European Robotics Crisis

(Bild: Dall-E)

rOBOTIK IN DER iNDUSTRIE pODCAST
(Bild: pixelkommaton)

Jede Woche diskutieren Helmut Schmid und Robert Weber im Podcast über Robotik in der Industrie – es geht um neue Technologien, Märkte, Menschen, Ausbildung und Anwendungen. Die beiden wollen vor allem auch kleine und mittelständische Unternehmen ermutigen, Robotik einzusetzen, denn neben künstlicher Intelligenz und dem Internet of Things ist Robotik ein Megatrend in der industriellen Fertigung.
Helmut Schmid arbeitet seit vielen Jahren in der
Robotikwelt. Robert Weber ist Fachjournalist für
Industriethemen.

Robert Weber
Robert Weber ist Fachjournalist und Geschäftsführer der PR-Beratung Pixel Komma Ton. Unter anderem war er Chefredakteur eines angesehenen Automatisierungsmagazins und lehrt an der TH Nürnberg. (Bild: pixelkommaton)

Wenn die Chinesen etwas machen, dann machen sie immer viel zu viel“, scherzte vor einigen Wochen ein Brancheninsider im Hintergrundgespräch. Doch an der flapsigen Bemerkung ist doch was Wahres dran und die Sorgenfalten mancher Robotiker werden von Woche zu Woche tiefer. Was für Immobilien, für den E-Commerce und was für Autos gilt, gilt jetzt auch für Roboter. Die Wettbewerber aus dem Reich der Mitte gründen Europa-Niederlassungen, bauen Personal auf.
Ich habe in den letzten vier Wochen noch nie so viele Vernetzungsanfragen über LinkedIn von „Marketing und Sales-Verantwortlichen“ von chinesischen Robotik-Anbietern bekommen. Schöne Grüße an Tracy!

Automation NEXT: Wir schreiben, what´s next!

ANX 6 / 2024
(Bild: ANX)
  • Dieser Artikel stammt aus der ersten Ausgabe von Automation NEXT, dem neuen Magazin für Automatisierung und Konstruktion.
  • Automation NEXT ist der Zusammenschluss der Titel ke NEXT und IEE, der digital bereits im November 2023 stattgefunden und nun auch in gedruckter Form vollzogen wird.
  • Das Magazin Automation NEXT erscheint in acht Ausgaben pro Jahr mit einer gedruckten Auflage von 30.000 Exemplaren.
  • Hier gehts zum Abo: https://fachzeitschriften.shop/products/automationnext
Helmut Schmid
Helmut Schmid ist Robotik Experte, Start-up Berater, Early Stage Investor, Beirat sowie Interim Manager. Unter anderem war er Geschäftsführer bei Universal Robots und Franka Emica. (Bild: pixelkommaton)

Aber Tracy und ihre Kolleginnen und Kollegen sind nicht erst seit einigen Monaten aktiv in Deutschland. Seit zwei Jahren bauen Robotiker aus China ihr Service- und Integrator-Netz gezielt auf. Jetzt ziehen sie das Tempo nochmal an. Auch, weil vielleicht der US-Markt schwieriger für chinesische Unternehmen wird.
Die Robotiker stellen Personal ein und auch die Integratoren, vor allem kleinere, sehen die Chance, sich über den Preis der chinesischen Roboter in Zukunft zu differenzieren. Für einen Integrator zählen die Benutzerfreundlichkeit, die Stör- oder Fehleranfälligkeit (wie oft muss ich raus?) und der Gewinn pro Roboter. In allen drei Punkten haben die Chinesen aufgeholt und heute sehen wir Komplettpakete für ein Palettier-System von 30 000 Euro. Wow!
Wenn wir das Nutzerverhalten auf der Plattform Unchained Robotics dazunehmen, dann stehen vor allem günstige Roboter hoch im Kurs. Große Mittelständler wollen die Systeme testen, im Zweischichtbetrieb damit ‚mal‘ über die Runden kommen und danach mehr Systeme anschaffen. Die probieren aus, lernen über einen längeren Zeitraum und geben dann eine größere Bestellung auf – in China.
Aber nochmal zurück zu den Integratoren: Was sich Anfang des Jahres schon angedeutet hat, wird Herbst 2024 bittere Realität. Viele Robotik-Integratoren kämpfen um das Überleben. IBK-Ingenieurconsulting  aus Hannover musste im Juni Insolvenz anmelden. Der letzte Eintrag bei Northdata stammt vom 6. August: Liquidation. Auch bei Marc Engineering steht Liquida­tion. Einige Integratoren konnten wieder einen Investor finden – vor allem aber aus den lokalen Netzwerken. Die M&A-Berater kommen kaum mehr nach mit ihren Übernahmelisten.

Im Gespräch erklärte mir ein Branchenexperte: „Das sind keine Investitionen in die Zukunft oder in neue Ideen und Produkte, sondern da verschaffen sich einige gerade ein bisschen Luft. Darum wird das auch nicht an die große Glocke gehängt.“ Höchstens lokale Medien berichten über Geschäftsaufgaben und neue Partner, die Geld beisteuern. Kurios: In der Not versuchen manche noch schnell einen Webshop hochzuziehen, doch das kommt meistens viel zu spät.
Nicht jeder findet in diesen Tagen einen Geldgeber. Viele Unternehmen wackeln – der Südwesten sei besonders betroffen, heißt es in Robotikkreisen. „Die Stimmung ist schlecht“, hört man bei vielen Integratoren. Die Automobilindustrie fuhr und fährt Projekte massiv zurück, Rahmenverträge werden nicht abgerufen, Projekte wurden und werden verschleppt und viele Unternehmen würden im Moment vor allem Kleinstprojekte in der Robotik starten, die kaum Marge versprechen. Viele Integratoren haben in den letzten Jahren gut mit der Automobilindustrie verdient, oft, vielleicht zu viel auf eine Karte gesetzt und trotzdem sind bei vielen die Margen oft unter 10 Prozent. Bei einem Integrator kommen auf rund 20 Automotiveprojekte nur drei bis vier Aufträge aus dem Mittelstand beziehungsweise aus anderen Branchen. Dazu kommt: Die meisten Integratoren entwickeln Individualanlagen, die Modularisierung fehlt, und das rächt sich jetzt. Vor allem das Verschleppen von Projekten ist ein riesiges Problem gerade. „Du hast als Integrator investiert und der Kunde kommt nicht voran mit dem Projekt, Du kannst aber auch noch nicht abrechnen. Das ist bei manchen auch sicher Taktik und dann machst du die Grätsche. Und bei der schlechten Marge, dann droht schnell die Insolvenz.“
Und wann wird es besser? Die Automatisierungs-Auguren rechnen im Frühsommer 2025 mit einer besseren Marktlage für die Automatisierung und die Robotik. Das ist noch eine Durststrecke.

Autor: Robert Weber, Fachjournalist für Industriethemen

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