Wach- und Objektschutz

Wie Kollege Roboter die Security-Branche revolutioniert

Bild zeigt den Roboterhund Spot und den vierrädrigen Roboter Argus beim patrouillieren auf menschenleerem Werksgelände in der Dämmerung
Patrouillieren gemeinsam auf menschenleerem Werksgelände: Roboterhund Spot und sein vierrädriger Kollege Argus (im Hintergrund)

Die Arbeit von Wachpersonal ist anstrengend, monoton und oft schlecht bezahlt. Roboter springen in die Bresche. Mit Security Robotics spielt ein deutsches Start-up vorne mit.

Wer ist Security Robotics?

Das Unternehmen Security Robotics ist seit 2021 aktiv. Entstanden ist es aus einer Forschungsarbeit der Ciborius Gruppe. Ciborius ist ein 2006 gegründeter Dienstleister für Sicherheits- und Servicedienste und das Facility Management. Zu den Kunden gehören etwa Bundes- und Landesbehörden sowie Banken und Unternehmen aus der Industrie, Logistik oder dem Bausektor.

Warum ist Robotik für die Zukunft der Security Branche wichtig?

Vertrautes Verhältnis: Aleksej Tokarev, Geschäftsführer von Security Robotics, mit dem Empfangsroboter Promobot
Vertrautes Verhältnis: Aleksej Tokarev, Geschäftsführer von Security Robotics, mit dem Empfangsroboter Promobot

Die Sicherheitsbranche leidet zunehmend an einem Spannungsfeld: Auf der einen Seite stehen laut einer Studie der Marktforscher von Lünendonk Kundenanforderung nach gut ausgebildeten Mitarbeitern. Auf der anderen Seite der Medaille finden sich unattraktive Arbeitszeiten, monotone Arbeitsbedingungen und eher niedrige Löhne. Aleksej Tokarev, IT-Spezialist und Geschäftsführer von Security Robotics, hat früher selbst als Security-Mitarbeiter gearbeitet und weiß: “Der Arbeitsmarkt ist leergefegt, wir müssen uns daher in Richtung Robotik entwickeln.”

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Welche Roboter setzt Security Robotics ein?

Aktuell sind bei Security Robotics vier Robotersysteme im Einsatz:

Empfangsroboter Promobot
Der humanoide Empfangsroboter Promobot ist ein Multitalent: Ausgerüstet mit Stereo-Kameras, Lidar, Ultraschallsensoren, Barcode- und Ausweisscanner, Thermo- und Fotoprinter, Lautsprecher und Mikrofonen sowie Kartenspender und Bezahlterminal kann er ein Vielzahl von Aufgaben übernehmen.
Empfangsroboter Promobot
Am Empfang eines Unternehmen postiert kann er zum Beispiel Besucher begrüßen, deren Ausweis prüfen, ihnen den Weg im Unternehmen weisen und ihnen dazu noch einen kleinen Lageplan ausdrucken. “Promobot ist ein Rohdiamant”, ist Tokarev von dem 130 Kilogramm schweren Robot begeistert.
Quad-Roboter Argus steht auf einem Parkplatz auf seiner Ladestation
Wie ein Quad mit einem Kameraturm am Ende sieht der 155 Kg schwere Argus aus. Das Fahrzeug kann mit vollen Batterien für 10 bis 12 Stunden auf vordefinierten Routen oder ferngesteuert von einem Operator etwa auf einem Firmengelände patrouillieren.
Blick auf den Kameraturm des Quad-Roboters Argus
Durch den 1,75 Meter hohen Turm mit mehreren Kameras kann Argus auch über Hindernisse hinweg sehen.
Roboterhund Spot auf Industriegelände
Der von Boston Dynamics entwickelte Roboterhund Spot wird von Security Robotics mit zusätzlicher Sensorik und Rechenleistung ausgestattet. Ein wesentliches Element ist dabei ein Lidar-Scanner von Boston Dynamics auf dem Rücken. Die herkömmlichen Kameras von Spot lassen bei der autonomen Bewegung nur einen Radius von vier Metern für eine Bewegung zu, eher der Hund aus Sicherheitsgründen anhalten und die Situation neu bewerten muss. Dagegen kann das Laser-basierte Lidar (LIght Detection and Ranging) mögliche Hindernisse und andere Objekte in einem Radius von 50 Metern erfassen - und das auch bei Dunkelheit oder Nebel.
Roboterhund Spot klettert Kielhalde hinauf
Um die so erfassten Daten nicht über eine Mobilfunkverbindung an die Leitstelle senden zu müssen, experimentieren Tokarev und seine Kollegen mit einem sogenannten Edge-Device, das am Spot angebracht wird. Dabei handelt es sich um einen handtellergroßen Rechner, die eine Vorauswertung der Sensordaten vornimmt und so die zu übermittelnde Datenmenge drastisch reduziert.
Security-Robotics-Chef Tokarev erläutert die Drohne Bee
Beehive: Das System aus Drohne (Bee) und Ladestation (Hive) kommt aus der Schweiz und wurde gezielt für den Security-Einsatz entwickelt.
Quadcopter-Drohne im Flug vor grauen Wolken
Der 1,5 Kg schwere Quadcopter kann mit vollen Batterien für 15 Minuten plus 5 Minuten Reserve in der Luft bleiben und dabei mit maximal 14,4 km/h fliegen.
Bildschirm zeigt in Farbe einen virtuellen Zaun für eine Drohne
Das Einsatzgebiet der Drohne kann über einen virtuellen Zaun (Geofence) - auf dem Bild der Drohnenkamera in gelb zu erkennen - in der Software begrenzt werden.
Ladestation für Quadcopter-Drohne
Der “Bienenstock dient nicht nur dem Aufladen der Drohne, er sammelt auch Informationen über Wetterverhältnisse und angemeldetem Flugverkehr (z.B. Rettungshubschrauber) und gibt dem User Empfehlungen für das Go/No Go der Drohne.

Das ist die Vision von Security Robotics

Tokarev und seine Entwickler wollen die im Sicherheitseinsatz befindlichen Roboter zu einem Schwarm mit einer Art “Arbeitsteilung” verknüpfen. So könnte künftig in einem Bürogebäude ein Promobot am Empfang stehen. Kommt ein unerwünschter Eindringling an ihm vorbei, informiert er die Spot-Roboterhunde, die auf den Etagen patrouillieren. Versucht der Eindringling zu fliehen, kann er von der Bee-Drohne im Außenbereich verfolgt werden. Die entsprechende Software auf Basis von KI-Algorithmen sei weit gediehen, so der Security-Robotics-Chef: “Es ist noch kein fertiges Produkt, aber wir können es heute schon demonstrieren.”

Bei einer Veranstaltung von Security Robotics konnten die Teilnehmer erleben, wie eine von einem Videoturm erkannte Person per Schnittstelle an das Drohnensystem Beehive übergeben und von diesem verfolgt und gefilmt wurde. Parallel dazu wurden die Daten an die ebenfalls integrierte Leitstellensoftware LISA übertragen. Basis dafür ist die von Security Robotics entwickelte Software ROI (Robot Ontology Interface).

„Roboter sind das Ergebnis elektromechanischer Höchstleistungen, aber sie entwickeln ihre wahren Fähigkeiten erst durch individuelle Programmierung und die Vernetzung mit anderen Robotern“, erklärt Aleksej Tokarev.

Welche Aufgaben können Sicherheitsroboter übernehmen?

Im Prinzip können Roboter viele der Aufgaben übernehmen, die auch Menschen im Sicherheitsdienst ausführen: Objektschutz, Inspektionsläufe und Empfangsdienste sind derzeit die Haupteinsatzgebiete. In Deutschland steht der Einsatz von intelligenten Roboterlösungen im Bereich von Objektsicherheit und Services noch relativ am Anfang. In Ländern wie Japan, Südkorea oder USA werden neue Gebäudekomplexe heute schon von vorneherein auf die Überwachung und Steuerung durch Roboter ausgelegt.

Dort sind beispielsweise Teile der Werksflächen nicht mehr von Zäunen umspannt, da vernetzte Sicherheitsroboter die Gelände engmaschiger kontrollieren und schützen können als jeder Zaun.

Eine interessante Anwendung ist es auch, durch einen Drohnenüberflug die Anzahl von Menschen oder Autos auf einem bestimmten Areal präzise zu erfassen. Dafür werden die Kamerabilder von einem KI-Algorithmus ausgewertet.

Welche Vorteile haben Roboter im Wachschutz?

Zwar fallen für Roboter zunächst höhere Investitionskosten an, dafür können Roboter zumeist rund um die Uhr eingesetzt werden. Sie benötigen keine Pausen - außer zum Aufladen der Batterien - oder Urlaub.

Ein weiterer Vorteil ist, dass sich das "Know-how" eines Roboters - zum Beispiel eine programmierte Route - leicht auf andere Roboter übertragen lässt, während Menschen eine Einarbeitungszeit für neue Aufgaben brauchen.

Dabei arbeiten Roboter sehr ressourcenschonend, denn sie verbrauchen dank ausgefeilter Antriebs- und Steuerungstechnik nur wenig Strom. Im Gegensatz zu bemannten Sicherheitsdiensten müssen sie weder zur Arbeit pendeln, noch erfordern sie am Arbeitsort Fahrzeuge, Heizung oder Flutlicht.

Woran scheitern Sicherheitsroboter heute noch?

Im Auslieferungszustand kann Spot schon von einer simplen Glasscheibe aufgehalten werden. Seine rein Kamera-basierte Sensorik ist nicht in der Lage, das transparente Hindernis eindeutig zu erkennen. Das ließe sich allerdings durch Ultraschallsensoren leicht ändern.

Auch das Öffnen von Türen ist für Roboter häufig noch ein Problem. “Wir sind aber in Kontakt mit den Herstellern von Aufzügen und Türsystemen, um hier zu automatisierten Lösungen zu kommen”, so Tokarev.

Was dürfen Roboter im Wachdienst - und was nicht?

Natürlich darf kein Roboter einen Einbrecher mit vorgehaltener Waffe festhalten, bis die Polizei kommt, soviel ist klar. Einen “Robocop” wird es in Deutschland so schnell nicht geben.

Im Alltag heute gelten ganz profane rechtliche Rahmenbedingungen. Da Security-Roboter mit Hilfe von Kamera-basierter Gesichtserkennung berechtigte von unberechtigten Personen unterscheiden, gilt für die Speicherung der entsprechenden Daten die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Um ihr gerecht zu werden, arbeitet zum Beispiel Spot speziell für diesen Zweck mit einer Thermalkamera: “Das ist gut für die DSGVO, aber schlecht für die Beweissicherung”, so Aleksej Tokarev. Darüber hinaus finden die Datenspeicherung nachweislich in Europa statt, um die Regelungen einzuhalten.

Auch für den Drohneneinsatz gelten klare rechtliche Regeln etwa in Bezug auf das Startgewicht und die Fluggeschwindigkeit.

Wo kommen Security-Roboter schon zum Einsatz?

Im Außenbereich eines ostdeutschen Logistikzentrums von Media Markt/Saturn gehen die Roboter Argus und Spot bereits gemeinsam auf Streife.

Zugleich laufen viele Projekte, um weitere Einsatzbereiche zu erproben: So wird aktuell etwa ein Wach- und Inspektionseinsatz von Spot im Gleis- und Fahrzeugbereich bei der Deutschen Bahn evaluiert.

Im Rahmen der DFL/DFB Projektgruppe Stadioninnovation hat Security Robotics das durch künstliche Intelligenz unterstützte Drohnensystem Beehive demonstriert: Vor den Augen der Verantwortlichen von DFL/DFB und zahlreicher Erstligavereine konnte das Drohnensystem im Dortmunder Signal-Iduna Park seine Fähigkeiten zur effizienten Geländeüberwachung und Identifikation verdächtiger Vorgänge und Objekte zeigen. Aufgrund dessen wurde das Drohnensystem mittlerweile an die Ligavereine weiterempfohlen.