Beim Thema autonome Systemen gilt der erste Gedanke meist selbstfahrenden Autos: Tatsächliche kommen autonome Steuerungen auch in der Industrie-Robotik oder bei Drohnen-Systemen zum Einsatz.

Beim Thema autonome Systemen gilt der erste Gedanke meist selbstfahrenden Autos: Tatsächliche kommen autonome Steuerungen auch in der Industrie-Robotik oder bei Drohnen-Systemen zum Einsatz. (Bild: Stock.Adobe.com)

Autonome und ferngesteuerte Fahrsysteme entwickeln sich rasant. In den USA und China sind bereits erste Robo-Taxis unterwegs. Doch in Deutschland gibt es nach Ansicht von Verkehrsexperten keinen Rückstand. Hier wird der Echtbetrieb unter anderem in Aldenhoven erprobt. Das dortige Testzentrum zählt zu den Vorzeigeprojekten in Europa und ist Partner der XPONENTIAL Europe, die im kommenden Jahr als Messe für autonome Systeme und Robotik vom 18. bis 20. Februar in Düsseldorf startet.

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Das Auto dreht zwar seine Runden in Aldenhoven, einer kleinen Gemeinde vor den Toren Aachens. Doch der Platz hinter dem Lenkrad ist leer. Denn der Fahrer sitzt gut 9.300 Kilometer entfernt in Tokio. Von dort aus steuert er das Fahrzeug über das Testgelände in der Jülicher Börde, hält an roten Ampeln, überholt Radfahrer mit Sicherheitsabstand, lässt Fußgänger über den Zebrastreifen und kommt auch auf regennasser Fahrbahn nicht von der Ideallinie ab - perfekt und millimetergenau.

Micha Lesemann (l.), Geschäftsführer der Aldenhoven Testing Center GmbH, und Malte Seifert, Verantwortlicher für die XPONENTIAL Europe, auf dem Testgelände für autonome Systeme.
Micha Lesemann (l.), Geschäftsführer der Aldenhoven Testing Center GmbH, und Malte Seifert, Verantwortlicher für die XPONENTIAL Europe, auf dem Testgelände für autonome Systeme. (Bild: Mike Seidensticker)

„Hier entsteht der Straßenverkehr der Zukunft“, sagt Micha Lesemann. Er ist Geschäftsführer der Aldenhoven Testing Center GmbH. Wo bis 1992 die Zeche Emil Mayrisch Steinkohle förderte, ist ein Gelände entstanden, das europaweit zu den ersten Adressen für die Erprobung zukunftsweisender Mobilitätssysteme zählt. Viele Straßenfahrzeuge und auch Drohnen haben hier bereits ihre Runden gedreht, darunter nahezu alle namhaften OEMs wie McLaren, Porsche, Smart oder Skoda.

Auch System- und Softwareanbieter wie MIRA sind regelmäßig zu Gast auf dem 40 Hektar großen Gelände. Mehr als 200 Unternehmen testen hier regelmäßig unter Realbedingungen - im Außenring auf einer Ovalbahn, im Innenring in einem kompletten städtischen Verkehrsumfeld. Brems- und Schlechtwegstrecken stehen ebenso zur Verfügung wie Steigungshügel, Fahrdynamikfläche und Handlingkurs. Sogar ein eigener Autobahnabschnitt mit direkter Anbindung kann genutzt werden: „Hier in Aldenhoven werden alle Stufen der autonomen Mobilität erprobt“, so Lesemann.

Betrieben wird das Aldenhoven Testing Center (ATC) vom Kreis Düren und einer Tochtergesellschaft der nahe gelegenen RWTH Aachen. Deren Institute für Kraftfahrzeuge (ika), für Thermodynamik mobiler Energiewandlungssysteme (tme) und für Regelungstechnik (IRT) sind direkt beteiligt. Das Testfeld wurde aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen, des Bundes und der Europäischen Union gefördert.

Das digitale Herz der Anlage ist das von Vodafone betriebene Netz. Denn ohne Netzempfang läuft wenig in der Mobilität von heute und morgen. Bereits 2019 ging im 5G Mobility Lab die erste in Deutschland betriebene 5G-Funkstation „on air“. Die Anlage, deren zentraler Funkmast dort steht, wo früher der Förderturm war, bietet europaweit eine der modernsten Mobilfunk-Entwicklungs- und Testumgebungen für den vernetzten und autonomen Verkehr der Zukunft: „Das Funkspektrum und die Bandbreite, die wir hier abdecken, sind europaweit einzigartig“, sagt Michael Bösinger. Er ist Leiter des Bereichs Technologische Innovationsentwicklung bei Vodafone.

"Safety first" ist oberstes Gebot

Unter seiner Leitung wurde der Labornetzbetrieb auf- und ausgebaut. Mittlerweile können neben vorgegebenen Standardkonfigurationen auch individuelle Konfigurationen bereitgestellt werden. Dazu stehen neben 5G auch GSM, LTE und NB IoT im Live-Netzbetrieb zur Verfügung. In Kombination mit kundenspezifischen IKT-Komponenten und -Lösungen kann so das notwendige Ökosystem für Automotive- und Mobilitätsanwendungen geschaffen und vom Leitstand aus gesteuert, überwacht und ausgewertet werden. "Safety first" ist dabei oberstes Gebot. In dieser Erprobungsphilosophie lernender Systeme liegt seiner Meinung nach auch der Unterschied zum bereits angelaufenen Realbetrieb in den USA und China: „Vieles wird neben den regulatorischen Rahmenbedingungen davon abhängen, dass wir Netzwerke schaffen, die für verschiedene Verkehrsträger unter einem Dach verfügbar sind“, ist sich Bösinger sicher.

Teleoperiertes Shuttle zur Messe

Längst hat sich die Region zwischen Aachen, Düsseldorf und Köln zu einem bundesweiten Zentrum für Forschung, Entwicklung und Erprobung neuer Mobilitätskonzepte entwickelt. In Wegberg-Wildenrath, gut 35 Kilometer von Aldenhoven entfernt, betreibt Siemens Mobility eine der weltweit größten Teststrecken für den Schienenverkehr. In Monheim, unweit von Köln, fahren ab 2020 die bundesweit ersten autonom fahrenden Busse im Stadtverkehr der Stufe 4. In Düsseldorf entwickelt die Rheinmetall-Tochter MIRA teleoperierte Fahrzeugsysteme, die bereits erfolgreich im Testbetrieb auf Stadt- und Autobahnstrecken unterwegs sind. Zur XPONENTIAL Europe wird das Unternehmen einen teleoperierten Shuttle-Service zwischen dem Messegelände und der Düsseldorfer Innenstadt anbieten.    

„Die laufenden Forschungsprojekte und Entwicklungen zeigen, dass Nordrhein-Westfalen und die Region zwischen Rhein, Ruhr und Weser eine führende Rolle bei der Mobilität 4.0 haben. Hier ist der Markt, hier sind die Innovationstreiber und hier ist die Kompetenz der Messe Düsseldorf als weltweit agierender Partner im Industriesektor. Deshalb ist Düsseldorf der ideale Standort für die XPONENTIAL Europe“, sagt Malte Seifert, Director Metals & Autonomous Technologies der Messe Düsseldorf. Er ist verantwortlich für die XPONENTIAL Europe, die im kommenden Jahr ihre Premiere in Düsseldorf feiert.

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