Wie aktuelle Antriebstechnik eine uralte Mühle fit für die Zukunft macht

Die Getreidemühle in Rohrdorf bei Calw hat sich auf die Verarbeitung qualitativ hochwertiger Rohstoffe mit nachhaltigen Verfahren spezialisiert. „Getreide aus unserer Region wird hier gemahlen und verarbeitet. Wir beliefern Bäcker, Gastronomen und Privatkunden weit über den Nordschwarzwald hinaus“, berichtet der Mühlenbetreiber Uwe Schill. Dabei setzt er auf Qualität und Nachhaltigkeit. Die Mühle wird fast ausschließlich mit Strom aus Wasserkraft und der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Betriebs betrieben. Motoren mit Leistungen bis zu 15 kW werden für den Betrieb der Mahlwerke benötigt.

Verarbeitet werden sämtliche Getreidearten – Weizen, Dinkel, Roggen, Emmer und Einkorn für die verschiedenen Mehlsorten. Die fertigen Gebinde werden im Hofladen zum Verkauf geboten oder dem Kunden geliefert. Die Nachfrage nach den Qualitätsprodukten der Schill-Mühle stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an. Sowohl Privatkunden als auch viele Gastronomen und Bäcker sehen in den Mahlerzeugnissen eine wertvolle Bereicherung und die Grundlage hochwertiger Backwaren und Lebensmittel.

Um der großen Nachfrage gerecht zu werden, wurde eine Überholung der Energieversorgung und Antriebs-elektronik der Mühle unumgänglich. Wichtig beim regionalen Bezug von Rohstoffen sind die persönlichen Netzwerke. „Partnerschaftliche und faire Zusammenarbeit mit allen Lieferanten hat einen hohen Stellenwert“, so Schill. So kam er auch bei der technischen Ertüchtigung der Mühle über Beziehungen zum optimalen Antrieb. Sein Nachbar, der Ingenieur Simon Brehmer, kennt sich als Entwicklungsleiter von Verpackungsmaschinen mit Technik von SEW-Eurodrive aus.

Von großer Bedeutung bei der Auswahl des Antriebssystems war der nachhaltige und effiziente Einsatz von Energie. Dafür wird die Mühle mit einem modernen  Energiemanagementsystem ausgestattet. In Zukunft wird Strom aus der Photovoltaikanlage auf dem Dach des Betriebs genutzt und generatorische Energie im System gespeichert und wiederverwendet (siehe Kasten). Außerdem werden präzise ausgelegte, energieeffiziente Getriebemotoren verbaut.

„Es ist erstaunlich, wieviel Technik in einer modernen Mühle steckt“, berichtet Marco Wolff, Vertriebsmitarbeiter im Bereich Maschinenautomatisierung bei SEW-
Eurodrive. Nachdem das Getreide auf dem Feld geerntet und über die Gosse – eine Art Grube oder Wanne – in das Getreidelager gebracht wurde, beginnt die Verarbeitung mit der sorgfältigen Reinigung des Getreides.

Bis zu 24 Tonnen täglich können seit der Modernisierung vom Lager kontinuierlich durch die Rohrleitungen unter dem Dach der Mühle über die Reinigungsanlage zu den Mahlstühlen transportiert werden. „Bisher waren maximal 6 Tonnen möglich“, so Schill. Mit den drehzahlgeregelten Getriebemotoren kann der Durchsatz in der Anlage sehr genau dosiert werden. Das ist wichtig für den Verarbeitungsprozess. Je nach Art und Güte des Korns wird hier feinjustiert.

Im Mahlstuhl können die Walzen mit ihren speziellen Riffelstellungen sehr dynamisch und mit hoher Überlast betrieben werden. Dafür sorgt der Umrichterverbund Movidrive modular. Die Achsmodule regeln und überwachen Synchron- und Asynchronmaschinen mit maximal 250 Prozent Überlast – genügend Reserve für den Prozess. Mit der Möglichkeit, die Walzengeschwindigkeit im Verbund oder für jede Rolle einzeln zu ändern, kann der Mahlprozess sehr genau an das Korn und das gewünschte Endprodukt angepasst werden.
Nichts wird dem Zufall überlassen, auf jeden Arbeitsgang kann man Einfluss nehmen. Nur so lässt sich gleichbleibende Qualität bei höchstmöglicher Effizienz und großer Produktvielfalt erreichen. Je nach Endprodukt, vom Weizenmehl Typ 405 oder 1050, dem Dinkelvollkornmehl, Stärkemehl bis hin zum feinem Mehl für die Bäckereien, lässt sich die Anlage schnell und flexibel anpassen.

Bei der Steuerungstechnik setzt Dipl.-Ing. (BA) Brehmer diesmal keine SEW-Technik ein, denn er hat jahrzehntelange Erfahrung mit einem anderen Hersteller. Doch mit der Variante CiA402 der SEW-Umrichter ist das kein Problem. Sie „sprechen“ über EtherCat und dem standardisierten Protokoll mit jeder Steuerung, die das Protokoll unterstützt. „Der Vorteil bei diesen Achsmodulen ist ja, dass der Kunde über die Komponenten im Antriebsstrang selbst entscheiden kann“, so Marco Wolff.

Ist das Getreide vermahlen, wird es in Mehlsilos eingelagert. Später bei der Auslagerung erfolgt nochmals eine Qualitätskontrolle. Schließlich landet das hochwertige Gut in verbrauchergerechten Verpackungen oder wird mit dem Mehllaster zum Großkunden gefahren. Auch für diesen Arbeitsschritt sind wieder elektrische Antriebe im Einsatz. Zum Einsatz kommen auch hier energieeffiziente Drehstrommotoren aus Bruchsal. Weil das Gemisch aus Mehlstaub und Luft explosionsfähig ist, mussten Maßnahmen zum Staubexplosionsschutz getroffen werden. Daher wird für die Motoren auch die explosionssichere ATEX-Ausführung EDRN eingesetzt. Mit 28 Baugrößen, die einen Leistungsbereich von 0,12 kW bis 200 kW abdecken, konnten hier genau die passenden Antriebe projektiert werden.

Doch nicht nur die ausgereifte Technik war ausschlaggebend bei der Entscheidung für SEW-Eurodrive. Auch der Service und die Unterstützung bei Auslegung und Inbetriebnahme spielten eine wichtige Rolle. Um bei der großen Produktvielfalt und den zahlreichen Konfigurationsmöglichkeiten den optimalen Antriebsstrang für die Applikation auszuwählen, braucht es Erfahrung. Denn das Baukastensystem von SEW-Eurodrive ermöglicht eine Vielzahl von Kombinationen.

„Bei dieser Anlage konnten wir alle konstruktiven Vorteile hinsichtlich Platzbedarf, Kraft, Dynamik und Zuverlässigkeit unserer Getriebemotoren ausreizen“, so Bertwin Ley, verantwortlich für die technische Endkundenbetreuung vor Ort. „Unsere Komponenten sind auf Zuverlässigkeit und Langlebigkeit ausgelegt. Bei Betrieben, die Lebensmittel herstellen, ist das maßgebend. Ein Ausfall kann schwerwiegende Konsequenzen haben“. Die Inbetriebnahme verlief problemlos: „Die Umrichter sind im Handumdrehen eingestellt“, so Ley.

Mit dieser Modernisierung ist die Mühle, die nun schon seit 15 Generationen besteht, für die Zukunft gerüstet. Seit ihrer ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1309 hat der Betrieb schon viele Änderungen erfahren, aber der Durchsatz und die Produktvielfalt waren noch nie so groß wie heute. Mühlenbetreiber Uwe Schill freut sich über die Aussicht, sichere Ausbildungs- und Arbeitsplätze für seine Mitarbeiter bieten zu können. Und das sowohl in der Produktion, im Büro als auch im Hofladen, wo den Kunden die ganze Palette aus Weizen, Roggen und Dinkel angeboten wird – Typenmehle, Vollkornmehl und Schrot, Speisegetreide, Griess und Dunst, Spätzlemehl und köstliche Brotmischungen aus eigenen Produktion.

Die Komponenten von SEW-Eurodrive sind für den zuverlässigen Einsatz in Industrieanlagen konstruiert. Vom robusten Getriebe, dem effizienten, explosionssicheren Motor bis zum Schnittstellen offenen Umrichtersystem mitsamt dem passenden Zubehör, bietet der Antriebstechnikspezialist sämtliche Komponenten für den Antriebsstrang. Darüber hinaus punkten die Bruchsaler mit einem hervorragenden Service über den gesamten Lebenszyklus der Produkte.