Was ist an der Konstruktion für den 3D-Druck anders als eine Konstruktion für eine „klassische“ Fertigung?
In der modernen oder in der 3D-Druck-Konstruktion kann der Konstrukteur völlig frei denken und wird nicht mehr durch die althergebrachten Produktionsschritte eingeschränkt. Er kann Formen frei wählen. Bei der klassischen Konstruktion muss er überlegen, wie er die Komponente produziert. Wenn ich als Konstrukteur eine Funktion am Produkt festlege, sei es ein Stück Kunststoff oder ein Stück Metall von einem Motor, dann muss ich als Konstrukteur am Anfang schon überlegen, wie und in welcher Auflage wird das Produkt produziert, damit ich auch eine wirtschaftliche Rechtfertigung für meine Konstruktion habe. Die Form kann nicht komplett, aber nahezu beliebig aussehen und das in verschiedenen Verfahren wie zum Beispiel im Pulverbett-basierten oder im Kunststoff-Extrusionsverfahren.
Diese Denkweise ist völlig anders als das klassische Regelwerk, was die Konstrukteure bis heute an den Hochschulen lernen. Dieses Regelwerk ist veraltet, weil ich mit dem 3D-Druck jetzt ganz andere Möglichkeiten habe. Ich kann Komponenten vereinen. Das heißt, ich könnte zum Beispiel eine Pumpe mit Lager drucken, weil ich Materialien mischen kann. Ich kann zum Beispiel Stahl mit Kupfer mischen. Das heißt auch, ich kann eine komplette Endbearbeitung auf einer Maschine machen und zum Beispiel erst Metall auftragen und dann wieder abfräsen. Die herkömmlichen Denkweisen von Konstrukteuren werden völlig über den Haufen geworfen und neu gegliedert, auch im Hinblick auf Werkstoffeigenschaften.
Der 3D-Druck bietet zwar viele Freiheiten, aber in vielen Bereichen oder auch in vielen Unternehmen ist der 3D-Druck bisher kein Standard.
Das stimmt. Schaut man sich aber das Wachstum an, dann soll in den nächsten fünf Jahren der Umsatz in diesem Bereich ungefähr bei 600 Prozent liegen. Der 3D-Druck kommt langsam auf die Unternehmen zu. Heute ist diese Technik noch eine Nische und wird vor allem im Prototypenbau eingesetzt. Das wird sich aber in den nächsten fünf Jahren radikal ändern, weil die Masse der 3D-Drucker enorm zunimmt und auch die Technik soweit günstiger wird, sodass der 3D-Druck auch konkurrenzfähig sein wird. Dann muss man das Thema bei der Konstruktion beachten, weil ich sonst eventuell die Performance meines Produkts nicht mehr steigern kann.
Da gebe ich Ihnen Recht, aber viele ältere Konstrukteure sind in ihrer Denkweise festgefahren. Wie können Unternehmen Konstrukteure für eine neue Konstruktionsart wie den 3D-Druck begeistern?
Gerade der Altersquerschnitt im Bereich Konstruktion ist meist zwischen 40 und 50 Jahre. Und das ist ein Altersschnitt bei dem man schauen muss, ob eine Neuorientierung überhaupt möglich ist. Aber es gibt auch einige Konstrukteure, egal welchen Alters, die immer auf der Suche nach etwas Neuem und Besserem sind. Davon lebt ja auch das deutsche Ingenieurstum. Wir sind deshalb an der Weltspitze, weil wir als Konstrukteure Komponenten ständig verbessern wollen.
Und das Besser-Machen wird in verschiedenen Bereichen ohne den 3D-Druck nicht mehr möglich sein. Auf der Messe formnext hatte ich tolle Gespräche mit Konstrukteuren, die ein Bauteil mitgebracht haben und wissen wollten, ob sowas gedruckt werden kann. Zum Beispiel der Entwicklungsleiter eines führenden Werkzeugmaschinenherstellers, ein alteingesessener NX -Anwender, war auch interessiert. Wenn sie nur ein Teil zu 20 Prozent leichter machen könnten, dann hätten sie dort wieder einen Vorteil gegenüber den Wettbewerbern. Es ist aber schon eine Herausforderung, weil man komplett neu denken muss. Es reicht nicht aus, einfach nur in 3D zu drucken. Der Konstrukteur bestimmt das Fertigungsverfahren.