China ist Robotik-Weltmacht

• Laut dem Jahresbericht "World Robotics 2023" der International Federation of Robotics (IFR) ist die Industrierobotik im zweiten Jahr in Folge um mehr als eine halbe Million neu installierter Systeme gewachsen. Mit 553.000 Einheiten wurde ein Zuwachs von 5 % gegenüber dem Vorjahr erreicht.
• Die weltweit installierte Basis an Industrierobotern wuchs um 12 % auf 3,9 Millionen Systeme. Das durchschnittliche jährliche Wachstum seit 2017 beträgt damit stolze 13 %.
• Größter Abnehmer von Industrierobotern war 2022 die Elektronikindustrie mit 157.000 neuen Systemen (+10 %) vor der Automobilindustrie mit 136.000 Robotern (+16 %) und dem Maschinenbau mit einem Rückgang um 3 % auf 66.000 neue Roboter.
• Dabei haben sich die Gewichte verschoben: War 2012 der Automobilbau mit 42 % noch die größte Anwenderbranche für Industrieroboter, dominiert 2022 die allgemeine industrielle Fertigung jenseits von Elektronik (28 %) und Automotive (25 %) mit 47 %.
• Kollaborierende Roboter (Cobots) wachsen deutlich stärker als ihre klassischen Kollegen und haben inzwischen einen Marktanteil von 10 %.

• Laut IFR wächst der Robotermarkt in China "dramatisch": Hatten die Neuinstallationen im Reich der Mitte 2012 noch einen Weltmarktanteil von 14 Prozent, werden es 2022 bereits 52 Prozent sein. Das heißt: Jeder zweite neue Industrieroboter wird in China in Betrieb genommen.
• Damit hat China seine jährlichen Neuinstallationen innerhalb eines Jahrzehnts verzwölffacht.
• Interessant: Größter prozentualer Wachstumstreiber der Neuinstallationen in China war die dortige Automobilindustrie mit einem Zuwachs von 26 % auf 73.000 neue Roboter. Größte Anwenderbranche in absoluten Zahlen bleibt jedoch die Elektronikfertigung, die um 7 5 auf 100.000 neue Systeme zulegen konnte.

Für Deutschland hat der IFR-Bericht gute und schlechte Nachrichten. Fangen wir mit den guten Nachrichten an: Die deutsche Wirtschaft hat einen neuen Höchststand beim Einsatz von Industrierobotern erreicht. Der operative Bestand stieg auf 259.636 Einheiten - plus 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Mit einem Anteil von 36 Prozent ist der operative Bestand an Industrierobotern in Deutschland der mit Abstand höchste in der Europäischen Union“, sagt Marina Bill, Präsidentin der IFR.

Ein weiterer Rekord: Die Produktion von Industrierobotern stieg in Deutschland um 20 % auf 35.616 Einheiten im Jahr 2022 - ein neuer Höchstwert. Das entspricht 6 % der weltweiten Installationen. Von 2017 bis 2022 wuchs die Produktion von Industrierobotern in Deutschland um durchschnittlich 6 % pro Jahr.

Weniger erfreulich: Mit 25.636 neu installierten Robotern wurde 2022 zwar das drittbeste Jahresergebnis erzielt. Die Verkaufszahlen liegen jedoch mit minus 1 % unter dem Vorjahresergebnis. Für Christopher Müller, Director Statistical Department der IFR, zumindest ein Zeichen für die Verunsicherung der Unternehmen, was Neuinvestitionen in Deutschland angeht.

Ein Lichtblick für die deutsche Wirtschaft: Der Bereich der Low-Cost-Robotik entwickelt sich gut: "Hier sehen wir ein starkes Wachstum. LCR ermöglicht kleineren Unternehmen ohne Robotik-Erfahrung einen günstigen Einstieg in das Thema", sagt Chefstatistiker Christopher Müller.

• Starke Zuwächse sieht die IFR im Bereich der professionellen Servicerobotik: Besonders deutlich wird dies im Hotel- und Gaststättengewerbe, wo die Zahl der eingesetzten Systeme im Jahr 2022 um satte 125 % auf 24.500 Systeme steigen wird. Es folgen Transport und Logistik mit einem Zuwachs von 44 % auf 86.000 Systeme und die Landwirtschaft mit einem Plus von 18 % auf 8.000 Roboter.
• Die meisten Hersteller von Servicerobotern sitzen in den USA (204 etablierte Unternehmen/13 Start-ups), gefolgt von China (99/7) und Deutschland (74/11).
• Großes Wachstumspotenzial sieht die IFR beispielsweise im Bereich der Gebäudereinigung. Dabei geht es vor allem um Cobots, die den Menschen bei Reinigungsarbeiten unterstützen und nicht ersetzen sollen. Sie erhalten zunehmend autonome Funktionen, etwa um ihren Wassertank selbstständig aufzufüllen.

• Nach Prognosen der IFR wird die Zahl der Neuinstallationen weiter steigen. Bis 2026 rechnet die Organisation mit einem jährlichen Wachstum von rund 7 %.
• Regional sind die Wachstumsraten jedoch sehr unterschiedlich: So gelten die genannten 7 % auch für den asiatischen Raum. Geringer fällt das Wachstum auf dem amerikanischen Kontinent (6 %) und in Europa (3 %) aus. Für Deutschland wird ein jährliches Wachstum von rund 4 % prognostiziert.
• Kurzfristig wird der Markt durch eine hohe Inflation, anhaltende (wenn auch nicht mehr so ausgeprägte) Lieferkettenprobleme und eine erwartete Abkühlung der Weltwirtschaft gebremst. Treiber sind dagegen der Arbeitskräftemangel, der Wunsch nach kurzen Lieferketten und mehr Kundennähe sowie die Automatisierungsbestrebungen vieler kleiner und mittlerer Unternehmen.
• Technologisch stehen Cloud Computing und 5G-Mobilfunknetze, maschinelles Sehen und künstliche Intelligenz auf der To-Do-Liste der Hersteller.