"Dank Covid ist inzwischen ist auch der konservativste Fabrik-Manager zu der Erkenntnis gekommen, dass an einer fortschrittlichen Industrieautomatisierung kein Weg vorbei führt." Das sagt Maya Xiao, Analystin für Robotik und Automatisierung bei dem britischen Marktforschungsunternehmen Interact Analysis. Sie rechnet damit, dass der Rekordzuwachs bei Industrierobotik im vergangenen Jahr der Auftakt zu einer längeren Phase mit starkem Marktwachstum sein wird.
Wie lief das vergangene Jahr für die Robotik?
Interact Analysis hat für 2021 einen neuen Rekord bei der Auslieferung von Industrierobotern registriert. Diese seien um 31.9 % im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als 400.000 Systeme gestiegen. Die International Federation of Robotics geht in ihren jüngsten Zahlen sogar von einem neuen Rekord von 486.000 im vergangenen Jahr ausgelieferten Industrierobotern aus - ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, den die IFR mit 27 % beziffert.
Wie kam es zu den Rekordzahlen für 2021?
Wie sich schon aus der Aussage von Analystin Maya Xiao herauslesen lässt, hat die Covid-Pandemie damit Einiges zu tun - und das in mehrfacher Hinsicht: Durch Lockdowns, Erkrankungen und Todesfälle fehlten in großem Umfang Arbeitskräfte. Viele Unternehmen haben darauf mit einer weitgehenden Automatisierung reagiert.
Zugleich stieg durch den massiven Trend zum Homeoffice während der Pandemie der Bedarf an elektronischen Systemen stark an. Nicht umsonst war in den Jahren 2020 und 2021 die Elektronikindustrie die Branche mit den meisten neu eingeführten Robotersystemen (siehe Grafik links).
Wie wird es 2022 für die Robotik laufen?
Die Branche steckt in einem Spannungsfeld: Auf der einen Seite ist die Nachfrage nach Automatisierungslösungen und Industrie-Robotik weiterhin sehr hoch. Der VDMA etwa berichtete auf der Automatica 2022 von eine Auftragsboom: In den ersten vier Monaten 2022 stiegen die Auftragseingänge um 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Zugleich musste der Verband die Wachstumsprognose für den Bereich Robotik + Automation von 10 auf 6 % reduzieren (2021: 13 %). Der Grund: Engpässe bei den Lieferketten durch Covid und den Krieg Russlands gegen die Ukraine sowie ein sich verschärfender Mangel an Fachkräften.
Wie entwickeln sich die Preise für Roboter?
Die Kombination aus großer Nachfrage und Lieferproblemen wirkt sich auch auf die Preissituation bei der Robotik aus: Laut Interact Analysis wurde der anhaltende Rückgang der Preise für Roboter durch die Lieferkettenprobleme gestoppt. 2021 sei es zu einem "dramatischen" Preisanstieg gekommen, der sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch durch das ganze Jahr 2022 ziehen werde. Analystin Maya Xiao hält diesen Effekt aber für vorübergehend: "Die Preisanstiege werden bald wieder abgelöst durch moderate Preisrückgänge von 2 bis 3 % pro Jahr über die nächsten fünf Jahre".
Wie geht die wirtschaftliche Entwicklung der Robotik weiter?
Interact Analysis erwartet bis 2026 ein jährliches Wachstum des globalen Robotik-Marktes von rund 10 %. Die Covid-Pandemie und daraus resultierende Faktoren wie Arbeitskräftemangel und steigende Lohnkosten hätten der Roboter-Automatisierung regelrecht "einen Turbolader" verpasst. Es sei mittlerweile weithin anerkannt, dass Automatisierung Unternehmen fit machen könne für die Zukunft und durch steigende Produktivität auch für höhere Profitabilität sorge. Dazu beitragen werde auch der Trend weg von einer Massenproduktion zu stärker kundenspezifischen Produkten und zugleich kürzeren Produktzyklen.
Welche Risiken gibt es für die Robotik?
Die zwei wesentlichen kurzfristigen Risiken wurden bereits genannt: Lieferkettenprobleme und Fachkräftemangel. Zudem sorgen auch explodierende Energiepreise in Folge des Ukraine-Krieges und das Gespenst einer Rezession zusätzlich für Verunsicherung bei Unternehmen - sowohl den Herstellern von Robotersystemen wie auch potenziellen Kunden.
Dennoch bleibt Analystin Maya Xiao bei ihrer grundlegenden Einschätzung: "Die langfristige Perspektive für die Robotik ist wirklich sehr gut - deutlich besser, als sie vor der Pandemie gewesen ist."
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