Rein mechanisch
Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch
Um die Sicherheit von Infrastruktur wie Brücken oder Kränen zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür braucht keinen Strom und ist fast temperaturunempfindlich.
Das große Ganze
Dehnungssensoren sind das Mittel der Wahl, um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftler:innen aus Bochum und Paderborn entwickelt. Anders als herkömmliche Systeme verbraucht sie keinen Strom und ist nahezu temperaturunempfindlich.
Um die Sensoren marktreif zu machen, bereiten Dr. Philip Schmitt, Dr. Lisa Schmitt und Henning Mays vom Lehrstuhl für Mikrosystemtechnik der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit Steffen Wittemeier, ehemals an der Universität Paderborn, die Gründung des Start-ups „mechIC“ vor, die für 2025 geplant ist.
Warum das wichtig ist
„Prognosen zufolge wird im Jahr 2040 mehr Strom für die Überwachung von Bauteilen benötigt werden, als weltweit hergestellt werden kann“, unterstreicht Lisa Schmitt die Bedeutung der neuen Sensoren. „Um die flächendeckende Überwachung sicherstellen zu können, braucht es eine Trendwende.“
Wie das funktioniert
Anders als herkömmliche Dehnungssensoren, die elektrisch funktionieren (siehe Kasten am Ende des Artikels), arbeitet das System von mechIC – kurz für mechanical Integrated Circuits – mechanisch. Herzstück der Sensoren ist ein Silizium-Chip, der Dehnungen im Nanometerbereich wahrnehmen kann. Dehnt sich das zu überwachende Bauteil aus, wird eine rastzahnbasierte Struktur im Chip gegen einen Rahmen verschoben. Je stärker die Dehnung, desto weiter unten im Rahmen rastet das bewegliche Element ein. „Auf diese Weise können wir die erfassten Dehnungsamplituden mechanisch speichern“, erklärt Philip Schmitt.
Mit dem mechIC-Sensor lassen sich Bauteile kontinuierlich in Echtzeit überwachen:
- Die Sensoren können entweder so konfiguriert werden, dass sie bei Überschreiten eines Schwellenwerts Alarm schlagen, oder sie können bei Bedarf ausgelesen werden.
- Zu diesem Zweck übersetzt ein mikromechanischer Analog-Digital-Wandler die mechanische Dehnung in ein elektrisches Signal.
- Die Energie für die Messung und Datenverarbeitung wird durch die Dehnung selbst bereitgestellt und muss nicht extern zugeführt werden. Das System braucht somit keine Batterie.
- Die Daten lassen sich im einfachsten Fall über eine Smartphone-App auslesen, die so konzipiert ist, dass Anwenderinnen und Anwender sie leicht an die eigenen Bedarfe anpassen können.
Die Funktionsweise des Sensors wird auch in folgendem Youtube-Video sehr anschaulich erklärt:
Reality Check
Die Sensoren sind etwa fünf mal fünf Millimeter groß und können für beliebige Anwendungen eingesetzt werden. Produziert werden sie mit etablierten Methoden aus der Halbleiterindustrie. Das Gründungsteam plant, 2026 in die Serienfertigung zu gehen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt sie dabei im Rahmen des EXIST-Forschungstransfer-Programms mit 1,37 Millionen Euro.