Fraunhofer auf der Medtec 2016
Personalisierte Medizin durch additive Fertigung
Fraunhofer-Forscher haben ein besonders flexibles additives Fertigungsverfahren entwickelt, mit dem sich beispielsweise Knochenimplantate, Zahnersatz oder chirurgische Werkzeuge in nahezu beliebigem Design herstellen lassen.
Die kleine Arzneimittelfabrik neben dem Patientenbett ist nicht größer als ein Zwei-Euro-Stück. Ihre Leitungen und Kanäle sind nur wenige hundert Mikrometer groß. Sie mischt verschiedene Medikamente wie Schmerzmittel, Blutverdünner und Antibiotikum zusammen – kontinuierlich und exakt abgestimmt auf den aktuellen Gesundheitszustand des Patienten. Ein Zukunftsszenario moderner Mikroreaktionstechnik, das es heute so in Krankenhäusern noch nicht gibt. Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden arbeitet daran, dass sich das in naher Zukunft ändert.
Die Dresdner Forscher setzen auf suspensionsbasierte, additive Fertigungsverfahren und deren Kombination mit anderen Produktionsmethoden, um Mikroreaktoren, aber auch Knochenimplantate, Zahnersatz oder chirurgische Werkzeuge herzustellen. Auf der Medtec (12. bis 14. April 2016) in Stuttgart präsentieren sie einen technologischen Ansatz, mit dem sich medizinische Bauteile in nahezu jedem beliebigen Design im 3D-Druck fertigen lassen. "Wir sind weder bei der Art noch bei der Farbe des Materials der gewünschten Bauteile limitiert. So lassen sich Keramiken, Gläser, Kunststoffe oder auch Metalle über thermoplastischen 3D-Druck verarbeiten. Ein weiterer Vorteil: Mehrere verschiedene Materialien können gleichzeitig gefertigt werden", schildert Dr. Tassilo Moritz vom IKTS-Geschäftsfeld Werkstoffe und Verfahren. Auf ihrer Laboranlage haben die Wissenschaftler bereits Bauteile aus Hochleistungskeramiken und Hartmetallen erfolgreich hergestellt. Jetzt suchen sie Partner, um ihre Technologie in die Praxis zu bringen.
Neue Möglichkeiten für die Mikroreaktionstechnik
Für die Mikroreaktionstechnik aus keramischen Bauteilen erhofft sich Moritz viel von den neuen Möglichkeiten. Denn bisher verhinderte die Fertigungstechnik den Durchbruch der Miniatur-Chemiewerke. Ihr Einsatz war vor allem auf Forschungslabore beschränkt. Das könnte sich ändern. "Wir können keramische Bauteile jetzt anwendungsgerecht und nicht mehr fertigungsgerecht bauen", sagt der promovierte Werkstoffwissenschaftler. "Bislang wurden keramische Mikroreaktoren zumeist aus Platten gefräst. Innere und äußere Abdichtung stellten dabei immer eine technologische Herausforderung dar. Außerdem gab es das Problem passender Anschlüsse. Diese druckt man jetzt einfach zusammen mit dem keramische Bauteil in beliebiger Form aus." Davon profitieren nicht nur Ärzte, sondern auch Pharmazeuten und Chemiker. Sie verarbeiten meist sehr teure oder gefährliche Stoffe. "Hier zunächst mit möglichst kleinen Mengen in einem Mikroreaktor zu arbeiten, ist günstiger und sicherer", sagt Moritz.