Aktuelle Umfrage von Ipsos
Künstliche Intelligenz: Zwischen Hype und Angst
Faszination trifft Furcht: Eine internationale Ipsos-Studie offenbart, wie stark Künstliche Intelligenz polarisiert – besonders in Deutschland. Zwischen Vertrauen, Unwissen und Erwartungen klafft eine bemerkenswerte Lücke.
Globale Euphorie trifft auf deutschen Zwiespalt: Die neue Ipsos-Umfrage zum Thema Künstliche Intelligenz in 30 Ländern zeigt deutlich, dass sich die Begeisterung und die Besorgnis weltweit nahezu die Waage halten. Doch in Deutschland ist die Lage besonders ambivalent – 46 Prozent der Befragten äußern Nervosität gegenüber KI-basierten Produkten und Dienstleistungen. Fast genauso viele (45 Prozent) geben sich hingegen begeistert.
Was zunächst wie ein Gleichgewicht wirkt, entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als ein Spiegelbild verunsicherter Erwartungen, geringer Transparenz und technologischem Realitätscheck. Während weltweit mehr als die Hälfte der Menschen (52 Prozent) KI positiv gegenübersteht, liegt Deutschland deutlich darunter – ein Indikator für eine weiterhin vorhandene Zurückhaltung gegenüber dem digitalen Wandel.
Warum das Vertrauen in KI in Deutschland so gering ist
Ein entscheidender Faktor für die Skepsis gegenüber KI ist der Mangel an Vertrauen – insbesondere gegenüber Unternehmen. Nur 41 Prozent der Befragten glauben, dass Unternehmen die persönlichen Daten der Nutzer zuverlässig schützen. Die Mehrheit (50 Prozent) bleibt skeptisch. Etwas mehr Zuversicht besteht gegenüber der Politik: 49 Prozent sind der Ansicht, dass staatliche Stellen den Einsatz von KI regulieren werden – allerdings liegt dieser Wert immer noch unter dem globalen Durchschnitt von 54 Prozent.
Diese Zurückhaltung korreliert direkt mit dem Informationsstand. Nur 59 Prozent der Deutschen meinen, zu wissen, was KI ist – im internationalen Vergleich ein unterdurchschnittlicher Wert. Noch dramatischer ist die Lage beim Wissen über konkrete KI-Anwendungen: Lediglich 40 Prozent können benennen, in welchen Produkten und Services KI bereits heute zum Einsatz kommt.
Wie KI das Leben verändert – und wie die Zukunft eingeschätzt wird
In der Arbeitswelt, im Alltag und in der Gesellschaft hat KI längst Fuß gefasst. 40 Prozent der Befragten in Deutschland berichten, dass KI ihr Leben in den letzten drei bis fünf Jahren spürbar verändert hat. 59 Prozent gehen davon aus, dass sich ihr Alltag durch KI in den kommenden Jahren noch stärker verändern wird – ein Signal für das steigende Bewusstsein über die Reichweite dieser Technologie.
Besonders auffällig ist die wachsende Akzeptanz: Fast die Hälfte der Deutschen (49 Prozent) ist mittlerweile der Meinung, dass die Vorteile der Künstlichen Intelligenz überwiegen – ein Plus von 7 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch bleibt ein signifikanter Teil (47 Prozent) unentschlossen oder skeptisch, was eine klare Kommunikationslücke offenbart.
Wie KI die Arbeitswelt in Deutschland verändert
Der Arbeitsmarkt wird durch KI dynamisch durchgerüttelt – allerdings weniger dramatisch, als oft befürchtet. Nur 19 Prozent der Deutschen glauben, dass ihr eigener Job durch KI ersetzt werden könnte. 43 Prozent rechnen jedoch mit spürbaren Veränderungen in ihrem Berufsalltag innerhalb der nächsten fünf Jahre – ein Zuwachs von 8 Prozentpunkten gegenüber 2023.
Interessant ist hierbei, dass lediglich 28 Prozent eine positive Veränderung durch KI im Arbeitsumfeld erwarten. Die Mehrheit glaubt: Es bleibt, wie es ist – oder wird sogar komplizierter. Diese Erwartungshaltung zeigt deutlich, dass KI zwar als potenzielles Werkzeug wahrgenommen wird, aber nicht automatisch mit Fortschritt und Produktivitätsgewinn assoziiert wird.
Welche Bereiche heute schon von KI profitieren – und welche nicht
Ein differenziertes Bild zeigt sich auch beim Blick auf konkrete Lebensbereiche:
Effizienzsteigerung im Alltag: 40 Prozent sehen durch KI eine Erleichterung bei persönlichen Erledigungen.
Unterhaltung: 44 Prozent erwarten ein verbessertes Angebot im Medien- und Freizeitbereich.
Gesundheit: Nur 26 Prozent erhoffen sich Fortschritte im medizinischen Sektor – ein ernüchternder Wert, der verdeutlicht, wie stark hier noch Überzeugungsarbeit nötig ist.
Diese Zahlen unterstreichen, dass KI zwar in vielen Bereichen ankommt – jedoch nur dann, wenn der Nutzen unmittelbar erlebbar wird.
Darum ist Transparenz der Schlüssel zur Akzeptanz von KI
Ein zentrales Anliegen vieler Bundesbürger ist die Transparenz beim KI-Einsatz. 79 Prozent fordern eine klare Kennzeichnung, wenn KI in Produkten und Dienstleistungen verwendet wird. Dieser Wunsch nach Offenheit spiegelt ein grundlegendes Bedürfnis nach Kontrolle und Sicherheit wider.
Der Wunsch nach Aufklärung zieht sich durch alle Altersgruppen und Branchen. Fehlende Informationen, intransparente Algorithmen und unklare Datenflüsse schüren Ängste – nicht nur gegenüber der Technologie, sondern auch gegenüber den Anbietern.
Fakten vs. Fake News: Wie steht es um Desinformation durch KI?
Ein besonders sensibles Thema bleibt die Rolle von KI in der Verbreitung von Falschinformationen. Nur 48 Prozent der Deutschen glauben, dass KI hilfreich im Kampf gegen Fake News sein kann – der niedrigste Wert weltweit. Gleichzeitig erwarten 46 Prozent, dass sich Desinformation durch KI sogar verschärft.
Dieses Misstrauen könnte nicht nur technologische Entwicklungen bremsen, sondern auch das Vertrauen in Medien, Plattformen und politische Kommunikation nachhaltig erschüttern.
KI in Deutschland: Zwischen digitalem Realismus und Innovationsdruck
Der deutsche KI-Kurs ist ein Spagat zwischen Euphorie und Skepsis. Während die Vorteile zunehmend erkannt werden, bleibt die Unsicherheit groß. Das spiegelt sich nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung wider, sondern auch in der strategischen Umsetzung in Unternehmen.
Dr. Markus Eberl, Chief Analytics Officer bei Ipsos, bringt es auf den Punkt: „Nach der initialen Euphorie im Hype um KI haben die Erwartungen und Befürchtungen ein realistisches Ausmaß erreicht. Die Angst, der eigene Job ist in Gefahr, weicht zunehmend mehr den Möglichkeiten, die im privaten und beruflichen Umfeld damit zusammenhängen. Jetzt ist die Zeit, die neuen Entwicklungen zunehmend produktiv auch in Unternehmen einzusetzen.“
Dieser „Realismus-Shift“ könnte zum zentralen Treiber für den nächsten Innovationsschub werden – vorausgesetzt, Unternehmen und Politik schaffen es, durch Transparenz, Weiterbildung und nachvollziehbare Anwendungsbeispiele Vertrauen aufzubauen.
(Quelle: Ipsos)
FAQ – Künstliche Intelligenz in Deutschland: Zwischen Begeisterung und Besorgnis
1. Wie stehen die Deutschen aktuell zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz?
Die Meinungen sind gespalten: 46 Prozent der Deutschen empfinden Nervosität gegenüber KI-gestützten Produkten und Dienstleistungen, während 45 Prozent Begeisterung zeigen. Damit liegt Deutschland unter dem globalen Durchschnitt, wo sowohl Nervosität (53 Prozent) als auch Begeisterung (52 Prozent) höher ausfallen.
2. Vertrauen die Deutschen Unternehmen, die KI einsetzen?
Das Vertrauen ist begrenzt. Nur 41 Prozent glauben, dass Unternehmen persönliche Daten im Zusammenhang mit KI ausreichend schützen. Deutlich mehr – 50 Prozent – äußern Skepsis. Größeres Vertrauen besteht gegenüber der Politik: 49 Prozent sind überzeugt, dass die Regierung KI-Einsätze regeln wird.
3. Wie gut fühlen sich die Deutschen über Künstliche Intelligenz informiert?
Nur 59 Prozent der Deutschen geben an, ein gutes Verständnis von KI zu haben – international betrachtet ist das ein niedriger Wert. Beim Wissen über konkrete KI-Anwendungen herrscht noch mehr Unsicherheit: 47 Prozent wissen nicht, in welchen Produkten oder Services KI bereits heute steckt.
4. Welche Auswirkungen wird KI auf den Arbeitsmarkt in Deutschland haben?
43 Prozent der Befragten erwarten, dass sich ihr Arbeitsplatz in den nächsten fünf Jahren durch KI verändern wird – eine Zunahme von 8 Prozentpunkten gegenüber 2023. Nur 19 Prozent glauben, dass KI den eigenen Job ersetzen könnte. Die Mehrheit rechnet eher mit gleichbleibenden Verhältnissen.
5. In welchen Bereichen sehen Deutsche Vorteile durch KI?
Vor allem bei alltäglichen Aufgaben (40 Prozent) und im Unterhaltungsangebot (44 Prozent) wird KI als hilfreich empfunden. In der Gesundheitsversorgung erwarten jedoch nur 26 Prozent der Befragten Verbesserungen. Beim Thema Fake News überwiegt hingegen die Sorge: 46 Prozent sehen durch KI eine Verschärfung von Desinformation im Netz.