8 Trends für 2017

Cyberkriminalität: Die schlechten Vorsätze für das neue Jahr

Hacker in Aktion (Symbolbild).
Hacker in Aktion (Symbolbild).

Der IT-Sicherheitsanbieter Trend Micro erwartet für 2017 die Weiterentwicklung der Erpresser-Software. „Business Email Compromise“ wird der neue Favorit der Angreifer. IoT und IIoT rücken in den Fokus der Kriminalität.

Nachdem 2016 als das Jahr der Online-Erpressung in die Geschichte eingehen wird, wird sich Ransomware im kommenden Jahr in mehrere Richtungen weiterentwickeln, so zumindest die Erwartung des TI-Sicherheitsanbieters Trend Micro. Acht Trends hat das Unternehmen für 2017 identifiziert, darunter - leider - erfolgsversprechende Betrugs- und Schadmaschen Krimineller, aber auch neue Verpflichtungen für Unternehmen.

Erpresser-Software: Angriffsmethoden und -ziele werden vielfältiger

Wie von Sicherheitsexperten erwartet hat sich 2016 zum Jahr der Cyber-Erpressung entwickelt. Das lag an mehreren Faktoren: Die Angriffe vereinen unterschiedliche Verteilungsmethoden und nicht zu knackende Verschlüsselung mit ihren Drohkulissen. „Ransomware-as-a-Service“ ist ein Geschäftsmodell, bei dem Betreiber ihre Infrastruktur an Cyberkriminelle vermieten. Dies brachte auch technisch nicht Versierte ins Geschäft. Und schließlich konnten Hacker nach der Veröffentlichung von Ransomware-Code ihre eigenen Versionen erstellen. Dies alles führte dazu, dass zwischen Januar und September ein 851-prozentiger Anstieg an Ransomware-Familien zu verzeichnen war. Nachdem der Höhepunkt 2016 überschritten wurde, folgt nun eine Periode der Stabilisierung: Für das kommende Jahr rechnen Forscher bei Trend Micros mit einem 25-prozentigen Zuwachs, also 15 neuen Familien pro Monat.

Bei mobilen Endgeräten wird es dieselbe Entwicklung geben wie bei Desktops, weil die Zahl der mobilen Nutzer hoch genug ist, um als Angriffsziel profitabel zu sein. Daneben werden auch Geldautomaten, Point-of-Sale-Systeme oder andere Computing-Terminals betroffen sein.

Anders ist die Situation bei smarten Geräten: Derzeit lohnt es sich noch nicht, sie in Geiselhaft zu nehmen. Es ist beispielsweise günstiger, eine gehackte smarte Glühbirne zu ersetzen als Lösegeld zu zahlen. Und auch wenn sich die Drohung lohnen könnte, die Kontrolle über die Bremsen eines fahrenden Autos zu übernehmen, ist der Aufwand dafür zu hoch.

Größeren Schaden werden Cyberkriminelle mit Erpresser-Software in Industrieumgebungen und Angriffen gegen das industrielle Internet der Dinge (IIoT) anrichten. Denn mit der Drohung, eine Produktionsstraße außer Betrieb zu setzen oder die Parameter einer Anlage wie die Temperatur zu manipulieren, lässt sich mehr Lösegeld erpressen.

IoT-Geräte und DDoS-Angriffe, IIoT-Systeme und gezielte Angriffe

2016 sorgte auch der „Mirai-DDoS-Angriff“ für Aufsehen. Dabei trennten Angreifer mithilfe Tausender ungesicherter Webcams große Websites vom Netz. Der Vorfall war gleichsam der Vorbote von mehr Cyberangriffen auf das Internet der Dinge und dessen zentrale Infrastruktur. Cyberkriminelle machen sich dabei vernetzte Geräte zunutze. Beispielsweise verwenden sie einzelne vernetzte Fahrzeuge für gezielte Angriffe oder offene Router für DDoS-Attacken. IoT-Botnetze können theoretisch DDoS-Angriffe vervielfältigen und größeren Schaden anrichten.

Leider ist auch zu erwarten, dass Anbieter darauf nicht zeitgerecht reagieren werden. Auch das zeigt das Beispiel Mirai: Hier rief der Anbieter zwar Webcams zurück, veranlasste aber keine Code-Reviews für nicht betroffene oder noch kontrollierbare Geräte.

Sobald das Internet der Dinge in Fertigungs- und anderen Industrieumgebungen sowie der Energiebranche stärker Einzug hält, werden Angreifer die Effizienz ihrer „BlackEnergy“-ähnlichen Angriffe erhöhen. In Verbindung mit dem starken Anstieg der Systemschwachstellen in SCADA-Systemen (SCADA = Supervisory Control and Data Acquisition) wird der Wechsel zum industriellen Internet der Dinge nicht vorhersehbare Gefahren und Risiken für Unternehmen und Verbraucher mit sich bringen. Jede dritte Schwachstelle, die Tippingpoint 2016 entdeckte, betraf SCADA-Systeme.

Mehr Business Email Compromise

Das Ziel von „Business Email Compromise“, auch Chefmasche genannt, ist es, ein E-Mail-Konto zu hacken oder einen Mitarbeiter so auszutricksen, dass dieser Geld auf das Konto eines Cyberkriminellen überweist. Im Visier haben die die Betrüger Finanzabteilungen weltweit, wobei mehrere Aspekte die Angriffe so attraktiv machen:

Da ist zum einen die unkomplizierte Handhabung: Für einen Angriff muss lediglich der jeweils beste Weg ausgekundschaftet werden, um eine für das Opfer glaubhafte E-Mail zu erstellen. Häufig lässt sich dies mithilfe einer ausgeklügelten Suchabfrage bewerkstelligen.

Die Angriffe sind außerdem kostengünstig, weil es keiner komplizierten Infrastruktur bedarf. Der durchschnittliche Verdienst bei einem erfolgreichen BEC-Angriff beträgt 140.000 US-Dollar, der geschätzte Gesamtschaden in den vergangenen zwei Jahren belief sich auf drei Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Verdienst bei Ransomware-Angriffen beträgt 722 US-Dollar (derzeit 1 Bitcoin) und kann bis auf 30.000 US-Dollar steigen, wenn ein Unternehmensnetzwerk betroffen ist.

Der schnelle Profit wird die Beliebtheit dieser Erpressungsmethode weiter steigern. Zumal sie sehr schwer zu entdecken ist, weil ja eben kein Schadcode enthalten ist und weil die Mühlen der grenzübergreifenden Gerichtsbarkeit langsam mahlen. Bis beispielsweise ein Nigerianer, der seit 2014 mehrere Unternehmen betrogen hatte, festgenommen wurde, dauerte es über zwei Jahre.

Business Process Compromise: Vor allem Finanzsektor betroffen

Der Angriff auf das Konto der Bangladesh Bank bei der U.S. Federal Reserve Bank of New York verursachte einen Verlust von über 80 Millionen US-Dollar. Anders als bei „Business Email Compromise“, wo die Gefahr in menschlichem Fehlverhalten liegt, beruhte dieser Raub auf einem tiefgehenden Verständnis der Kriminellen dafür, wie große Finanztransaktionen ablaufen.

Trend Micro nennt diese Angriffskategorie „Business Process Compromise“, kurz BPC. Sie betrifft vor allem Finanzabteilungen, aber nicht ausschließlich. Zu den ebenfalls möglichen Szenarien gehört das Hacken von Auftrags- oder Bezahlsystemen. Cyberkriminelle können sich auch in ein Lieferzentrum hacken und wertvolle Güter an andere Adressen umleiten. Einen vergleichbaren Fall gab es bereits: 2013 wurde das Liefercontainer-System des Antwerpener Hafens gehackt. Und warum der Aufwand? Ein Vergleich der „Verdienstmöglichkeiten“ zeigt die Gründe: Ransomware-Angriffe auf Unternehmensnetzwerke 20.000 US-Dollar, BEC 140.000 US-Dollar und BPC 81 Millionen US-Dollar.

Sicherheitslücken: Adobe und Apple überholen Microsoft

2016 wird Adobe zum ersten Mal Microsoft bei der Anzahl aufgedeckter Sicherheitslücken überholt haben. Zu den von der Zero-Day-Initiative veröffentlichten Lücken 2016 betrafen 135 Adobe- und 76 Microsoft-Lösungen. Für Apple war es das Jahr mit den meisten Sicherheitslücken, bis November wurden deren 50 offengelegt – im vergangenen Jahr waren es 25.

Diese Entwicklungen haben damit zu tun, dass Microsofts PC-Verkäufe in den vergangenen Jahren zugunsten von Smartphones und Tablets zurückgegangen sind – dass aber die Verbesserungen Microsofts in puncto Sicherheit die Cyberkriminellen auch dazu getrieben haben, nach Alternativen zu suchen. Dass beispielsweise Apple das iPhone 4S nicht mehr unterstützt, wird zu weiteren Exploits führen, so der Sicherheitsanbieter.

Generell wird die Aufdeckung von Sicherheitslücken unweigerlich zur Entwicklung von Exploits führen, die wiederum in Exploit-Kits integriert werden. Deren Nutzung ging in diesem Jahr zwar zurück, nachdem der Entwickler des Angler Exploit Kits verhaftet wurde, doch wie schon mit BlackHole und Nuclear stehen andere in solchen Fällen bereit.

Cyberpropaganda: Auswirkungen bis hin zur Bundestagswahl 2017

2016 hat nahezu die Hälfte der Erdbevölkerung (46,1 Prozent) Zugang zum Internet, sei es über traditionelle Computer, Smartphones oder Internet-Cafés. Dadurch können immer mehr Menschen schnell und einfach auf Informationen zugreifen, unabhängig von Quelle und Glaubwürdigkeit, und Interessierte die öffentliche Meinung beeinflussen. Die fehlende Überprüfung, ob Informationen glaubwürdig sind, hat zusammen mit übereifrigen Nutzern, die andere vom eigenen Glauben überzeugen wollen, zur weiten Verbreitung gefälschter Inhalte beigetragen. Was es noch schwieriger macht, zwischen Fakt und Fälschung zu unterscheiden.

Welche Macht soziale Medien und Online-Informationsquellen haben, wenn es um politische Entscheidungen geht, haben 2016 einige Beispiele veranschaulicht: Wie Wikileaks für Propaganda eingesetzt wird, zeigte sich bei den US-Präsidentschaftswahlen, als belastendes Material eine Woche vor der Wahl durchsickerte. Beim stetigen Monitoring des cyberkriminellen Untergrunds stießen Trend-Micros-Sicherheitsforscher auf so genannte Script-Kiddies, die mit ihren Einnahmen durch gefälschte wahlbezogene Nachrichten warben. Sie behaupteten, etwa 20 US-Dollar im Monat verdient zu haben, indem sie Internet-Verkehr zu vorgefertigten Inhalten über die Präsidentschaftskandidaten umleiteten. Dedizierte „Cyber-Agenten“ werden sogar dafür bezahlt, Propagandamaterial in sozialen Medien zu posten.

Es bleibt abzuwarten, wie die kommenden Wahlen in Deutschland und Frankreich sowie die EU-feindlichen Strömungen in Großbritannien von elektronischen Medien beeinflusst werden – dass dies passieren wird, ist zu erwarten.

EU-Datenschutz-Grundverordnung bringt mehr Aufwand und höhere Kosten

Ab dem 25. Mai 2018 kommt die bereits in Kraft gesetzte EU-Datenschutz-Grundverordnung zur unmittelbaren Anwendung. Unternehmen müssen dann bei fehlender Compliance Strafen von bis zu vier Prozent ihres Umsatzes zahlen. Nicht allein die EU-Mitgliedsstaaten sind betroffen, sondern Organisationen weltweit, die persönliche Daten von EU-Bürgern sammeln, verarbeiten und speichern. Die damit einhergehenden Änderungen in Richtlinien und Geschäftsprozessen werden zu erheblichen administrativen Zusatzkosten führen.

So wird unter anderem ein Data Protection Officer zur Pflicht, das heißt eine neue Rechnungsposition für Einstellung, Schulung und Stelle eines entsprechend geschulten Mitarbeiters wird in den Unternehmensausgaben auftauchen. Noch ist es ein weiter Weg bis dahin, bis Ende dieses Jahres werden weniger als die Hälfte der Unternehmen einen DPO eingestellt haben.

Zudem müssen Nutzer über ihre neuen Rechte informiert werden und Unternehmen sicherstellen, dass die Nutzer ihre Rechte auch wahrnehmen können. Die dem individuellen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entspringende Einsicht, dass EU-Bürger ihre persönlichen Daten selbst besitzen und somit gesammelte Daten bestenfalls nur sozusagen ausgeliehen sind, wird die gesamten datenbezogenen Arbeitsabläufe beeinflussen.