Technisch gesehen war die Hunley das erste U-Boot im Kriegseinsatz, dem die Versenkung eines feindlichen Schiffes gelang.
Am 17. Februar 1864 entdeckten die Matrosen der USS Housatonic in den flachen Gewässern um den Handelshafen von Charleston einen dunklen Schatten, der direkt auf das Segelschiff zukam. Zuerst dachten die Seemänner, ein Schweinswal (ähnlich einem Delfin), der in diesen Gewässern durchaus häufig anzutreffen ist, schwimmt auf das Kriegsschiff zu, kamen aber schnell zu dem Schluss, dass Walartige selten beleuchtete Luken haben.
Aber es war zu spät, das ‚Unterseeschiff‘ war schon zu nahe an die Housatonic herangekommen, um sie mit den 12 Bordgeschützen zu bekämpfen. In ihrer Panik schossen die Seeleute mit Vorderladergewehren und Revolvern auf die herannahende ‚Superwaffe‘ der Konföderation. Nutzlos, die kleinen Projektile prallten vom eisernen Körper des Objekts ab, wie Murmeln von der Hauswand. Kurz darauf riss eine Explosion ein Loch in die Seite der Housatonic und binnen ein paar Minuten sank das Schiff auf den Grund. Die USS Housatonic war das erste Kriegsschiff der Welt, das einem Angriff mit einem U-Boot zum Opfer fiel.
Aber der Reihe nach. 1861 begann der Amerikanische Bürgerkrieg und die Union versuchte unter anderem mit Seeblockaden die Konföderation ‚weichzukochen‘, indem sie die Südstaaten auszuhungern versuchten. Besonders stark betroffen von der Seeblockade war der Hafen Charleston in South Carolina. Zudem kam hinzu, dass die Union die Stadt konstant unter Beschuss nahm. Da den Südstaaten aber der technologische Hintergrund und die Produktionskapazitäten des Nordens fehlten, war es ein Ding der Unmöglichkeit, den Blaujacken etwas ansatzweise militärisch Vergleichbares entgegenzusetzen, um die Blockade zu brechen.
Auftritt Horace Lawson Hunley – wohlhabender Anwalt und Plantagenbesitzer. Er war – sicher nicht aus altruistischen Gründen – stark erbost ob der Blockade. Mittlerweile war die Situation der Konföderation so verzweifelt, dass die Regierung Kopfgeld auf Unions-Schiffe aussetzte: 50 000 Konföderierte Dollar pro versenktem Schiff wurden ausgelobt. Das entsprach einer Kaufkraft von etwa 1 Mio Dollar heute, wenn Südstaaten-Dollars einen Wert hätten.
Zusammen mit einem Kollegen kam Hunley zu dem Schluss, dass die Zeit für ein ‚Kriegs-Unterseeboot‘ gekommen war und sie konstruierten die ‚Pioneer‘, ein Zwei-Mann-U-Boot, dass sie selbst zerstören mussten, als die Werkstatt, in der sie das Ding zusammengenietet haben, drohte, in die Hände der Nordstaaten zu fallen. Ein neuer Prototyp – die ‚American Diver‘ wurde gebaut und man experimentierte mit Dampf- und Elektroantrieb, entschied sich aber für die bewährte Muskelkraft amerikanischer Seemänner. Leider schienen die fünf Mann aber zu schwach, denn die Diver war zu langsam, und das Boot ging bei schlechtem Wetter verloren. Immerhin kam niemand zu Schaden.
Das Konzept schien gut und es wurde beschlossen, ein weiteres, größeres Boot zu konstruieren. Auch mit Handkurbelbetrieb, aber mit 12 Mann Besatzung. Diesmal sollte es ein richtiges Killer-U-Boot werden.
Man holte einen weiteren Finanzer mit an Bord, dessen Produkte auch durch Muskelkraft – diesmal aber amerikanischer Hausfrauen – angetrieben wurden. E.C. Singer – genau, der Nähmaschinen-Mensch.
In einem ersten Einsatztest konnte die von Singer benannte ‚CSS H.L. Hunley‘ ihre Tödlichkeit unter Beweis stellen. Bei einer Demonstration am 31. Juli 1863 konnte sie erfolgreich einen alten Lastkahn versenken, wurde dann aber im Kielwasser eines passierenden Schiffes mit offenen Luken auf die Seite gedreht. Fünf Mann starben beim gescheiterten Versuch, aus dem sinkenden Schiff zu entkommen. Die Hunley wurde gehoben und für einsatzfähig erklärt und nach Charleston verschifft. Der erste Einsatz sah eine Crew aus acht U-Boot-Veteranen vor – Männer, die die vorherigen Tests überlebt haben, und Hunley selbst konnte es sich nicht nehmen lassen, das Kommando zu übernehmen, um den Yankees eins auszuwischen. Und die tödliche Waffe zeigte, was sie kann. Sie sank und alle an Bord ertranken – auch Hunley.
Aber aller guten Dinge sind bekanntlich drei und man hob das Schiff erneut (kommt daher der Spruch: „The South will rise again“?) – entfernte die aufgedunsenen, teils verwesenden Leichen der alten Crew, und nun war es an der Zeit, die USS Housatonic anzugreifen. Der Schwarzpulvertorpedo detonierte und die Housatonic sank – im seichten Wasser. Die Seeleute retteten sich in die Takelage, und es gab keine Verluste bei der Union.
Die Hunley aber war wohl zu nahe an der Explosion und sank – mit der ganzen Crew. Keiner überlebte. Wieder mal.
Damit bewies die Hunley, dass sie eine echte Killermaschine war. Nur traf sie halt immer die ‚Falschen‘.
Der Autor Bernhard Richter ist verantwortlicher Redakteur für die keNEXT. Er beschreibt sich selbst als besserwisserischer olivgrün angehauchten Nerd-Metaller mit einem Hang zu allem Technischen, Faszinierendem, Absurden. Das ganze gepaart mit einem deftigen Schuss schwarzem Humor. Der studierte Magister Anglistik, Geschichte und Ethnologie hat mittlerweile schon einige Jahre (Fach-) Journalismus auf dem Buckel, kennt aber auch – dank Ausflug in die PR – die dunkle Seite der Macht.
Privat findet man ihn oft in Feld und Flur – aber auch auf dem Motorrad, in der heimischen Werkstatt Wolfsburger Altmetall restaurieren oder ganz banal (mit Katze auf dem Schoß) vorm Rechner, zocken.