Einstieg in einen großen Markt
Servokonfektionen von Lapp
Mit der Zunahme von Servoantrieben in immer mehr Anwendungen wächst auch der Bedarf an Servoleitungen beziehungsweise fertigen Servokonfektionen. Eine Lösung bietet Lapp mit der Ölflex-Connect-Servo-Konfektion.
Sie verbinden Steuerung und Antrieb: Servoleitungen. Die mehradrigen Kabel samt Stecker – so genannte Servokonfektionen – übertragen hohe Leistungen und sind in Maschinen, die Servoantriebe nutzen, verbaut. Die Servokonfektionen Ölflex Connect Servo von Lapp vereinen technische Eigenschaften wie eine extrem gute elektromagnetische Abschirmung mit weltweiter Verfügbarkeit.
Möglich wurde dies durch Komponenten, die in einem neu entwickelten Prozess verarbeitet werden: Waren das Ablängen und Abisolieren des Kabels sowie das Anbringen des Steckers bisher reine Handarbeit, ist die Fertigung von Ölflex Connect Servo zu großen Teilen automatisiert. Lediglich das Einlegen der Adern in den Isolierkörper erfolgt noch mittels einer speziellen Vorrichtung manuell, alles Weitere geschieht automatisch: Messer schneiden das Kabel auf die richtige Länge und entfernen die Isolierung – sofort passend gestuft. Der Mantel wird also kürzer geschnitten als das Schirmgeflecht, der Innenmantel kürzer als die Adern. Die Einzeladern werden in die Kontakte gepresst – sprich gecrimpt. Im Gegensatz zum Löten wird so die Kontaktqualität verbessert und eine Verwechslung ist ausgeschlossen.
Ein wichtiger Unterschied zu manuellen Verfahren ist die Ausführung des Übergangs der Kabelschirmung, die bei der Verarbeitung nicht gekürzt wird, auf das Steckergehäuse: Die Maschine schiebt die Schirmung zurück und presst sie in einen Ring ins Gehäuse. Die Drähte des Kabelschirms haben dadurch rundherum großflächig Kontakt mit dem Stecker. Diese 360-Grad-Schirmung verbessert die Abschirmwirkung um mindestens 100 Prozent gegenüber herkömmlichen Servokonfektionen. Ein Alleinstellungsmerkmal ist auch der Innenmantel, der unter der Schirmung liegt. Er schützt die Adern beim Konfektionieren und hält das Innenleben des Kabels in Form, auch wenn die Leitung hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt wird.
Weltweit gleiche Qualität
Die Servokonfektion ist die konsequente Weiterentwicklung des „Alles aus einer Hand“-Gedankens. Der teilautomatisierte Konfektionsprozess, den die Lapp-Ingenieure selbst entwickelt haben, ist dabei ein Innovationsschritt. Dafür, dass sich das Unternehmen für diesen Weg entschieden hat, gibt es gleich mehrere Gründe: Die neuen Servokonfektionen besitzen eine sehr gute elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Ein großer Fortschritt für die Kunden ist, dass sich die weitgehend automatisierte Fertigung auf verschiedene Standorte in aller Welt übertragen lässt, um global die gleiche Qualität zu erzielen. Viele Kunden von Lapp sind Global Player und als solche wollen sie nicht überall auf der Welt verschiedene Lösungen einsetzen, die jedes Mal neu validiert werden müssen. Außerdem lässt sich die teilautomatisierte Konfektion leicht für verschiedene Herstellerstandards anpassen.
Das Produkt wird jedoch, trotz Automatisierung, nicht zu einem vollständigen Standardprodukt. Es ist weiterhin individualisierbar: Ein Beispiel ist die Beschriftung. „Lapp beschriftet jedes Servokabel nach Kundenwunsch“, verspricht Klaus Joachim, Senior Manager Automation bei Lapp Systems. Für die Anwender entfällt somit der Arbeitsschritt der Beschriftung zugelieferter Teile.
Der Vorteil fällt dann besonders ins Gewicht, wenn ein Maschinenbauer ganze Maschinensätze ordert. Das sind mitunter 50 oder mehr Kabel unterschiedlicher Längen und Typen, die unter nur einer Bestellnummer geführt werden und die sämtliche Leitungen einer Maschine umfassen. Jedes Kabel wird von Lapp mit der individuellen Betriebsmittelkennzeichnung des Anwenders beschriftet, sodass der Elektriker die Maschine sofort ohne Stromlaufplan anschließen kann.
Derzeit hat Lapp sechs Leitungstypen mit unterschiedlichen Durchmessern und Leiterquerschnitten für den Siemens-Standard im Katalog. Zur Hannover Messe 2016 kamen Varianten für die Standards von SEW Eurodrive und Rockwell dazu, die ab 2017 in Serie produziert werden. Der Kunde hat zudem die Wahl zwischen den Varianten Basic Line, Core Line und Extended Line, die unterschiedlichen Ansprüchen genügen. Sie unterscheiden sich zum Beispiel im Mantelmaterial, das je nach Variante entweder aus PVC oder PUR besteht. PUR, das für die Extended Line verwendet wird, ist dort sinnvoll, wo die Leitung chemischen Substanzen wie Öl und Fetten ausgesetzt ist. Wo dies nicht der Fall ist, etwa in der Holzbearbeitung, sind günstigere Leitungen mit PVC-Mantel ausreichend. Außerdem gibt es Varianten für den Einsatz in besonders anspruchsvollen Anwendungen, etwa an Robotern.
Der Hybrid-Servokabel-Trend
Ölflex Connect Servo ist für Lapp auch aus technischer Sicht eine Investition in die Zukunft, denn in der Automatisierung stehen einige Umbrüche bevor, auf die Lapp vorbereitet sein will. So ist schon abzusehen, dass die strikte Trennung zwischen Servoleitung und Feedbackleitung fallen wird. Der Trend geht zu Hybrid-Servokabeln, die in einem Kabel sowohl Strom für den Motor als auch Sensordaten zurück zur Steuerung übertragen.
Mit der Verbreitung digitaler Sensorik und neuer Leistungselektronik stellen die Antriebshersteller außerdem auch die Anschlüsse an den Motoren und an den Steuerungen um. Von den selbstgeschaffenen neuen Standards erhoffen sie sich natürlich auch einen Umsatzschub. Derzeit führt zum Beispiel Siemens eine neue Generation von Antriebsreglern, die Sinamica-S120-booksize-C/D-Serie ein. Diese haben mehr Funktionen, aber auch einen veränderten Anschluss. Die Steckverbinder dazu gibt es zunächst nur vom Antriebshersteller selbst – und von der Lapp Gruppe, die damit einziger unabhängiger Anbieter ist. Da das Unternehmen bereits in den Entwicklungsprozess eingebunden war, ist es in der Lage, schon zum Marktstart im Herbst 2016 den verbesserten Booksize-Reglerstecker und damit die passende Verbindungslösung in allen Performance-Klassen anzubieten.
Versicherung gegen EMV-Probleme
Hybrid-Servokabel bringen aber auch neue Herausforderungen mit sich. Wenn Leistungs- und Datenkabel so dicht beieinander liegen, spielt das Thema elektromagnetische Verträglichkeit eine noch wichtigere Rolle, umso mehr als die Taktraten der Antriebe steigen und die Toleranzen sinken werden, was das Problem noch zusätzlich verschärft. Die Gefahr, dass Impulse im Leistungskabel zu Störungen in der Datenleitung führen, ist bei manuell konfektionierten Leitungen immer gegeben. „Da werden die Anforderungen sprunghaft ansteigen“, sagt Klaus Joachim. Ölflex Connect Servo sei dafür jedoch bereit. Labortests zeigten, dass die Schirmung um mindestens 100 Prozent besser sei als bei herkömmlichen, manufakturartig hergestellten Konfektionen. Gegenüber manchen Fabrikaten sei der Vorteil sogar noch deutlich größer.
Klaus Joachim ist sich bewusst, dass andere Anbieter versuchen werden, die teilautomatisierte Konfektion zu kopieren. Aber Lapp habe einen großen Vorsprung „und wir bleiben ja nicht stehen, sondern entwickeln den Prozess ständig weiter.“ jl