Prime Cube AHM,
Mit dem weiterentwickelten Glastouch-Panel, Typ Prime Cube AHM, dringt die moderne Multitouch-Funktionalität aus dem Consumer-Bereich in die Bedienkonzeptionen von Maschinen und Anlagen vor. Das Geräte-Design bietet mit der in einer Aluminium-Zarge plan eingefassten Glasfront sowie den schmalen Display-Rahmen eine elegante, schlanke Gehäuseform. (Bild: Schubert)

Welche Trends sehen Sie bezüglich der Betriebssysteme am Markt? Windows oder Linux?

Wir bieten sowohl Windows als auch Linux an. Aber, wenn ich das mal ganz frei sagen kann, ein Betriebssystem soll man im industriellen Umfeld eigentlich gar nicht sehen. An der Oberfläche ist nur die Applikation zu sehen und man kommt ja eigentlich gar nicht mehr auf die Betriebssystem-Ebene runter. Realistisch gesehen, denke ich mal, liegt der Schwerpunkt dort, wo der Kunde letztendlich seine eigenen Entwicklungsressourcen hat. Hat er eine große Mannschaft, die aus der Microsoft-Entwicklungsebene kommt oder kommt sie eher aus der Linux-Welt? Dort, wo die Mannschaft des Kunden ihr Know-how hat, wird weiterentwickelt. Das liegt einfach in der Natur der Sache. Der Großteil im Bereich HMI ist sicherlich Windows-basierend. Ich denke mal, das liegt immer noch zwischen 70 und 80 Prozent. Auf der Steuerungsebene, bei Geräten, die irgendwo in Boxen oder im Schaltschrank stecken, dort sieht es ein Stück weit anders aus. Dort sehe ich einen sehr starken Trend zu Linux.

Und Android?

Tatsächlich gibt es hier Anfragen. Manche Kunden entdecken tolle Apps, die sie gerne integrieren würden, um auf der Anwenderschicht Ressourcen zu sparen. Wir evaluieren das auch. Aber wir wissen noch nicht, ob wir Android wirklich mit aufnehmen wollen.

Warum? Es ist ja auch nur eine Art Linux ...

Man muss sich ein zusätzliches Betriebssystem gut überlegen. Klar, wenn man von Linux kommt, ist die Ableitung zu Android als Linux-Derivat nicht die ganz große Herausforderung. Aber wenn Sie das dann kontinuierlich weiterentwickeln, verifizieren und supporten müssen, dann wird das sehr schnell aufwendig. Man muss Ressourcen aufbauen und vorhalten. Gerade die Betriebssystem­pflege ist ein Prozess, der hört nie wieder auf. Aber wie gesagt, wir prüfen es gerade.

Wie lange dauert es, bis Sie einen kundenspezifischen Prime Cube entwickeln und in welchen Stückzahlen liefern Sie?

Viele glauben, dass eine Abwandlung kundenspezifisch sehr schnell umzusetzen ist. Das mag vom Engineering her ein Stück weit so sein, schließlich haben wir ja unseren Technologiebaukasten. Aber in der Umsetzung mitsamt Analyse und Beratung hat man, bis man den ersten Prototypen sieht, schon noch eine ganze Ecke vor sich. Je nachdem, wie komplex die Anforderung ist, reden wir immer noch von einem halben bis einem Jahr, bis man dann ein Gerät im Serienstand hat. Zu den Stückzahlen: Im Normalfall bewegen wir uns irgendwo zwischen 100 bis 500 oder 1000 Stück. Das ist unser Kerngeschäft. Deutlich kleinere Stückzahlen ganz kundenspezifisch zu lösen, da scheuen viele den Invest und begnügen sich mit Standardlösungen.

Sie hatten vorher ein HMI-Framework erwähnt. Was hat es damit auf sich?

Wir haben hier im Bereich der Werkzeugmaschine begonnen, die Funktionalität zu verbessern. Die Original-CNC-Applikationen zum Beispiel von Siemens, Bosch Rexroth oder anderen sind ja alle noch auf 4:3-Auflösungen angepasst. Auf der anderen Seite hat sich das 16:9-Bildverhältnis im Consumerbereich sehr stark etabliert und findet auch in der Industrie verstärkt Einsatz. Wir haben es mit unserem Framework geschafft, die NC-Visualisierung so in die Nutzeroberfläche zu integrieren, dass zum einen die Original-Oberfläche des Steuerungsherstellers angezeigt wird, und außerdem erweiterte Funktionen im freien Raum des 16:9-Displays mit aufgenommen werden.

Die Bildschirmaufteilung lässt sich einfach anpassen, etwa für Links- oder Rechtshänder, oder ob man die NC, die Dokumentation oder eine Prozessdatenanalyse im großen Teil des Bildschirms haben möchte. Man kann auch Zusatzfunktionen integrieren, etwa eine Kamera zur Werkstückbeobachtung, Das sind schon Dinge, die bringen dem Anwender, dem Bediener einen Vorteil. Und das muss auch im Fokus stehen, dass das einen Vorteil hat.

Prime-Cube-PC für Werkzeugmaschinen,
Ein typischer Prime-Cube-PC für Werkzeugmaschinen. Die Geräte werden ausschließlich kundenspezifisch auf die jeweilige Applikation hin entwickelt. Eine Kombination aus klassischen Bedienelementen und Touch-Display bietet dabei ergonomische Vorteile. (Bild: Schubert)

Sie sprechen von Werkzeugmaschinen. Für welche Branchen haben Sie Ihr Produktportfolio zugeschnitten?

Wir haben verschiedene Branchen im Fokus. Ein Schwerpunkt liegt natürlich aufgrund unserer Muttergesellschaft bei Verpackungsmaschinen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Werkzeugmaschinenindustrie, da haben wir ja zudem unser Werkzeugüberwachungsportfolio BK Mikro. In diesen Industrien sind wir gut vernetzt und haben viel Erfahrung. Ein dritter wichtiger Bereich ist die Medizintechnik, von einfachen Bedieneinheiten bis hin zu sehr komplexen spezifischen Steuerungseinheiten. Aber generell sind wir mit unserer PC-Technik sehr flexibel und können im Grunde für so gut wie alle Industriebereiche Geräte entwickeln. Denn wir liefern in der Regel Hardware inklusive Betriebssystem, die Applikation kommt vom Kunden.

Roland Haag,
Roland Haag war vor seiner Zeit bei Schubert im Service bei einem Werkzeugmaschinenhersteller tätig. Bei Schubert System Elektronik, damals noch Leukhardt, war er zunächst Gruppenleiter Software, später Entwicklungsleiter für die Steuerungstechnik. Von dort wechselte er ins Produktmanagement und ist heute als Business-Unit-Leiter verantwortlich für den Produktbereich Prime Cube. (Bild: ke NEXT)

Abschließend: Welche Zukunftstrends sehen Sie im Bereich der Maschinenbedienung?

Wir gehen davon aus, dass die Display-Diagonalen noch eine ganze Zeit lang größer werden, um einfach noch mehr gleichzeitig darzustellen. Die Entwicklung hin zu Multi-Touch-Anwendungen, die wir in den letzten zweieinhalb bis drei Jahren gesehen haben, das wird sicherlich auch noch weitergehen und weiterentwickelt. Aber es wird dort sicherlich nicht stehenbleiben. Vielleicht wird in der ein oder anderen Umgebung eine Sprachsteuerung kommen, vielleicht auch reine Gesten, also berührungslose Gestenerkennung. Solche Methoden werden wahrscheinlich in Kombinatorik mit der klassischen Bedienung Einzug auch in der Industrie finden.

Sprachsteuerung in der Werkhalle?

Sehen Sie, Sprachsteuerung ist im Auto ja eigentlich schon State of the art. Man hat es dort geschafft, die Geräuschkulissen in diesen gleichbleibenden Frequenzen herauszufiltern, um die Sprachbefehle zum Telefonieren oder zur Navi-Eingabe sauber aufzunehmen. Da hat sich schon einiges getan in den letzten Jahren. Deshalb glauben wir auch, dass sich diese Technologie im entsprechenden Industrieumfeld verbreiten wird. Vielleicht zu Beginn nicht unbedingt in der klassischen Werkhalle mit hohem, unregelmäßigem Impulslärm. Dort könnte vielleicht eher die berührungslose Gestiksteuerung relevant werden.

Was wir zudem als mögliche zukünftige Entwicklung sehen, ist, dass manche Bedieneinheiten gar nicht mehr in Anlagen platziert sind – je nachdem wie komplex die Anlagen sind. Hierbei geht es vielleicht nicht gerade um die klassischen einzelnen Werkzeugmaschinen, sondern eher um Anlagen, die man morgens einschaltet und die dann im Zweischichtbetrieb vor sich hin takten. Solche Maschinen könnten vor Ort nur noch eine kleine Betriebszustandsanzeige haben. Ihre erweiterten Informationen würden sie dann künftig vielleicht nur auf einem Server zur Verfügung stellen. Die Daten schaut man sich dann mobil am Tablet oder im Büro am PC in der Fertigungsleitung an. Die Informationen könnten in der Cloud landen. Und auch daran arbeiten wir.

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