Eigentlich besteht das Hauptgeschäft von Stern Automation & Maschinenbau aus der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von CNC-Schneidmaschinen. Firmeninhaber und passionierter Modellbauer Torsten Stern nutzt seine Maschinen aber auch für den eigenen Modellbau. So entstehen unter anderem CFK-Teile und Aluminiumteile für Boote und Buggys auf den selbstentwickelten Maschinen. „Das war anfangs nur ein Hobby. Durch meine beiden Söhne ist daraus ein interessantes Geschäftsmodell entstanden“, erklärt der Familienvater nicht ohne Stolz. Heute liefert der Familienbetrieb unter dem Label Stern-CNC Modellbaukomponenten bis in die USA und nach Neuseeland. Die knapp zehn Kilogramm schweren ferngesteuerten Flitzer sind etwa 800 Millimeter lang und werden von einem 23 Kubikzentimeter großen Hochleistungszweitaktmotor mit etwa drei PS angetrieben. Das genügt locker für eine Endgeschwindigkeit von gut 60 Kilometern pro Stunde. Spezialisten holen unter anderem mit speziellem Treibstoff und „scharfen“ Steuerzeiten gut das doppelte an Leistung heraus.
Torsten Stern erinnert sich: „Wir fingen vor zirka sechs Jahren damit an, die verschleißanfälligen, offen und ohne Schmierung laufenden Stirnradgetriebe durch Zahnriemen zu ersetzen. Das war damals völliges Neuland. Die Zahnradgetriebe der Buggys halten oft nur eine Saison; die Versionen aus Kunststoff manchmal nur wenige Rennen. Das wollten wir verbessern. Wichtig waren uns dabei auch ein geringes Gewicht und ein kleines Massenträgheitsmoment, schließlich kommt es bei den Buggys vor allem auf hohe Beschleunigung an.“
Drehrichtungsumkehr mit Zahnriemen
Die meisten Buggys verfügen über Getriebe mit drei Zahnrädern, sodass An- und Abtriebsdrehrichtung identisch sind und konzeptionell durch einen einfachen Zahnriementrieb zu ersetzen sind. Diese Antriebe setzt der Modellbauer schon viele Jahre erfolgreich ein. Allerdings hielt er den Umbau des Wüstenbuggy Baja lange Zeit für unmöglich. Dieser ist nämlich mit einem einfachen Stirnradsatz mit zwei Rädern ausgestattet, sodass sich die Drehrichtung des Antriebes ändert. „Die zündende Idee kam von meinem Sohn, der einen doppelt verzahnten Zahnriemen vorschlug, um mit einem Riemengetriebe auch die Drehrichtung umkehren zu können“, erklärt Torsten Stern. Durch die Doppelverzahnung kann der Riemen zwischen die beiden Achsen an die Innenseite der kleinen Riemenscheibe geführt werden, wodurch sich die Drehrichtung ändert. Bei diesem Antrieb war schon deutlich mehr Entwicklungsarbeit erforderlich, so dass die drei Modellbauer fachliche Unterstützung bei dem auf Polyurethan-Zahnriementechnik spezialisierten Mulco-Mitgliedsunternehmen Wilhelm Herm. Müller einholten. Der Diplomingenieur und Kundenberater André Schmidt betreut von der Müller-Niederlassung Leipzig aus seit mehr als 20 Jahren Industriekunden rund um das Thema Polyurethan-Zahnriemen. Er erklärt dazu: „Die Firma Stern hatte bereits Prototypen hergestellt, sodass unser Part anfangs darin bestand, Zeichnungen für die Riemenscheiben zu erstellen und bei den zulässigen Fertigungstoleranzen zu beraten, um die korrekte Riemenspannung zu gewährleisten. Denn bei diesem Antrieb wurde der Achsabstand bewusst fix gewählt, um mögliche Montagefehler durch die Kunden und eine Beschädigung von Lagern und Riemen auszuschließen.“
Torsten Stern konstruierte für die beiden Umlenkscheiben eine zusätzliche außenliegende Stützplatte, die die Belastung der Lagerung reduziert und Schiefstellungen der Riemenscheiben vermeidet. Aus Gewichtsgründen ist die Stützplatte aus Kohlefaser gefertigt. „Wegen der geringen Scheibendurchmesser und der großen Umschlingung wählten wir aus dem Mulco-Programm einen von Contitech hergestellten biegewilligen Conti-Synchroflex-Polyurethan-Zahnriemen mit fünf Millimetern Teilung. Der nur 15 Millimeter breite Riemen T5-DL überträgt die drei PS Nennleistung des Benziners problemlos und bis heute ohne einen einzigen Ausfall“, so André Schmidt. Der Zahnriementrieb wird von einer speziell angefertigten Abdeckung vor Sand und Steinen geschützt. „Manchen Kunden gefiel der Anblick des Antriebes so gut, dass sie auf die wichtige Kappe verzichteten“, schmunzelt Torsten Stern. So können jedoch große Fremdkörper wie Steinchen in den Antrieb gelangen und den Zahnriemen zerreißen. „An unserem Prüfstand simulierten wir diesen Fall nach und stellten fest, dass sich im ungünstigsten Fall der Stahlkord des gerissenen Riemens um die rotierende Achse wickeln kann“, berichtet er. André Schmidt schlug vor, einen Zugträger aus Aramid einzusetzen: „Aramid kann nicht ganz so hohe Zugkräfte übertragen, reißt jedoch bei fehlerhafter Überlastung komplett durch. Folgeschäden durch ein Aufwickeln des Zugträgers werden damit sicher vermieden.“
Mit den beiden Umlenkriemenscheiben wurde ein konstruktiver Kniff realisiert: Die angetriebene Riemenscheibe und die beiden Umlenkriemenscheiben sind untereinander austauschbar und verfügen über unterschiedliche Zähnezahlen. Durch Austausch der Riemenscheiben kann man man je nach Rennstrecke und Wahl der Reifengröße nun drei verschiedene Übersetzungen fahren. Das Original verfügt nur über einen Zahnradsatz mit einer festen Übersetzung. Das ist ein echter Mehrwert. jl
Technik im Detail: Drei verschiedene Zugträger auf Kundenwunsch
Insgesamt stehen für Conti-Synchroflex-Polyurethan-Zahnriemen als Alternativen zum Standardzugträger aus Stahl drei weitere Varianten zur Verfügung:
- sogenannte E-Zugträger aus Stahl mit besonders dünnen Einzeldrähten,
- Zugträger aus rostfreiem Stahl VA und
- Zugträger aus Aramid.
Im E-Stahl-Zugträger verteilt sich der Zugträgerquerschnitt auf wesentlich mehr dünnere Einzeldrähte, daher bleiben die Biegespannungen in den Einzeldrähten deutlich kleiner. Der Vorteil der E-Stahl-Zugträger besteht somit in einer höheren Biegewechselfestigkeit. Dies ist insbesondere dann anzustreben, wenn kleinere Bauabmessungen für Zahnscheiben und Spannrollen gefordert sind. Deren Mindestzähnezahlen beziehungsweise Mindestdurchmesser können im Vergleich zum Standardzugträger bis zu 30 Prozent unterschritten werden. Zahnriemen mit E-Stahl-Zugträger sind bevorzugt für Mehrwellenantriebe mit häufigen Biegewechseln einzusetzen.