In technischen Berufen sind Frauen in Deutschland nach wie vordeutlich unterrepräsentiert. Nach neuesten Zahlen von Eurostat lag ihr Anteil in Berufen der Wissenschaft und Technik 2022 gerade mal bei 34 %. In der EU liegt der durchschnittliche Anteil immerhin bei 41 %. Spitzenreiter sind Dänemark und Litauen mit jeweils 52 %.
Noch schlechter sieht es beim Thema Frauen in Führungspositionen aus. Die Frauenquote in Führungspositionen liegt in Deutschland derzeit bei 24,1 Prozent. Dies zeigt eine Auswertung des Informationsdienstleisters CRIF von knapp 1,9 Millionen Führungspositionen. Besonders niedrig liegt die Quote demnach mit 9,9 % im Maschinenbau.
Was Frauen im Engineering leisten können, sollen folgende fünf Beispiele zeigen:
Elena García Armada
Elena García Armada ist eine führende Professorin für Ingenieurwissenschaften in Spanien, ihre Forschungsarbeiten zur Robotik wurden in über 2600 Veröffentlichungen zitiert. Geboren 1971 in Valladolid wuchs sie in einem wissenschaftlichen Umfeld auf: Ihre Mutter ist Doktorin der Physik, ihr Vater war Professor für Elektromagnetismus. Sie selbst promovierte 2002 in Robotik an der Polytechnischen Universität Madrid. Sie forschte zunächst am Leg Lab des Massachusetts Institute of Technology und arbeitet heute am Zentrum für Automatisierung und Robotik (CAR) des Obersten Rats für Wissenschaftliche Forschung (CSIC) in Spanien. 2009 begann sie nach der Begegnung mit Daniela, einem jungen Mädchen, das nach einem Verkehrsunfall gelähmt war, mit der Entwicklung des pädiatrischen Exoskeletts speziell für Kinder mit Lähmungen. Nachdem die Aufnahmen von Daniela beim Gehen im Internet viral gegangen waren, wurde García mit Anfragen von Familien aus aller Welt geradezu überhäuft. Sie gründete Marsi Bionics und startete mit der industriellen Herstellung des Exoskeletts.
Clara Saraceno
Laser sind für die Materialverarbeitung unerlässlich. Mit ihnen kann man schneiden, schweißen oder Material abtragen. Mit einer speziellen Art von Lasern, den Femtosekunden-Lasern, lassen sich hochpräzise Mikrostrukturen erzeugen, wie sie beispielsweise für Smartphone-Displays oder Automobiltechnik benötigt werden. Eine günstigere und effizientere Lasertechnik will Prof. Dr. Clara Saraceno von der Ruhr-Universität Bochum in die Anwendung bringen. Mit einem ERC Starting Grant und einem Proof of Concept Grant vom Europäischen Forschungsrat (ERC) entwickelt Clara Saraceno derzeit Femtosekundenlaser, die mit Wellenlängen von 2,1 Mikrometer und einer Wiederholungsrate im Gigahertz-Bereich arbeiten. Sie benötigen weniger Energie und sind potenziell zuverlässiger als die bislang in der Industrie eingesetzten Systeme. Außerdem versprechen sie geringere Kosten und kürzere Produktionszeiten.
Bleiben Sie informiert
Diese Themen interessieren Sie? Mit unserem Newsletter sind Sie immer auf dem Laufenden. Gleich anmelden!
Kristina Wagner
Beim größten deutschen Roboterhersteller Kuka war sie als Senior Vice President maßgebend bei der Entwicklung des iiQKA-Ökosystems. Jetzt will sie noch höher hinaus: Beim Bremer Raumfahrtkonzern OHB ist Kristina Wagner seit Jahresbeginn als Chief Technology Officer tätig. Wagner stammt aus der Slowakei, kam mit sechs Jahren nach Deutschland und wuchs in der Nähe von Düsseldorf auf. An der RWTH Aachen promoviert sie am Institut für Zahlentheorie und am Institut für Regelungstechnik. Nach einem Forschungsaufenthalt an der University of Melbourne startete sie 2010 ihre Karriere in der Technologie- und Prozessberatung bei der Siemens AG in München.
Anna Maria Coclite
Die aus Bari in Italien stammende Materialwissenschaftlerin Anna Maria Coclite hat als Post-Doc am Massachusetts Institute of Technology im Bereich der CVD-Methode (Chemical Vapor Deposition) gearbeitet, einem Fertigungsverfahren im Nanometer-Bereich. Seit 2013 forscht sie an der TU Graz. Mit der von ihr entwickelten multisensorischen Smartskin bekommen Roboter eine künstliche Haut, die Druck, Temperatur und Feuchtigkeit "spüren" kann. Mit 2.000 einzelnen Sensoren pro Quadratmillimeter ist das Hybridmaterial feinfühliger als menschliche Fingerspitzen. Jeder dieser Sensoren besteht aus einem intelligenten Polymer in Form eines sogenannte "Hydrogels" im Inneren und aus einer Schale aus piezoelektrischem Zinkoxid. Coclite erklärt: „Das Hydrogel kann Wasser absorbieren und dehnt sich dadurch bei Feuchtigkeits- und Temperaturänderungen aus. Dabei übt es einen Druck auf das piezoelektrische Zinkoxid aus, das auf diese und auf alle anderen mechanischen Belastungen mit einem elektrischen Signal reagiert.“ Das Ergebnis ist ein hauchdünnes Material, das mit extrem hoher räumlicher Auflösung simultan auf Krafteinwirkung, Feuchtigkeit und Temperatur reagiert.
Berna Özkale Edelmann
Sie sind rund, halb so dick wie ein Haar, enthalten Goldstäbchen und fluoreszierenden Farbstoff, sind umgeben von einem Biomaterial, das aus Algen gewonnen wird und können sich – angetrieben von Laserlicht – zwischen Zellen bewegen: Die winzigen Roboter sind eine Erfindung von Prof. Berna Özkale Edelmann von der TU München. Genauer gesagt hat die Bioingenieurin und Leiterin des Microrobotic Bioengineering Labs mit ihrem Forschendenteam eine technologische Plattform entwickelt, mit der beliebig viele dieser Vehikel hergestellt werden können. Eingesetzt werden sie aktuell außerhalb des menschlichen Körpers, in vitro. „Wir haben zum ersten Mal weltweit ein System entwickelt, mit dem sich nicht nur Mikroroboter durch Zellverbände navigieren lassen, sondern Zellen auch gezielt, über Veränderungen der Temperatur, stimulieren lassen“, sagt sie. Özkale Edelmann erhielt ihren Bachelor-Abschluss in Chemical Engineering an der Technischen Universität Istanbul (2009) und ihren Master in Biomedical Engineering an der ETH Zürich (2011). Sie promovierte in Maschinenbau an der ETH Zürich im Multi Scale Robotics Lab (2016). Im Jahr 2017 wechselte sie als Postdoc an das Mooney Lab der Harvard University. Seit 2021 ist Özkale Edelmann an der TUM.
Der Autor: Peter Koller
Gelernter Politik-Journalist, heute News-Junkie, Robotik-Afficionado und Nerd-Versteher. Chefredakteur des Automatisierungsmagazins IEE. Peter Koller liebt den Technik-Journalismus, weil es das einzige Themengebiet ist, wo wirklich ständig neue Dinge passieren. Treibstoff: Milchschaum mit Koffein.