Baustelle der Zukunft?...
Mobiler 3D-Drucker druckt emissionsarm Bauteile aus Beton
Ein neuer mobiler 3D-Drucker des Startups Printstones druckt individuelle Betonteile vor Ort auf der Baustelle. Warum die Anwendung die Zukunft des Bauens sein könnte und was Roboter damit zu tun haben…
Printstones, ein Wiener 3D-Druck-Startup, hat ein 3D-Druckverfahren für die automatisierte Herstellung von Bauteilen aus Beton entwickelt. Das Verfahren macht mit gleich zwei ungewöhnlichen Merkmalen auf sich aufmerksam: Es ist mobil und druckt nicht nur Beton, sondern auch weitere Zement-Materialien, die auf der Baustelle zum Einsatz kommen. Konventionelle Schalungselemente sollen so der Vergangenheit angehören.
Dr. Herwig Hengl ist Gründer von Printstones, einem Spin-off der TU Wien. Vor etwa fünf Jahren kam er erstmals als Mitarbeiter am Institut für Mechanik der Werkstoffe und Strukturen mit der additiven Fertigung in Berührung: „Wir kamen auf diese Idee, als wir ein Simulationstool entwickelten, das zu Spannungs- und Verformungsanalysen von beanspruchten Bauteilen herangezogen werden kann. Zur Verifizierung der Simulationsergebnisse mussten die vorerst virtuellen Bauteile nachgebaut und belastet werden. Da dies ein sehr kostenintensiver und zeitaufwendiger Prozess ist, haben wir nach einer Möglichkeit gesucht, die Bauteile automatisiert direkt aus 3D-Modellen herzustellen“, erinnert sich der Jungunternehmer. Idealerweise sollte das natürlich direkt am finalen Einsatzort stattfinden: auf der Baustelle der Zukunft.
Die Printstones-Gründer konnten sich mit Ihrer Geschäftsidee gegen etwa 200 weitere Startups in einem Auswahlverfahren des universitären Inkubators INITS durchsetzen. Daraufhin wurde das Geschäftsmodell anhand qualitativer und quantitativer Experimente validiert und die Entwicklung des 3D-Druckers PrintStones X1 konnte an den Start gehen.
Mobiler Baustellen-3D-Drucker
Der PrintStones X1 ist ein früher Prototyp eines mobilen Baustellen-3D-Druckers. Mit ihm können momentan Bauteile aus Beton bis zu einer Größe von etwa 1 Kubikmeter Größe gedruckt werden. Der Roboter kann sowohl außen als auch innen eingesetzt werden. Er macht konventionelles Schalen überflüssig, indem definierte Materialvolumina durch einen computergesteuerten Positionierungsprozess in aufeinanderfolgenden Schichten präzise platziert und verfestigt werden.
Das 3D-Druckverfahren besteht aus zwei allgemeinen Schritten: der 3D-Modellierung und dem Komponentendruck. Bei der Pfadgenerierung werden verschiedene Methoden zur Generierung von Roboter-Trajektorien implementiert. Im Allgemeinen besteht jede Schicht aus einer Außenkontur und einem Füllmuster, die als Wabenstrukturen oder raumfüllende Kurven ausgeführt werden können. Die Materialvorbereitung verläuft vollautomatisch über ein vorgeschaltetes Mini-Betonwerk. Dabei kann die Rezeptur während des 3D-Druckprozesses variiert werden, um beispielsweise stark belastete Zonen mit höherfestem Material zu drucken. Mit dieser Technologie lassen sich Bauteile ab Losgröße 1 in variabler Form drucken.
3D-Druck reduziert CO2-Emissionen
„Beton ist nach Wasser das vom Menschen am meisten verwendete Material, allerdings zu einem hohen Preis. Die Zementherstellung ist für etwa acht Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich“, gibt Dr. Hengl zu bedenken. Der Anteil an CO2-Emissionen der Luftfahrt sei hier mit 2,6 Prozent vergleichsweise niedrig. „Daher sollte es unser Ziel sein, den Zementverbrauch zu reduzieren, wo immer es geht. Der Beton-3D-Druck bietet hier die Möglichkeit, schwach belastete Zonen eines Bauteils auszusparen und so Material einzusparen.“
Was praktisch ist: Das PrintStonesX1-3D-Druck-System ist als sogenanntes Multi Tool Device ausgelegt. Die Beton-3D-Druckdüse ist folglich also eines von vielen möglichen Werkzeugen.
Weitere Werkzeuge sollen in Joint-Development Projekten mit zukünftigen Anwendern und Kunden entwickelt werden. „Wir sind in erster Linie in Forschung und Entwicklung tätig und versuchen zukünftige Kunden möglichst weit einzubeziehen. Dabei arbeiten wir ausschließlich mit lokalen Partnern wie Architekturbüros, Industriedesignern, Bauherren und Bauunternehmern. Bei der letzteren Gruppe müssen wir noch etwas Pionierarbeit leisten, denn die Baubranche, welche etwa sieben Prozent des Weltmarktes ausmacht, investiert in Forschung und Entwicklung weitaus weniger als der Durchschnitt anderer Branchen“, gibt Herwig Hengl zu bedenken.
Automatisierung der Baustelle als Ziel
„Unsere Vision, oder sollte ich eher sagen Mission, ist die Automatisierung und Optimierung von Bauverfahren. Wir möchten monotone Tätigkeiten auf der Baustelle mit unserer Technik reduzieren und Bauarbeiter entlasten. Ein gutes Beispiel ist das Verlegen von Pflastersteinen. Kein Mensch hat Spaß daran acht Stunden am Tag auf den Knien in gebückter Haltung Steine zu verlegen. Mit dem mobilen 3D-Drucker können diese Steine direkt auf die obere Tragschicht des Straßenaufbaus gedruckt werden – ein Verlegen ist dann nicht mehr nötig“, zeigt Herwig Hengl eine der Möglichkeiten auf. Aktuell arbeitet Printstones als ausführendes Unternehmen an Pilotprojekten im Baubereich, innerhalb von fünf Jahren möchte das Startup den Wechsel zum Systemanbieter vollzogen haben. Die Bereitstellung von Hardware, Software und insbesondere Baustoffen ist das künftige Ziel.