KukaRoboter Anlauf,

In der Schokoladenmanufaktur Zotter schwenkt der Roboter die Schokoladenform gefühlvoll. - (Bild: Kuka)

Demografischer Wandel, Fachkräftemangel, individuelle Kundenwünsche und steigende Lohnkosten – mit Ansätzen der Industrie 4.0 lassen sich viele Herausforderungen lösen, die auch die Handwerksbranche in Deutschland umtreiben. Um auch in Zukunft eine bedeutende wirtschaftliche und gesellschaftliche Rolle zu spielen, muss die Branche neue Wege gehen. Roboter können die Lösung sein. Dennoch gibt es Bedenken. „Viele Handwerksunternehmen sind Robotern gegenüber skeptisch, weil sie zum einen die Investitionskosten scheuen und zum anderen befürchten, nicht das nötige technische Know-how zu besitzen“, sagt Werner Hampel, Automatisierungsexperte und Geschäftsführer des Unternehmens Robtec. Außerdem bestehe oft die Sorge, dass Roboter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ersetzen könnten. Dabei ist oft das Gegenteil der Fall: Entlastet ein Roboter, bleibt Mitarbeitern mehr Zeit für die kreativen Aufgaben des Handwerks. Und viele weitere positive Effekte sprechen für die Automatisierung. Roboter erledigen Aufgaben, die zeitintensiv sind – und schleppen schwere Werkstücke klaglos von A nach B. Dabei können ihnen selbst Staub und Dreck nichts anhaben.

Roboter fräst Werkstücke

Eigenstetter,
Beim Familienbetrieb Eigenstetter in Rehna bei Schwerin fräst der KR 500 Fortec große dreidimensionale Werkstücke. - (Bild: Kuka)

Beim Familienbetrieb Eigenstetter in Rehna bei Schwerin fallen täglich viele Späne, Holzstaub liegt in der Luft. Die Tischlerei hat sich auf große Türen, Fenster und den Innenausbau spezialisiert. Als sie vor rund zehn Jahren einen komplexen Auftrag annahmen, war ein Kuka-Roboter des Typs KR 500 Fortec die einzige Lösung. Denn die kreisrunde Haustür mit Stichbogen war schlicht zu groß für übliche CNC-Maschinen. Und auf der anderen Seite habe es sich nicht gelohnt, die Bauteile in mehreren Teilen anzufertigen, so Martin Eigenstetter. Der KR 500 Fortec fräst große dreidimensionale Werkstücke. Benötigte Fräswerkzeuge wechselt der Roboter selbstständig und stellt je nach Prozess von 3-Achs- auf 5-Achs-Betrieb um. Die große Anschubfinanzierung übernahm das Zentrale Innovationsprogramm (ZIM) des Bundeswirtschaftsministeriums, denn die Entwicklung der roboterbasierten CNC-Fertigung war ein wahres Mammutprojekt.

„Es erschien als naheliegende Idee, wenn man nicht den Weg der Herde gehen und damit auf abgegraste Weiden kommen wollte“, sagt der studierte Maschinenbauer Martin Eigenstetter zu diesem Schritt. „Wir haben im Grunde bei null angefangen und eine technische Aufgabe nach der anderen gelöst – von der Maschinengestaltung und Auslegung bis zum Zusammenspiel der Hardwarekomponenten beziehungsweise von Hard- und Software“, erklärt der Maschinenbauer weiter. Sein Vater, Axel Eigenstetter, ist Tischlermeister und Geschäftsführer. Bis zur Einführung des Roboters war die Tischlerei CNC-frei. Man setzte auf hohe traditionelle Handwerkskunst. Zur Anschaffung des Roboters sagte er in einem Fachmagazin: „Perspektivisch wird niemand umhinkommen, sich mit der Digitalisierung zu beschäftigen, um schneller zu werden und seine Produktion besser in den Griff zu bekommen.“ Wieder­holbarkeit, neue Umsetzungsmöglichkeiten, mehr Sicherheit und Entlastung der Mitarbeiter seien Stichworte, die dank des Roboters machbar wurden, so Martin ­Eigenstetter.

Pausenlos im Einsatz

Schüco,
Der Türen- und Fensterhersteller Schüco hat zusammen mit Kuka eine neue Roboterzelle entwickelt. - (Bild: Kuka)

Roboter in der Handwerksbranche haben auch den Vorteil, dass sie zeitintensive Aufgaben abarbeiten können, wenn der Handwerker selbst gar nicht im Betrieb ist. Der Türen- und Fensterhersteller Schüco hat zusammen mit Kuka eine neue Roboterzelle entwickelt: die RX Load 500. Hier trifft ein KR Quantec ultra auf eine CNC-Maschine und sorgt für Entlastung. Das für den Handwerker zeitraubende Be- und Entladen der Maschine mit Profilen übernimmt der Kollege Roboter. Ohne Pause oder Unterbrechungen und vollkommen autark arbeitet die Roboterzelle die 6 m langen und rund 40 kg schweren Aluminiumstangen ab. Der Handwerker selbst kann sich in der Zeit bereits um die Montage von Fenstern und Türen kümmern – oder er macht Feierabend und lässt die Roboterzelle über Nacht arbeiten. „Es gibt bereits Interessenten“, sagt Tina Diekmann, PMO & Marketing Fabrication Products von Schüco. Aktuell steht bisher ein RX Load 500 im Showroom im schwäbischen Wertingen. Bald kommt eine zweite Zelle in der Schüco-Zentrale in Bielefeld hinzu. „Im Herbst planen wir, die erste Anlage bei einem Kunden aufzustellen“, sagt Diekmann. Ein Vorteil der vollautomatischen Roboterzelle ist, dass die Bedienung sehr benutzerfreundlich ist. „Für die Zelle muss sich der Handwerker nicht mit Roboterprogrammierung auskennen“, erklärt Diekmann. Denn die bereits integrierte CNC-Maschine AF 500 enthält ein zusätzliches Modul namens Run my Robot. Darin sind vorprogrammierte Einstellungen für bestimmte Profile hinterlegt. Der Handwerker kann sofort loslegen.

Handwerkskunst zum Dahinschmelzen

Roboterzellen können auch platzsparender sein als konventionelle Lösungen, wie etwa Rollbänder oder große Maschinenaufbauten. Da wäre zum Beispiel die Schokoladenmanufaktur Zotter im österreichischen Bergl bei Riegersburg. Der kleine Lebensmittelbetrieb wollte eine neue Anlage verwirklichen: „Wir suchten nach einer kompakten Lösung, da uns der Platz in der Produktion fehlte“, sagt Alexander Hödl, Techniker bei Zotter. Mithilfe zweier Kuka-Roboter umging der Betrieb den Aufbau einer großen Förderbandstrecke – und stellte sogar drei neue Mitarbeiter für den reibungslosen Ablauf der Roboterzelle ein. Ein Roboter des Typs KR Agilus greift bei Zotter nun Formen, in die flüssige Schokolade gefüllt wird. Durch gefühlvolles Schwenken verteilt sich die Schokolade optimal.

„Wir suchten nach einer kompakten Lösung, da uns der Platz in der Produktion fehlte.“


Alexander Hödl, Techniker bei Zotter

Anschließend stellt er die Formen in einen Kühlschrank. Auf der anderen Seite entnimmt ein zweiter Roboter die ausgekühlten Riegel und befördert sie auf ein Laufband zu einem Mitarbeiter, der sie aus den Formen entfernt. Neben den zwei KR Agilus in der Produktion warten noch zwei weitere Kuka-Roboter im hauseigenen Schokoladenladen auf Gäste. Über ein Touchfeld können sich die Besucher Pralinen aussuchen, die ihnen die Roboter dann servieren. „Wir wollten damit die Präzision und Flexibilität der Maschinen präsentieren“, sagt Hödl.

Bleibt nur zu sagen: Von Fensterprofil bis Haustür, von Aluminium bis Schokolade – Kollege Roboter überzeugt mit konstanter Qualität und vielfältigen Einsatzbereichen im Handwerk.

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