Eine Automatisierung mit Robotern kann die Prozesse in einem Unternehmen vereinfachen.

Roboter können unterschiedlichste Prozesse in einem Unternehmen vereinfachen. Wie Sie die richtige Anwendung für eine robotergestützte Automation finden, erklärt dieser Beitrag. - (Bild: Adobestock/metamorworks)

Der Gedanke, ihre Produktion mit Hilfe von Leichtbaurobotern zu automatisieren, beschäftigt Sie schon länger? Ihnen fehlt aber noch die zündende Idee, für welche Tätigkeit und an welcher Stelle sich robotergestützte Automatisierung am meisten lohnt. Wir helfen Ihnen dabei. Gemeinsam mit dem Robotik-Spezialisten Danny Denk haben wir eine Anleitung erstellt, wie man ein Projekt mit Leichtbaurobotern richtig angeht. Denk ist CEO des Unternehmens Ecosphere Automation, das Automatisierungsberatung, Roboter-Vermietung und Roboter-Systemintegration anbietet.

Schritt 1: Die richtige Anwendung für den Roboter finden

Als erstes muss geklärt werden, was der Leichtbau-Roboter überhaupt tun soll: Wo sich Roboter im Handwerk lohnen und wie Sie das erkennen. Sobald man einen händischen Prozess per Roboter automatisiert, stellt man den Menschen von dieser Aufgabe frei und er kann andere Tätigkeiten mit höherer Wertschöpfung übernehmen. Ein Roboter dient also dazu, Ihre Mitarbeiter zu entlasten.

Um eine passende Applikation zu finden, sollten Sie sich zu Beginn die folgenden Fragen stellen: Wo gibt es in meinem Betrieb per Hand ausgeführte repetitive Arbeiten, die sich ständig wiederholen? Klassische Bereiche sind zum Beispiel das Aufbringen von Kleberaupen auf Bauteile, das Setzen von Schweißnähten oder die Be- und Entladung von CNC-Maschinen.

Darüber hinaus unterstützen die folgenden vier Randparameter, die richtige Applikation zu finden:

  • Qualität,
  • Zeit,
  • Ergonomie und
  • Ihre Mitarbeiter.

In Sachen Qualität gilt es abzuwägen, ob ein Mensch oder der Roboter die gewünschte Produkt-Qualität zuverlässiger und kostengünstiger erzeugen kann. Die menschliche Hand ist zum Beispiel nicht dafür vorgesehen, eine exakte lineare Bewegung in der stets gleichen Bewegungsabfolge auszuführen, so wie das beim Aufbringen von Kleberaupen gefordert ist. Ein Roboter kann stattdessen genau dieselbe Bahn den ganzen Tag abfahren und gleichzeitig sicherstellen, dass der Druck in der Klebemittel-Dosieranlage in Ordnung ist und somit genau die richtige Menge Klebstoff aufgebracht wird. Eine nachgelagerte Qualitätsprüfung ist dadurch nicht notwendig. Bei einem manuellen Prozess können Qualitätsdefizite entstehen, die wiederum teure Rückläufer erzeugen. Ein händischer Prozess kann daher eine zusätzliche Qualitätsschleife benötigen.

Ein weiterer Randparameter ist die Zeit. Hier geht es darum, wie oft eine bestimmte Tätigkeit an einem Tag erledigt werden muss und wie lange diese Aufgabe jeweils dauert. Roboter lieben es zwar, stundenlang genau dieselbe Arbeit zu verrichten. (Welche Arbeiten Ihnen ein Roboter abnimmt, lesen Sie in diesem Beitrag.) Das ist aber nicht die Grundvoraussetzung für eine sinnvolle Roboter-Applikation. Ziehen Sie auch in Betracht, ob es Dinge gibt, die mehrmals am Tag für eine halbe Stunde oder Stunde erledigt werden müssen. Wenn man diese Prozesse zusammenfassen kann und zum Beispiel drei verschiedene Produkte gleichzeitig in die Roboterzelle einlegt, dann lohnt sich auch hier ein Roboter.

Auch das Thema Schichtarbeit kann eine Rolle spielen. Übernimmt zum Beispiel ein Roboter die Beladung von Maschinen in der Nachtschicht, entlastet das nicht nur den Mitarbeiter von dieser langweiligen Tätigkeit. Im Optimalfall spart es eine komplette Nachtschicht und somit eine Menge Geld.

Roboterarm und Arbeiterin arbeiten gemeinsam an einem Fließband
Wenn Mensch und Roboter gemeinsam arbeiten, dann ist es wichtig, auf die Ergonomie des Arbeitsplatzes besonders zu achen. (Bild: OnRobot)

Ein anderer Randparameter ist die Ergonomie. Überlegen Sie hier, welche Tätigkeiten in einer schmutzigen oder lauten Umgebung stattfinden, Rückenschmerzen verursachen oder unter widrigen Bedingungen auszuführen sind. Letzteres können chemischen Belastungen genauso sein wie Schweißrauch. Genau diese Aufgaben sind für einen Roboter prädestiniert.

Und vergessen Sie nicht den wichtigsten aller Randparameter: Ihre Mitarbeiter. Vor einem Leichtbauroboter haben Menschen in der Regel viel weniger Respekt als vor einem klassischen, großen Industrieroboter. Sie sehen ihn eher als Kollege. Umso schneller Sie nun Ihre Mitarbeiter von Leichtbaurobotik begeistern, umso besser.

Es zahlt sich meist aus, wenn Sie Ihr Team in das Robotik-Projekt einbinden. Fragen Sie einfach: „Wie könnt ihr am besten bei dieser Applikation von einem Roboter unterstützt werden?“ Und schon merkt Ihr Mitarbeiter, dass der Roboter ihn keinesfalls ersetzen, sondern seine Arbeit erleichtern soll. Vorbehalte dem Roboter gegenüber sind von Beginn an ausgeräumt und der Roboter wird zum Freund und nicht zum Feind.

Video: So implementieren Sie einen Cobot

Unser Kollege Wolfgang Kräußlich bietet mit 'Next Robotics' einen Youtube-Kanal für Robotik-Begeisterte. In diesem Video erklärt er, wie man in nur 4 Schritten einen kollaborierenden Roboter (Cobot) im eigenen Unternehmen implementiert.

Schritt 2: Gewünschte Roboter-Applikation analysieren

Sie haben eine Aufgabe in ihrem Unternehmen gefunden, die ab sofort Kollege Roboter übernehmen soll und möchten nun richtig loslegen. Zum Baumarkt fahren und einen Roboter plus passende Werkzeuge kaufen und zu Hause alles selbst installieren funktioniert hier leider nicht. Wir empfehlen, die gewünschte Applikation zunächst genauer unter die Lupe zu nehmen – am besten gemeinsam mit einem erfahrenen Systemintegrator. „Man kann so viel mehr herausholen aus einer Applikation, indem man den Prozess des Kunden analysiert“ berichtet Danny Denk aus seiner Erfahrung. „Und genau das machen wir als Integrator.“ Bei einer solchen Analyse werden folgende Punkte untersucht:

  • Autarkie-Zeit,
  • Produktmatrix,
  • Prozessschritte.

Die sogenannte Autarkie-Zeit sagt aus, wie lange das Robotik-System selbstständig und somit ohne menschliche Unterstützung läuft. Diese Frage muss unabhängig davon beantwortet werden, welche Art von Robotik-Anlage geplant wird. Egal ob ein kollaborierendes System, bei dem Mensch und Roboter Hand in Hand arbeiten, eine Lösung in Koexistenz, bei der der Mensch nur ab und zu den Arbeitsraum des Roboters betritt oder eine abgeschirmte Roboterzelle gewünscht wird, die Autarkie-Zeit ist in allen Fällen ein wichtiger Parameter.

Eine Produktmatrix beschreibt die unterschiedlichen Produktvarianten eines Herstellers. Es geht hier nicht nur um die Anzahl der Produkt-Varianten. Bei einem Robotik-Projekt muss auch geprüft werden, ob ein Produkt in stark voneinander abweichenden Gewichtsklassen produziert wird. Denn jeder Roboter ist auf eine bestimmte maximale Traglast (Diese 10 Begriffe aus der Robotik sollten Sie kennen) ausgelegt. Will man nun Produkte mit einem Kilogramm Gewicht und Produkte mit 20 Kilogramm Gewicht mit demselben Roboter verarbeiten, muss das gesamte System auf das größte oder schwerste Teil ausgelegt werden. In diesem Fall kann es wirtschaftlicher sein, nur 80 Prozent aller Produktvarianten mit der automatisierten Anlage zu produzieren und die selten vorkommende, schwere Produktvariante per Hand zu fertigen.

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Als nächstes zerlegt man die Applikation in ihre einzelnen Prozessschritte. Zu einer Roboteranwendung gehören in der Regel die Prozesse Zuführung, Roboterverarbeitung – das kann schweißen, kleben, greifen, bohren, fräsen und vieles mehr sein - und Abtransport. Wenn die Schweißzeit zum Beispiel 30 Sekunden beträgt und die Rüstzeit fünf Minuten, dann muss nicht der Schweißprozess automatisiert werden, sondern der Gesamtprozess.

Es müssen aber nicht grundsätzliche alle Schritte im Prozess automatisiert werden. Es gibt auch clevere Ideen, wie man Produkte per Hand zuführen kann, während das Robotersystem läuft. Dann arbeitet man zum Beispiel mit einem Pufferbehälter für das Material, den der Mitarbeiter zwischendurch befüllt.

Sind all diese Punkte untersucht, arbeitet Systemintegrator Ecosphere mit einer Vor-Ort-Demonstration. Beim Anwender wird dazu die gewünschte Roboter-Applikation innerhalb von ein paar Stunden mit einer temporären Schnittstelle zum Laufen gebracht und getestet. Denk bringt dazu einen Roboter und Greifer aus seinem Fundus mit, wenn das für den Demonstrations-Test ausreichend ist. Der Anwender zahlt dafür einen Tages-Satz. Entscheidet sich der Anwender, die Applikation anschließend von Ecosphere umsetzen zu lassen, wird das Geld für diese Beratungsleistung wieder gutgeschrieben.

„Bei einer solchen Demonstration habe ich recht schnell ein Bauchgefühl, ob sich die gewünschte Applikation realisieren lässt“, verrät Denk. Manchmal stelle man aber auch fest, dass eine Applikation nebendran viel besser für Robotik geeignet ist.

Danny Denk ist CEO des Robotik-Systemintegrators Ecosphere.
Danny Denk ist CEO des Robotik-Systemintegrators Ecosphere. Gemeinsam mit Kollege-Roboter-Projektleiterin Susanne Nördinger hat er eine Anleitung zur Schritt-für-Schritt-Implementierung von Leichtbaurobotern erstellt. - (Bild: Ecosphere)

Schritt 3: Applikation dokumentieren

Ist man sich einig, dass eine Applikation sinnvoll per Roboter automatisiert werden kann, geht es ans Lastenheft. Dort sind alle wichtigen Parameter der Roboter-Applikation dokumentiert wie zum Beispiel Taktzeit, Größe der zu bearbeitenden Teile, Produktmatrix, Autarkiezeit, Prozessschritte und vieles mehr. Eine Skizze der Roboter-Applikation und das Sicherheitskonzept gehören ebenfalls dazu.

Auch für kleinere mittelständische Endkunden und für einfache Applikationen ist es sinnvoll, ein solches Lastenheft zu erstellen. Denn das Ganze ist später Teil des Vertrags eines Roboter-Projekts und somit ist alles dokumentiert.

Unterschreiben Kunde und Integrator gemeinsam das fertiggestellte Lastenheft, hat man ein Pflichtenheft für das Projekt vorliegen und es ist dokumentiert, wer welchen Part übernimmt. Der Anwender weiß zum Beispiel, dass er sich um die Zuführung per Förderband kümmern muss und der Integrator weiß ebenfalls, welche Pflichten er zu erfüllen hat. So sind beide Seiten abgesichert und es gibt auch keine Verzögerungen im Projekt.

Was ist ein Leichtbauroboter?

Leichtbauroboter von Universal Robots in einer Zelle von Ecosphere
Leichtbauroboter können wie hier in einer Zelle verbaut werden oder auch ohne Schutzzaun. - (Bild: Ecosphere)

Leichtbauroboter sind eine besonders leichte Form von Industrierobotern. Sie unterstützen bei der Automatisierung von Produktionsprozessen und wiegen in der Regel weniger als 30 Kilogramm. Aufgrund ihres geringen Gewichts können sie vom Mensch getragen werden und lassen sich dadurch relativ flexibel an verschiedenen Arbeitsplätzen nutzen. Oftmals eignen sich Leichtbauroboter auch für die Mensch-Roboter-Kollaboration, also die Zusammenarbeit von Mensch und Roboter ohne Schutzzaun. Dann werden sie auch als Cobots (collaborative robots, auf Deutsch kollaborierender Roboter) bezeichnet. In diesem Beitrag haben wir die wichtigsten Cobots für Handwerker und den Mittelstand aufgelistet.

Schritt 4: Applikation umsetzen

Nach der Unterschrift des Lastenhefts übernimmt in der Regel der Integrator das Ruder. Sie als Anwender können sich somit zurücklehnen. Der Integrator sucht zunächst das richtige Robotermodell und das für die Applikation passende Roboterzubehör anhand der Parameter im Pflichtenheft aus, programmiert die Applikation, sodass sie später richtig läuft und kümmert sich außerdem um folgende Dinge:

  • Kosten-Nutzen-Rechnung,
  • Sicherheitskonzept,
  • Risikobeurteilung

Die Kosten-Nutzen-Rechnung der Applikation findet nicht nur in diesem Stadium statt. Vielmehr sollte man die Wirtschaftlichkeit von Anfang an auf dem Schirm haben und in allen Phasen des Projektes berücksichtigen. Es kommt dennoch häufig vor, dass Anwender sich eine komplizierte Applikation heraussuchen, die sich nicht besonders schnell rechnet.

Am Demo-Tag vor Ort stellt das Team von Ecosphere dann fest, dass es sich viel schneller rechnen würde, eine andere Applikation nebenan zu automatisieren. Die Kosten-Nutzen-Rechnung muss daher in allen vier Schritten mitgedacht werden, quasi vor der Demo, währenddessen und auch danach. Bis ins kleinste Detail berechnen lässt sich der ROI eines Roboter-Projekts jedoch nicht. Man muss immer ein wenig abschätzen und so einen brauchbaren Wert finden.

Bild zeigt Leichtbauroboterarm in einem Plexglasgehäuse beim Handling von Käselaiben
In vielen Fällen ist es ausreichend, Leichtbauroboter mit einer Plexiglasscheibe abzusichern. (Bild: Stäubli)

Keine Kompromisse lässt jedoch das Thema Sicherheit zu. Für die Sicherheit von Maschinen und die Sicherheit von Robotern gelten spezielle Regeln. Diese Regeln und Normen haben wir in diesem Beitrag zusammengefasst. Der Anwender muss sich dazu aber keine Gedanken machen. Diese Aufgabe übernimmt der Integrator. Wichtig ist, dass eine Anlage nicht nur sicher, sondern auch weiterhin bedienbar ist. Es gibt verschiedenen Techniken, um Leichtbauroboter abzusichern. Dazu gehören Bodenscanner oder auch 3D-Sensoren, die den Arbeitsraum des Roboters überwachen. Ein anderes Konzept ist die klassische Schutzscheibe oder der Schutzzaun.

„Unsere Erfahrung zeigt, dass eine Plexiglasscheibe um den Leichtbauroboter herum in vielen Fällen die beste und günstigste Lösung ist“, berichtet Denk. Denn ein Leichtbauroboter habe nicht genug Kraft, um eine solche Scheibe zu durchschlagen und somit zu durchbrechen. Kunden wünschen sich laut Ecosphere eine Roboter-Zelle, die bedienbar, bezahlbar und produktiv ist. „Ob mit oder ohne Schutzscheibe, das ist dem Kunden in der Regel egal“, erläutert Denk.

Die sogenannte Risikobeurteilung ist Teil des Sicherheitskonzepts und sollte nicht ohne fachkundigen Partner erledigt werden. Falls man die Robotik-Applikation alleine umsetzt, sprich die Hardware alleine aussucht, dann sollte man sich zumindest hier einen Berater holen, der die Safety überprüft und notwendige Hinweise gibt.

„Wenn ein Integrator eine Maschine baut, dann ist die Risikobeurteilung selbstverständlich unsere Pflicht“, sagt Denk. Erfüllt die Roboter-Applikation alle Vorschriften, vergibt der Integrator schließlich das CE-Kennzeichen für die Applikation. Und das ist ein wichtiger Punkt. Denn wer die CE übernimmt, haftet im Anschluss für die Maschine.

Eine besondere Angelegenheit sind dabei mobile Zellen. Das ist immer dann der Fall, wenn ein Leichtbauroboter abwechselnd an verschiedenen Arbeitsplätzen arbeiten soll. Von der Dokumentationsseite her ist das jedes Mal eine eigene Applikation und man sollte für jede einzelne Applikation eine eigene CE machen. Ist das der Fall, kann der Roboter beliebig zwischen den Stationen wechseln. Und gerade eine solche mobile Applikation ist für Mittelständler spannend. Denn speziell bei kleineren Unternehmen gibt es oft mehrere Stellen, wo Robotik sinnvoll wäre, eine einzelne Applikation lässt sich aber nicht wirtschaftlich automatisieren.

Die Grundlagen zum Thema Robotik

Mit dem Thema kollaborative und Low-Cost-Robotik kommen auf Mittelstand und Handwerksbetriebe ganz neue Fragestellungen zu. Im folgenden finden Sie die wichtigsten Grundlagen verständlich erklärt:

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