Auswahl und Anschaffung
Ich brauche einen Roboter! Welcher ist der richtige?
Immer mehr kleine Unternehmen denken über den Einsatz von Robotern nach. Welche Schritte dafür erforderlich sind, erklärt Kollege Roboter.
Robotik ist längst mehr als ein Hype
Laut dem World Robotics Report 2024 der International Federation of Robotics (IFR) waren 2023 bereits4.281.585 Industrieroboter in Fabriken weltweit im Einsatz – zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der jährlichen Installationen überschritt zum dritten Mal in Folge die Marke von einer halben Million und lag 2023 bei 541.302 Einheiten. Rund 70 Prozent der neu installierten Roboter entfielen auf Asien, 17 Prozent auf Europa und 10 Prozent auf Amerika. Deutschland ist weiterhin Europas wichtigster Robotikmarkt: Nach dem World Robotics Report 2024 wurden 2023 28.355 Roboter neu installiert – sieben Prozent mehr als im Vorjahr; der operative Bestand stieg auf 269.427 Einheiten. Damit entfielen etwa ein Drittel der europäischen Installationen auf Deutschland.
Auch der Grad der Automatisierung steigt. 2023 lag die globale Roboterdichte in der Industrie bei 162 Einheiten pro 10.000 Beschäftigte; das ist mehr als doppelt so viel wie 2016. Korea führt das Ranking mit1.012 Robotern pro 10.000 Beschäftigte an, gefolgt von Singapur (770). China, das 2019 erstmals die Top 10 erreichte, liegt mit 470 Robotern pro 10.000 Beschäftigte inzwischen vor Deutschland und Japan. Deutschland belegt mit 429 Robotern pro 10.000 Beschäftigte Platz 4. Diese Zahlen zeigen: Robotik ist kein Zukunftsthema mehr, sondern Realität – auch für kleine und mittelständische Unternehmen.
Die Nachfrage nach Robotern wächst zudem über die klassische Automobilindustrie hinaus. Laut IFR und dem VDMA boomt insbesondere die Logistik: 2023 wurden weltweit fast 113.000 Roboter für Transport‑ und Logistikaufgaben verkauft, 35 Prozent mehr als im Vorjahr. Etwa 80.300 davon waren mobile Roboter, deren Verkäufe um 24 Prozent wuchsen. Solche mobilen Transporthelfer machen inzwischen 71 Prozent der Absätze im Logistikbereich aus. Diese Trends zeigen, dass Robotik‑Lösungen mittlerweile auch für Anwendungen wie Intralogistik, Bauwesen oder Gesundheitswesen relevant sind.
Brauche ich einen Cobot oder doch eine Fachkraft?
Kleine Betriebe stehen oft vor der Wahl, zusätzliches Personal einzustellen oder in Automatisierung zu investieren. Der demografische Wandel macht die Personalsuche schwieriger. Die IFR verweist in ihrem Trendbericht 2025 darauf, dass der weltweite Arbeitskräftemangel weiter zunimmt und insbesondere durch den demografischen Wandel in den USA, Japan, China, Korea und Deutschland verschärft wird. Roboter können hier helfen, weil sie monotone, gefährliche oder ergonomisch belastende Arbeiten übernehmen und damit die Beschäftigten entlasten. Moderne Cobots sind außerdem einfacher zu programmieren und dadurch auch für mittelständische Betriebe interessant.
Darüber hinaus entstehen neue Geschäftsmodelle: Robot‑as‑a‑Service (RaaS) ermöglicht den Einsatz von Robotern ohne hohe Anfangsinvestitionen. Der IFR sieht in solchen Mietmodellen neben Low‑Cost‑Robotern einen wichtigen Trend, um Hemmschwellen für den Einsatz von Robotik in kleinen und mittleren Unternehmen zu senken. Angesichts steigender Löhne und Fachkräftemangel lohnt es sich daher, die Kosten für Personalrekrutierung und Einarbeitung gegen die Investition in einen Cobot abzuwägen.
Cobot oder Mensch – wie finde ich heraus, was besser ist?
Die Stärken von Robotern liegen weiterhin bei sich wiederholenden, monotonen, gefährlichen oder fehleranfälligen Tätigkeiten. Menschen punkten dagegen bei Geschicklichkeit, Kreativität, logischem und kritischem Denken. Eine sinnvolle Mensch‑Roboter‑Kollaboration (MRK) kombiniert beides: Der Mensch überwacht, schult und optimiert den Roboter, während der Roboter die körperlich belastenden Schritte übernimmt.
Laut IFR lohnt sich der Einsatz von Cobots in der Produktion, um Qualität und Quantität zu sichern, Kapazitäten auszubauen, flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren und dem Fachkräftemangel zu begegnen. Wichtig ist eine gründliche Analyse der Prozesse, um festzustellen, ob monotone Abläufe vorliegen, wie oft Umrüstungen nötig sind und ob ausreichend Platz für einen MRK‑Arbeitsplatz vorhanden ist.
Wann lohnt sich ein kollaborativer Roboter?
Die Frage, wann sich ein Cobot rechnet, lässt sich nicht pauschal beantworten. Ein Roboter lohnt sich, wenn er die Produktionsleistung erhöht oder bestehende Mitarbeiter von körperlich belastenden Aufgaben entlastet. Das IFR‑Trendreport 2025 betont, dass Roboter zur Bewältigung des Arbeitskräftemangels beitragen, indem sie Aufgaben wie visuelle Qualitätskontrollen oder schwere Hebetätigkeiten übernehmen.
Unternehmen sollten daher prüfen, ob wiederkehrende Tätigkeiten automatisiert werden können und ob sich die Investition innerhalb einer angemessenen Zeit amortisiert. Gerade in Zeiten unsicherer Nachfrage können flexible Mietmodelle (RaaS) oder der Einsatz gebrauchter Roboter sinnvoll sein.
Welche Arbeiten kann ein Roboter übernehmen?
Der World‑Robotics‑Report 2024 zeigt, dass das Hauptanwendungsgebiet von Industrierobotern weiterhin die Handhabung und Materialhandhabung ist; danach folgen Schweißprozesse, Montage‑ und Fügearbeiten sowie Klebe‑ und Dosieranwendungen.
Die Bandbreite wird jedoch immer vielfältiger: Roboter reinigen Abflussrohre, fällen Bäume oder helfen im Bauwesen und in der Landwirtschaft. Im Servicebereich dominieren mobile Roboter: Fast 80.300 mobile Roboter wurden 2023 allein für Logistik‑Aufgaben verkauft. Diese Geräte transportieren Waren in Lagerhallen, beladen und entladen Lkw oder helfen in Krankenhäusern und Laboren. Gerade für KMU können solche mobilen Assistenten den Einstieg in die Automatisierung erleichtern.
Achsen, Greifer, Kinematik - was heißt das?
Robotik hat ihre eigenen Fachbegriffe. Für Einsteiger wichtig sind unter anderem:
- Cobot (kollaborativer Roboter): Leichtbauroboter, die für die Zusammenarbeit mit Menschen konzipiert sind und über Sicherheitsfunktionen wie Drehmoment‑ oder Näherungssensoren verfügen.
- Kinematik: Die mechanische Struktur, die die Freiheitsgrade des Roboters definiert (z. B. SCARA‑, Delta‑ oder Gelenkarm‑Kinematik).
- Teaching/Programmierung: Methodik, mit der dem Roboter Bewegungsabläufe beigebracht werden – heute oft per grafischer Oberfläche oder per Handführung.
- End‑of‑Arm‑Tool (Greifer): Das Werkzeug am Armende, z. B. Greifzange, Schweißbrenner oder Dosierdüse.
- Tool‑Center‑Point: Punkt am Endeffektor, der als Referenz für die Bahnplanung dient.
- Hydraulik‑Muskel/Antriebstechnik: Alternative Antriebsform, bei der Flüssigkeiten statt elektrische Motoren eingesetzt werden.
- Kraft‑Momenten‑Sensor: Sensorik zur Messung von Kräften und Momenten, die für sicheres Zusammenarbeiten und präzise Montageaufgaben notwendig ist.
- Time‑of‑Flight (ToF): Sensorprinzip zur Abstandsmessung (Laufzeitmessung von Licht).
- Cloud Robotics: Vernetzung des Roboters mit Cloud‑Diensten zur Auswertung von Sensordaten und zur Nutzung von KI‑Funktionen.
Was kostet ein Roboter?
Die Preise für industrielle Roboter sinken seit Jahren. Laut einer auf Statista basierenden Preisprognose kostete ein typischer Industrieroboter in den USA 2005 noch rund 182.000 US‑Dollar, während der Preis bis 2025 auf etwa 103.000 US‑Dollar sinken soll.
Kleine Cobots oder einfache Pick&Place‑Roboter sind bereits für niedrige fünfstellige Beträge erhältlich; mobile Logistikroboter beginnen bei etwa 20.000 Euro. Neben den Hardwarekosten fallen Kosten für Systemintegration und Programmierung an, die nach Einschätzung von Experten etwa das Dreifache des Hardwarepreises betragen. Miet‑ und Leasingmodelle oder gebrauchte Roboter können die Anfangsinvestition reduzieren.
Wer stellt Roboter und Cobots her?
Der Markt der Hersteller ist vielfältig. Zu den großen internationalen Anbietern zählen weiterhin Fanuc, Yaskawa, ABB, Kuka, Kawasaki, Mitsubishi Electric, Doosan, Techman Robot und Universal Robots. Hinzu kommen junge Unternehmen, insbesondere aus China und den USA, die humanoide oder mobile Roboter entwickeln.
Nach dem World‑Robotics‑Report 2024 ist China mittlerweile nicht nur der größte Absatzmarkt, sondern baut auch seinen Anteil an Robotikherstellern aus: Der chinesische Inlandsanteil am Robotikmarkt stieg 2023 auf 47 Prozent, nachdem er in den letzten zehn Jahren bei rund 28 Prozent lag.
Einen etwas umfassendere Blick auf die aktuell 50 wichtigsten in Deutschland tätigen Robotik-Unternehmen liefert eine Studie des Marktforschungsinstituts Meyer Industry Research.
Gibt es Zuschüsse für den Kauf eines Roboters?
Spezielle Förderprogramme für Cobots gibt es in Deutschland weiterhin nicht. Unternehmen können jedoch allgemeine Digitalisierungs‑ und Investitionsförderprogramme nutzen. Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt Investitionen in digitale Technologien, beispielsweise über das Programm „Digital Jetzt“. Zudem existieren in vielen Bundesländern regionale Förderprogramme für Automatisierungslösungen – aktuelle Informationen bietet etwa der RBTX‑Förderlotsen.
Angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten weist der VDMA jedoch darauf hin, dass der deutsche Robotik‑ und Automationsmarkt 2024 und 2025 mit Umsatzeinbußen rechnen muss: Die Branche erwartet für 2025 einen Umsatzrückgang um 9 Prozent auf 13,8 Milliarden Euro, nachdem der Umsatz 2024 bereits um 6 Prozent auf 15,2 Milliarden Euro gesunken war.
Diese Schwäche wird insbesondere auf die Abhängigkeit von der Automobilindustrie und strukturelle Wettbewerbsprobleme zurückgeführt. Dennoch rechnet der VDMA ab 2026 wieder mit Wachstum – gerade deshalb können jetzt getätigte Investitionen in Automatisierung langfristig Wettbewerbsvorteile sichern.
Fazit
Die Robotik hat seit 2022 deutlich an Bedeutung gewonnen. Weltweit ist die Zahl der eingesetzten Roboter stark gestiegen, und Deutschland bleibt trotz aktueller Marktschwäche Europas führender Robotikstandort.
Kollaborative Roboter, mobile Logistikroboter und neue Geschäftsmodelle wie Robot‑as‑a‑Service erleichtern kleinen und mittleren Unternehmen den Einstieg. Wer repetetive oder ergonomisch belastende Tätigkeiten automatisieren möchte, sollte sich daher jetzt mit dem Thema auseinandersetzen und die zahlreichen Informations‑ und Förderangebote nutzen.