Kraftpaket für Cobots...
Greifer von Schunk macht Mensch-Roboter-Kollaboration sicher
Mit dem Großhubgreifer Co-act EGL-C ist Schunk ein weiterer Schritt auf dem Weg zur umfassenden Mensch-Roboter-Kollaboration gelungen: Der Greifer schafft Kräfte bis 450 N und ist trotzdem sicher für die Interaktion mit Menschen. Intelligente Sensorik machts möglich.
Roboter müssen nicht immer direkt mit den Menschen kooperieren. Aber wenn sie es tun, dann dort, wo man die Stärken von Mensch und Maschine sinnvoll kombinieren kann, wo beide ihre Stärken ausspielen können. Unter diesem Blickwinkel gibt es unterschiedliche Aufgaben, die Cobots übernehmen können. Zum einen sind das sich ständig wiederholende, langweilige Aufgaben oder solche, die eine höhere Präzision und Wiederholgenauigkeit erforden. Pick&Place zum Beispiel, oder Schraubmontage. Man denkt hier schnell an kleine Bauteile, Platinen etwa, und an Montagearbeitsplätze. Es gibt allerdings auch auch Szenarien, bei denen ein anderer Aspekt im Vordergrund steht: die Ergonomie.
Denn in der Industrie, aber auch in anderen Gewerbebereichen oder im Handwerk, gibt es Tätigkeiten, die gerade so an der Grenze der körperlichen Belastungsgrenze der Mitarbeiter rangieren. Denken Sie an ein Bauteil mit etwa zwei Kilogramm Gewicht – etwas, das die meisten Menschen problemlos händeln können. Wenn nun aber ein solches Gewicht den ganzen Tag wieder und wieder bewegt werden muss, jede Minute, acht Stunden lang, dann kann das auch bei gut trainierten Menschen auf die Knochen gehen.
Für schwerere Bauteile gibt es Hebehilfen und Krane, aber für kleinere Bauteile sind die oft zu platzfressend und umständlich. Hier kommt der Cobot ins Spiel. Ein Roboter, der die Werkstücke vom Förderband holt, sie auf dem Arbeitsplatz ablegt und – hier kommt der kollaborative Teil – sogar das Gewicht trägt, während der Werker mit seiner Feinmotorik die knifflige Aufgabe übernimmt, das Bauteil in die Passung zu bugsieren – das wäre eine passende Aufgabe, um den Menschen zu entlasten.
Die Roboter sind dafür gut gerüstet. Die Traglasten aktueller Leichtbauroboter gehen hinauf bis zehn oder fünfzehn Kilogramm. Das Problem bei dieser im Grunde idealen Lösung: die Endeffektoren. Denn um derart schwere Bauteile sicher zu bewegen, muss ein Greifer schon fest zupacken. Gleichzeitig darf die Greifkraft nach der Norm nicht über 140 Newton liegen, damit bei der Quetschung von Fingern keine ernsten Verletzungen entstehen können. Was also tun?
Ein Greifer mit Kraftzonen
Schunk hat sich des Problems angenommen und bietet mit dem Co-act EGL-C den nach eigenen Angaben weltweit ersten für den kollaborierenden Betrieb entwickelten Großhubgreifer mit hohen Greifkräften. Der Hub beträgt bei dem neuen, auf 24 Volt ausgelegten und damit für den Mobilbetrieb geeigneten Gerät 42,5 Millimeter pro Finger, und die Greifkräfte gehen hoch bis 450 Newton. Damit lassen sich Werkstückgewichte bei kraftschlüssigem Greifen bis 2,25 Kilogramm und bei formschlüssigem Greifen sogar bis acht Kilogramm handhaben, was das Potenzial der Mensch-Roboter-Kollaboration erstmals für Handlinggewichte jenseits der Kleinteilemontage öffnet. Ein wichtiger Punkt: Der neue Greifer befindet sich gerade in der Zertifizierung und soll bis zur Markteinführung Ende 2019 von der DGUV für die Mensch-Roboter-Kollaboration zugelassen sein.
Da stellt sich die Frage: Wie schafft es Schunk, die Quetschzonen normgerecht abzusichern? Denn während die wirkende Greifkraft bei den bislang DGUV-zertifizierten Schunk-Greifern auf normgerechte 140 Newton pro Finger begrenzt war, stößt der auf der Hannover Messe 2019 erstmals öffentlich vorgestellte Co-act EGL-C mit seinen 450 Newton in eine neue Region vor. Um trotz der hohen Greifkraft die in der ISO/TS 15066 definierten biomechanischen Grenzwerte einzuhalten, ist der neue Greifer mit einer kombinierten Kraft- und Wegmessung ausgestattet: In die Grundbacken integrierte Kraftmesseinheiten sowie Inkrementalgeber überwachen permanent die jeweilige Greifkraft sowie die Position der Greiferfinger. Die auf dem Greifer abgelegte Greifprozedur wiederum ist in mehrere Phasen unterteilt: Bis zu einer Distanz von vier Millimetern zum geteachten Werkstück, deutlich weniger als die Dicke eines Fingers also, ist die Greifkraft auf nur 30 Newton begrenzt.
Kommt es in dieser Annäherungsphase zu einer Kollision, etwa mit der Hand des Bedieners, geht der Greifer sofort in den sicheren Halt, ohne dass die Gefahr einer Verletzung besteht. Der Greifer kann hier auch manuell bewegt werden, sodass sich ein Werker selber befreien kann. Erst in der zweiten Phase, also bei einer Werkstückdistanz kleiner als vier Millimeter, fahren die Finger mit der frei definierbaren Maximalkraft von bis zu 450 Newton zu. Misst das System in dieser Schließphase eine Nachgiebigkeit, etwa weil ein zu kleines Werkstück gegriffen wird, das der Bediener gerade per Hand entfernen will, stoppt auch diese Bewegung automatisch. Gleiches gilt, wenn die erwarteten Werkstückmaße um zwei Millimeter über- oder auch unterschritten werden, weil beispielsweise kein Teil vorhanden ist.
In der dritten Phase detektiert der Greifer, ob das Teil sicher gegriffen ist, und aktiviert die integrierte Greifkrafterhaltung, indem die Bremse verspannt wird. So kann das gegriffene Teil auch bei einem Not-Aus nicht verloren gehen. Zudem ist bei einem Stromausfall keine erneute Referenzierung erforderlich.
Sicherer und robuster Cobot-Greifer
Einfache Bedienung und Installation ist bei Cobots im Grunde Pflicht. Daher wird der neue Großhubgreifer komplett vormontiert geliefert. Zudem wird er mit den passenden Schnittstellen für MRK-Roboter von Kuka, Yaskawa, Fanuc, Universal Robots und Nachi erhältlich sein – mehr auf Nachfrage. Ein Inbetriebnahmeassistent vereinfacht die Programmierung. Wie in Zeiten von Industrie 4.0 zu erwarten, ermöglicht eine Diagnoseschnittstelle im laufenden Betrieb den Zugriff auf die wichtigsten Prozess- und Statusdaten des Greifers. Über eine LED-Leiste in Ampelfarben lässt sich der Zustand des Moduls signalisieren. Die integrierte Recheneinheit des Co-act EGL-C sorgt nicht nur für die intelligenten Sicherheitsfunktionen, sie ermöglicht auch eine standesgemäße Kommunikation über Profinet, Ethercat, EtherNet/IP, Modbus/TCP oder TCP/IP. Stabile Führungen und ein bürstenloser Servomotor gewährleisten zudem eine hohe Robustheit. Erste Pilotapplikationen für den neuen kräftigen Greifer gibt es in der Automotive-Industrie. Doch wenn man sieht, in wie vielen neuen Szenarien, auch außerhalb der Industrie, Cobots eingesetzt werden, würde es uns nicht wundern, das Kraftpaket auch anderwo anzutreffen. Wir halten die Augen offen.
Die integrierte Recheneinheit des Co-act EGL-C sorgt nicht nur für die intelligenten Sicherheitsfunktionen, sie ermöglicht auch eine standesgemäße Kommunikation über Profinet, Ethercat, EtherNet/IP, Modbus/TCP oder TCP/IP. Stabile Führungen und ein bürstenloser Servomotor gewährleisten zudem eine hohe Robustheit. Erste Pilotapplikationen für den neuen kräftigen Greifer gibt es in der Automotive-Industrie. Doch wenn man sieht, in wie vielen neuen Szenarien, auch außerhalb der Industrie, Cobots eingesetzt werden, würde es uns nicht wundern, das Kraftpaket auch anderwo anzutreffen. Wir halten die Augen offen.