Smartphone mit niedrigem Akkuladestand wird geladen,

Dass Mitarbeiter in Zukunft arbeitsunfähig sind, weil das Smartphone nicht mehr kann, könnte in Zukunft häufiger vorkommen. (Bild: Pixabay)

Auf den Messen laufen die Smartphones heiß. Hier zeigt die deutsche Industrie, was in ihr steckt. Damit die Welt davon erfährt, sind hier die Smartphones im Dauereinsatz. Ein Video mit einem neuen Cobot, wird eben mit der integrierten Kamera gedreht. Ein Telefonat, um einen kurzfristigen Termin zu bestätigen. Eine Fotogalerie zu 3D-Druck und additiver Fertigung, die integrierte Kamera kommt zum Einsatz. Kurz mal die Mails checken. Eine Audioaufnahme für ein Statement zur Industrie 4.0, das Smartphone wird gezückt. Dann noch schnell twittern, posten, liken und den nächsten Termin im Kalender checken. Das Ergebnis: Der Akku steht nach einem guten Messevormittag auf fünf Prozent Restladung. Also ab an die Steckdose, weil der Akku nicht hält. Time-Out für das Smartphone.

Zugegeben, das klingt nach humoristischer Zuspitzung, hat jedoch enorme Auswirkungen auf die Arbeit in der Industrie. Denn in Zeiten von Vernetzung, Bring-your-own-Device und Predictive Maintenance soll das Smartphone zu einem zentralen Werkzeug im Arbeitsalltag von Ingenieuren werden. Das ist gut, solange die Technik funktioniert, schade jedoch, wenn zu kleine Speicherkapazitäten den Experten handlungsunfähig machen.

Und nicht nur im kleinen Maßstab von Smartphones wäre eine Verbesserung in der Speichertechnologie dringend notwendig. Auch für industrielle Anwendungen und die Herausforderungen, die Windkraft und Solarstrom an die Netze stellen, suchen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft händeringend nach besseren Speicherlösungen.

Universal-Retter Lithium-Ionen-Akku

Sicher hat ein Smartphone oder ein smarter Device dabei andere Ansprüche an die verbaute Speichertechnologie, als es beispielsweise der Heimspeicher für die private Photovoltaikanlage der Fall ist. Buchstäblich eine andere Dimension nimmt die Problematik auch dann an, wenn es um Speicher für den Ausgleich von Lastschwankungen in der überregionalen Stromversorgung oder der Entwicklung von elektrischen Fahrzeugflotten geht. Bei allem Hype um die Stromgewinnung aus Erneuerbaren Energien und dem Wunsch nach einer Verkehrswende geht fast unter, dass es in der neuen, schönen Energiewelt derzeit an den passenden Speichern für die unterschiedlichen Anforderungen geht.

Der Treppenwitz der Geschichte ist dabei, dass häufig der Eindruck entsteht als gäbe es für diese unterschiedlichen Anwendungen ein Patentrezept und das lautet Lithium-Ionen-Batterie. Denn im smarten Device auf dem Schreibtisch ist eine solche Batterie verbaut. Ebenso, wie in den Autos von Tesla, BMW, Nissan oder Toyota. Doch während das eine Gerät eine sichere Stromversorgung für diverse Applikationen braucht, wollen die Fahrer ihre neuen, umweltfreundlichen Schlitten innerhalb in kürzester Zeit an Ladestationen auftanken. Das sind zugleich die Batterien, die nach der Nutzung für den Straßenverkehr, in Lagerhallen zusammengesteckt werden. Die dadurch entstehenden Megawattspeicher bewerben Unternehmen als nachhaltige Lösung und Antwort für die Nachfrage nach Batteriespeichern.

Für die Lithium-Ionen-Technologie spricht, dass die Technik relativ ausgereift ist. Auch die Prozesse und die Infrastruktur für die Herstellung von der Akkumulatoren wird seit langem und wirtschaftlich genutzt. Beim Vorreiter für Elektrofahrzeuge Tesla baut man deshalb auch werbewirksam sogenannte Gigafactories, Fabriken für Lithium-Ionen-Batterien für die Elektrofahrzeuge und Heimspeicher.

Wissenschaftler suchen Alternativen

Zugleich lohnt sich der Vergleich der verschiedenen Batteriearten, wie ein Forschungsprojekt der Rhein-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen zeigt. Dabei werden unterschiedliche Lithium-Ionen-Batterientypen und Bleibatterien im Realbetrieb in einem Großspeicher beobachtet, um daraus Erkenntnisse für weitere Großbatteriespeicherprojekte zu gewinnen. Gerade mit Blick auf die unterschiedlichen Lade- und Entladezeiten der Batterien erhoffen sich die Forscher dort auch Erkenntnisse über die Lebensdauer der Batterien.

Um die Strommengen für industrielle Betriebe mit Batterien zu unterstützen bieten sich großdimensionierten Lösungen an. Deshalb ist auch das Projekt des Energieversorgers EWE in Norddeutschland interessant. Das Unternehmen will in den nächsten Jahren "die größte Batterie der Welt" errichten. Basierend auf der Redox-Flow-Technik soll dort in unterirdischen Höhlen so viel Energie gespeichert werden, um eine mittelgroße europäische Stadt wie Oldenburg  einen Tag mit Strom versorgen zu können.

Ebenfalls für stationäre Großspeicher und die Zwischenspeicherung und Stabilisierung des Stromnetzes entwickelten Forscher des Batterieforschungszentrum der Universität in Münster ein neues, elektrochemisches Energiespeichersystem, die sogenannte Dual-Ionen-Batterietechnologie. Die Forscher verfolgten dabei den Ansatz eine leistungsfähige und kommerziell nutzbare Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien aufzuzeigen. Dadurch, dass die Forscher bei der Produktion der Dual-Ionen-Batterie keine Aktivmaterialien wie Kobalt, Nickel und Mangan verwenden und damit zusammenhängende, aufwendige Prozessdesigns wegfallen, soll dieser Batterientyp in der Produktion günstiger werden.

Auch bei den mobilen Anwendungen und smarten Geräten sitzen Forscher an der Weiterentwicklung der Akkus. Die Universität von Texas teilte Anfang 2017 mit, einen neuen Energiespeicher entwickelt zu haben. Beim sogenannten Solid-State-Akku handelt es sich um einen Batterietyp, der dank festen Elektrolyt aus Glas Lithium-Ionen-Batterien eine höhere Leistungsdichte und eine längere Lebenszeit erreicht. Damit hätte der Akku eine dreimal höhere Leistungsdichte als handelsübliche Lithium-Ionen Akkus. Für Schlagzeilen sorgte die Meldung auch deshalb, weil der 94-jährige John Goodenough an dem Projekt beteiligt ist. Goodenough hatte damals auch die Lithium-Ionen-Technologie mitentwickelt. In nur einer Minute soll der Solid-State-Akku, bei dem Anode und Kathode durch einen Elektrolyt aus Glas verbunden sind, aufgeladen werden können. Auch bei extremeren Temperaturen im Minusbereich, in der Mitteilung ist von -20 Grad Celsius die Rede, soll der Akku problemlos voll funktionstüchtig bleiben, selbst bis -60 Grad Celsius arbeitet die Batterie angeblich noch.

"Durchbrüche" in der Batterie- und Akkutechnologie wurden schon häufiger verkündet. Doch umgesetzt wurden diese bisher noch nicht. Auch im Fall des Solid-State-Akkus ist bisher nicht bekannt, ob es interessierte Unternehmen gibt, die damit die Vormachtstellung der Lithium-Ionen-Batterien angreifen wollen. Sicher ist deshalb, dass diese auch für die nächsten Smartphone-Generationen vorerst das Mittel der Wahl bleiben werden. Erstmal bleibt also alles beim Alten und die Suche nach der nächsten Steckdose gehört weiter zum Messebesuch.

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