Herr Staub-Lang, der Tüv Süd propagiert auf seiner Webseite eine ganzheitliche Betrachtung der Maschinensicherheit. Was meint er damit konkret und welchen Stellenwert hat insbesondere die Normierung der Elektrotechnik im Maschinenbau?
Die ganzheitliche Betrachtung bezieht sich auf mehrere Aspekte. Zum einen wurden mit der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG die Vorgaben für die Sicherheit von Maschinen im Detail verschärft, was einen erhöhten Prüfaufwand für Hersteller hinsichtlich Konformitätsbewertungsverfahren bedeutet. Zum anderen sind die Anforderungen gemäß Stand der Technik auch beim Betrieb, beim Ein- und Verkauf von gebrauchten Maschinen sowie bei Modernisierung, Umbau oder Erweiterungen zu erfüllen. Ein wesentlicher Faktor der gestiegenen Anforderungen an Hersteller im Rahmen der Konformitätsbewertungsverfahren sind heutzutage die elektrotechnischen Normen. Insbesondere das Thema der sicheren Steuerungen von Maschinen hat mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Somit nimmt die funktionale Sicherheit von Maschinen mit ihren Normen einen erhöhten Stellenwert für den Maschinenbau ein. Wir bieten dem Kunden neben unserem klassischen Prüfgeschäft bereits Unterstützung in der Entwicklungsphase von Maschinen an und begleiten bei der Auslegung von Sicherheitsanforderungen bis hin zur Bewertung des fertigen Produkts.
Der TüV Süd bietet entsprechende Schulungen zum Thema für den Maschinenbau an. Wo sehen Sie den größten Klärungsbedarf, mit welchen zentralen Fragen kommen Maschinenbauer auf Sie zu und wie unterstützen Sie den Maschinenbau sonst noch?
Der Schulungsbedarf ist ganz unterschiedlich. Zum Teil existieren immer noch Maschinenbauer auf dem Markt, die von einer Maschinenrichtlinie, geschweige denn von harmonisierten Normen noch nichts gehört haben. Zum anderen spüren wir vermehrt den Bedarf bei den klassischen Bertreibern oder Endkunden also zum Beispiel produzierende Unternehmen die ihre Anlagen eigenständig umbauen oder eigene Anlagen konstruieren. In beiden Fällen schulen wir insbesondere die Basics zum Thema Maschinensicherheit und klären auf, welchen rechtlichen Anforderungen hier genüge getan werden muss. Desweiteren reagieren wir mit unseren kundenspezifischen Inhouse-Schulungen auf aktuelle Fragestellungen, die an uns herangetragen werden. Beispiele dafür sind Verkettung von Maschinen, Umsetzung der Funktionalen Sicherheit im Maschinenbau oder auch der Einsatz kollaborierender Roboter.
Welches sind denn hier die kritischsten Problemfelder?
Im Großen und Ganzen machen Maschinenbauer bei der Integration von Schutzmaßnahmen schon vieles richtig. Viele technische Lösungen aus der Historie haben sich in der Praxis bewährt. Probleme haben viele unserer Kunden dann, wenn es darum geht, die Sicherheit auch nachzuweisen. Stichwort: Rechtssicherheit: Wie dokumentiere ich was? Was gilt als sicher? Was entspricht dem Stand der Technik? Viele Maschinenbauer sind damit überfordert oder haben oft die Ressourcen dafür nicht. Hier können wir mit unseren langjährigen Erfahrungen helfen.
Und welches sind in diesem Zusammenhang die zentralen Normen, die Maschinenbauer am besten auswendig können sollten und was besagen diese?
Die DIN EN ISO 12100 – Sicherheit von Maschinen – Allgemeine Gestaltungsleitsätze sollte für jeden Konstrukteur eines Maschinenbauers Alltag sein. Die Norm legt allgemeine Grundsätze zur Risikobeurteilung und -minderung fest, um möglichst sichere Maschinen herzustellen. Daneben ist das Wissen technologiespezifischer Sicherheitsfachnormen zu empfehlen. Hierzu zählen unter anderem die DIN EN 60204-1 – Elektrische Ausrüstung von Maschinen, DIN EN 4413 – Hydraulische Ausrüstung von Maschinen, DIN EN 4414 – Pneumatische Ausrüstung von Maschinen, sowie die eben erwähnte funktionalen Sicherheit mit DIN EN ISO 13849-1 und -2 – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen.