplexität der Motion-Control- sowie der Robotik-Achsen erfordert zusätzlich eine höhere Rechenleistung. Und nicht zuletzt ziehen auch immer mehr Messtechnik, Condition Monitoring und Vision-Anwendungen in die Standardsteuerungstechnik ein.
Mehr Prozessorkerne
„In Summe führt das dazu, dass sich auch die neuesten Prozessorgenerationen leistungsmäßig voll ausnutzen lassen. Dabei kann die Software, die auf einem Industrie-PC unter einem Windows-Betriebssystem läuft, bei Bedarf sehr einfach von einem IPC auf einen anderen, moderneren und leistungsfähigeren Rechner kopiert werden“, erklärt Josef Papenfort von Beckhoff. Die Steigerung der Rechnerperformance manifestiert sich derzeit vor allem durch eine immense Erhöhung der Anzahl der Prozessorkerne. Beckhoff setzt hier für seine IPCs neben den neuesten Prozessoren im Core-i-Bereich auch immer mehr Xeon-basierte Prozessoren ein. Auch im Bereich der kleinen und mittleren CPUs stehen zunehmend Prozessoren mit mehr als einem Kern zur Verfügung. Dabei unterstützt die Automatisierungssoftware Twincat 3 diese Multi- und Many-Core-CPUs optimal, da sich alle Kerne einer CPU selektiv nutzen lassen – auch isoliert gegen das Betriebssystem.
Benötigte Rechenleistung steigt
Nach dem Mooreschen Gesetz verdoppelt sich alle zwei Jahre die Leistungsfähigkeit der Prozessoren. „Die Komplexität der Applikationen wächst und so auch die benötigte Rechenleistung, um die höhere Anzahl von Achsen in Maschinen oder Regelkreisen in Prozessapplikationen zu bedienen. Vermehrt werden dafür Multi-Core-Prozessoren eingesetzt“, betont Jürgen Weinhofer von Rockwell Automation. Das Unternehmen verwendet derzeit 4-Core-Prozessoren sowohl von ARM (A9) als auch von Intel (Core i7). Wie bei der Rechenleistung steigt auch der Bedarf an Speicherplatz bei komplexeren Applikationen. „Um die lange Verfügbarkeit zu gewährleisten, entwickeln wir schon seit langer Zeit ARM-basierte SoC-Lösungen (System on Chip), die es uns erlauben, die Produktion auf Jahrzehnte sicherzustellen. Die Long-Life-Cycle-Prozessoren von Intel sind dagegen nur sieben Jahre verfügbar“, sagt Weinhofer. „Wir stellen aber auch fest, dass man mit einem guten Engineering eine bessere Performance erzielen kann als mit der reinen Erhöhung der Prozessorleistung.“
Bosch Rexroth setzt für seine neuen IPCs IndraControl VR/PR/DR auf eine langzeitverfügbare Intel-CPU wie zum Beispiel Quadcore-Atom-Prozessor mit einer Taktfrequenz von 1,6 Ghz bis zu dem Mehrkernprozessor i7 mit 2,6 GHz. „Unser Highend-IPC IndraControl VPB40.4 verfügt aktuell über einen Intel i7 mit 2,8 GHz“, sagt Krause. Bestandteil der neuen IPC-Plattform ist der Einsatz von Windows 10 IoT Enterprise Long Term Servicing Branch, LTSB als Betriebssystem. Es ist von Microsoft speziell für die Vernetzung intelligenter Geräte unterschiedlichster Plattformen entwickelt worden. Funktions-Updates müssen anders als beim Standard-Windows nicht zwingend durchgeführt werden. Der Hersteller garantiert eine Zehn-Jahres-Verfügbarkeit von Microsoft-Security-Updates und Patches. Eine wichtige Produkteigenschaft gerade beim Einsatz in vernetzten Umgebungen.
Herausforderung Industrie 4.0
Auch in Zukunft werden die Steuerungsaufgaben nahezu unverändert bleiben, denn SPS-Echtzeit-Funktionalitäten lassen sich kaum in die Cloud auslagern. Selbst mit Lichtwellenleitern ist die Datenübertragungsgeschwindigkeit physikalisch so begrenzt, dass es fraglich ist, ob ein Lageregelkreis mit 125 µs Zykluszeit in der Cloud geschlossen werden kann. „Trotzdem wird die Cloud in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen. Daten werden von Maschinen an die Cloud gesendet, um dort Produkte zu verfolgen, Fehler zu suchen, Maschinen zu optimieren oder vorbeugende Wartung zu betreiben. Zudem wird die Maschine als digitaler Zwilling in der Cloud existieren, das heißt auch ein Teil der Software wird sich in die Cloud verlagern. Hier gilt: Je schneller, zuverlässiger und deterministischer die Kommunikation zur Cloud ist, desto mehr Funktionalität wird in der Cloud ablaufen“, sagt Dr. Josef Papenfort von Beckhoff.
Damit bekommen die Steuerungen neue Aufgaben als Informations-Broker und Informations-Gateways und öffnen den Weg für einen durchgängigen Informationsfluss vom Sensor zur Steuerung und weiter zur privaten oder öffentlichen Cloud. In diesem Prozess reichert dann die Steuerung den Informationsgehalt durch zusätzliche Struktur- und Metadaten an. „Dabei werden die Steuerungs- und Analysefunktionen skalierbar und der eigentliche Ausführungsort von den Echtzeitanforderungen bestimmt. Generell werden diese Funktionen auf der niedrigsten Ebene ausgeführt, um die Echtzeitfähigkeit zu gewährleisten“, sagt Weinhofer von Rockwell. „Ist die Applikation nicht zeitkritisch oder sind die benötigten Informationen nur auf einer höheren Ebene verfügbar, kommen bereits heute Cloud-Lösungen zum Einsatz.“ Die cloudbasierten Analyselösungen FactoryTalk Analytics sind bereits bei Kunden im Einsatz. Rockwell Automation arbeitet dabei eng mit Microsoft zusammen und gewährleistet so die Einhaltung der erforderlichen Security-Standards. In Deutschland hostet Rockwell Automation die Daten unter anderem in Rechenzentren der Deutschen Telekom.