Für flexible und nachhaltige Missionen im All

Lego spielen im Weltraum

Erfolgreich demonstriert: Der am DFKI entwickelte modulare Manipulatorarm übergibt das Nutzlastmodul über eine multifunktionale Schnittstelle an den Rover Hunter SE.
Erfolgreich demonstriert: Der am DFKI entwickelte modulare Manipulatorarm übergibt das Nutzlastmodul über eine multifunktionale Schnittstelle an den Rover Hunter SE.

Modulare Robotersysteme, die sich anhand eines Baukastensystems im All zusammensetzen – was nach Science-Fiction klingt, ist nun Realität. Eine vom DFKI ganz neu entwickelte Technologie verspricht nichts weniger als die Zukunft der Weltraumrobotik neu zu definieren.

Ob bei der Erkundung fremder Planeten, dem Aufbau von Habitaten oder der Wartung von Satelliten – robotische Systeme übernehmen im All zunehmend zentrale Aufgaben. Doch viele bisher eingesetzte Roboter sind stark auf eine einzige Mission zugeschnitten. Ändern sich die Anforderungen, müssen oft komplett neue Systeme entwickelt werden – mit hohem Zeit-, Kosten- und Ressourcenaufwand.

Mit dem Projekt MODKOM (Modulare Komponenten als Building Blocks für anwendungsspezifisch konfigurierbare Weltraumroboter) haben das DFKI Robotics Innovation Center und die Arbeitsgruppe Robotik der Universität Bremen – beide unter Leitung von Prof. Dr. Frank Kirchner – einen wichtigen Beitrag zu einem grundlegenden Wandel in der robotischen Raumfahrt geleistet: weg von starren Einzelentwicklungen hin zu flexibel rekonfigurierbaren Systemen. Gefördert durch die Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE), entwickelten die Partner ein Baukastensystem für robotische Weltraumtechnologien.

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Baukasten für rekonfigurierbare Weltraumroboter

Das Baukastensystem umfasst sämtliche erforderlichen Hardware- und Softwarekomponenten für den flexiblen Aufbau mobiler Roboter. Die Forschenden unterteilen diese in verschiedene Granularitätsebenen: Auf der untersten Ebene stehen Grundelemente wie Gelenke, Strukturelemente und Elektronikbausteine, die über standardisierte Schnittstellen miteinander verbunden werden können. Diese Basiseinheiten lassen sich zu Subsystemen kombinieren, die auf höheren Ebenen als modulare Funktionseinheiten in das Baukastensystem integriert sind.

Auf der höchsten Ebene entstehen daraus komplette Systeme – etwa durch die Verbindung stationärer oder mobiler Plattformen mit Sensoren, Nutzlastcontainern oder Manipulatoren. Eine übergreifende Softwarearchitektur erlaubt es, die Systembausteine dynamisch nach dem Plug&Play-Prinzip während der Laufzeit einzubinden. Die entwickelten Schnittstellen ermöglichen zudem den Einsatz von Lern- und Optimierungsverfahren, mit denen sich automatisch optimale Hardware- und Softwarekonfigurationen generieren und einzelne Module anpassen lassen.

Vorteile: flexibel, robust, kosteneffizient

Das modulare System lässt sich flexibel erweitern und an wechselnde Missionsanforderungen anpassen – auch nachträglich. Wiederverwendbare Module verkürzen Entwicklungs- und Qualifizierungszyklen deutlich und sparen damit Zeit und Kosten. Standardisierte Schnittstellen und spezielle Adapter ermöglichen die Integration kommerzieller, ursprünglich inkompatibler Komponenten, was das Anwendungsspektrum erheblich erweitert. Zudem erhöht die modulare Struktur die Ausfallsicherheit: Defekte Einheiten lassen sich schnell austauschen – ein klarer Vorteil bei Einsätzen in schwer zugänglichen oder risikobehafteten Umgebungen wie dem Weltraum.

Leistungsdemonstration und Qualifizierung für den Weltraumeinsatz

Um die Leistungsfähigkeit der entwickelten Systematik zu demonstrieren, realisierten die Projektpartner ein komplexes Manipulationssystem auf Basis des robotischen Baukastens. Dafür kombinierten sie einen am DFKI entwickelten modularen Manipulator mit zwei handelsüblichen Komponenten: der mobilen Plattform Hunter SE von AgileX Robotics und der multifunktionalen Schnittstelle iSSI des iBOSS-Systems. In einer realitätsnahen Versuchsumgebung konnte anhand einer konkreten Manipulationsaufgabe gezeigt werden, wie flexibel sich externe Systeme in das Baukastensystem integrieren und einzelne Module schnell und bedarfsgerecht austauschen lassen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts lag auf der Qualifizierbarkeit der Komponenten: Mit dem DFKI-X2D-Gelenk entwickelten die Forschenden einen hochdynamischen Motor, der gezielt für den Weltraumeinsatz konzipiert wurde. Durch umfassende Qualifizierungstests konnte der Technology Readiness Level (TRL) 5 erreicht werden – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur praktischen Anwendung im All. Zur Integration und Erprobung der Baukastenelemente unter realistischen Bedingungen wurde zudem ein moderner, ISO-konformer Reinraum am DFKI Bremen eingerichtet, der die Weiterentwicklung hin zu noch höheren Technologiereifegraden unterstützt.

Von der Forschung in die Praxis

Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse und Technologien bilden eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung rekonfigurierbarer Weltraumroboter. Sie sollen künftig in reale Weltraummissionen einfließen und dazu beitragen, die Flexibilität, Effizienz und Nachhaltigkeit robotischer Raumfahrtsysteme deutlich zu verbessern.

(Quelle: DFKI)

FAQ: Modulare Weltraumrobotik aus dem DFKI-Projekt MODKOM

1. Was ist das Ziel des Projekts MODKOM?
MODKOM verfolgt das Ziel, ein modulares Baukastensystem für robotische Systeme in der Raumfahrt zu entwickeln. Die Technologie soll es ermöglichen, Roboter flexibel und missionsübergreifend zusammenzustellen, um Entwicklungszeit, Kosten und Ressourcenverbrauch zu senken.

2. Welche Komponenten umfasst das modulare System?
Das System gliedert sich in drei Ebenen:

  • Basiselemente: z. B. Gelenke, Strukturelemente, Elektronikmodule
  • Subsysteme: kombinierte Funktionseinheiten aus mehreren Basiselementen.
  • Komplettsysteme: voll funktionsfähige Roboter mit Plattformen, Sensoren und Manipulatoren. Eine einheitliche Softwarearchitektur sorgt für Plug&Play-Funktionalität und KI-gestützte Optimierung.

3. Welche konkreten Vorteile bringt die modulare Architektur im All?
Durch die Wiederverwendbarkeit und flexible Erweiterbarkeit der Module können Roboter schnell an neue Anforderungen angepasst werden. Standardisierte Schnittstellen ermöglichen den Austausch defekter Teile und die Integration externer Systeme. Dadurch wird die Effizienz erhöht, Kosten gesenkt und die Systemausfallsicherheit verbessert – essenziell für Missionen im Weltraum.

4. Was wurde im Rahmen des Projekts praktisch getestet?
Ein Demonstrator kombinierte den modularen Manipulator des DFKI mit der mobilen Plattform Hunter SE von AgileX Robotics und der multifunktionalen iSSI-Schnittstelle des iBOSS-Systems. In einer simulierten Weltraumumgebung wurde erfolgreich demonstriert, wie externe Komponenten integriert und Module im laufenden Betrieb ausgetauscht werden können.

5. Welcher Reifegrad wurde erreicht und wie geht es weiter?
Das System erreichte Technology Readiness Level (TRL) 5 – ein bedeutender Meilenstein auf dem Weg zur tatsächlichen Anwendung in Raumfahrtmissionen. Ein speziell dafür eingerichteter Reinraum am DFKI Bremen unterstützt die weitere Entwicklung. Ziel ist die Integration der Technologie in reale Weltraumeinsätze und zukünftige planetare Missionen.