Impressionen von der Automatica 2022

Robotik-Branche: gute Stimmung trotz einiger "Bremsklötze"

Roboterarm hebt auf der automatica 2022 eine Holzkiste in die Höhe
Auf der ersten Automatica seit 2018 strahlt die Branche Stärke aus. Die Nachfrage nach Automatisierunglösungen ist groß, nicht zuletzt durch einen Arbeitskräftemangel. Ein Problem, mit dem auch die Hersteller selbst zu kämpfen haben.

Auf der Automatica 2022 strahlt die Robotik-Branche viel Zuversicht aus. Sie könnte noch größer sein, wenn nicht Probleme bei Lieferketten und Fachkräften bremsen würden.

Die Robotik- und Automationsbranche in Deutschland profitiert von einem Nachfrageboom: In den ersten vier Monaten 2022 stiegen die Auftragseingänge um 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das konnte der VDMA bei seiner Automatica-Pressekonferenz verkünden. Die dynamische Marktentwicklung hatte sich bereits mit den Ergebnissen für das Jahr 2021 angekündigt. Der Branchenumsatz stieg im vergangenen Jahr um 13 Prozent – und damit sogar noch stärker als erwartet.

„Die Robotik- und Automationsbranche hat Hochkonjunktur“, sagte Frank Konrad, Vorsitzender von VDMA Robotik + Automation. „Die in den Büchern stehenden Aufträge werden die Anbieter allerdings nicht so schnell wie gewohnt abarbeiten können. Jetzt gilt es, Engpässe in den Lieferketten zu managen.“ Dementsprechend wurde die Prognose für das laufende Jahr von einem Umsatzplus von rund zehn Prozent auf jetzt 6 Prozent reduziert. Insbesondere ein Mangel an Elektrotechnik- und Elektronikkomponenten verlängert die Lieferzeiten.

Impressionen aus den Automatica-Hallen:

Die Leichtbaurobotik bekommt schwerere Aufgaben: Auf 20 Kilogramm hat Universal Robot die Nutzlast seines neuen UR20 gesteigert - bei einem Eigengewicht von nur 64 Kilogramm.
Die Leichtbaurobotik bekommt schwerere Aufgaben: Auf 20 Kilogramm hat Universal Robot die Nutzlast seines neuen UR20 gesteigert - bei einem Eigengewicht von nur 64 Kilogramm.
Auch Yaskawa geht in diese Richtung: Mit dem HC30PL mit 30 Kilogramm Payload wird diese Roboterfamilie nach oben erweitert.
Auch Yaskawa geht in diese Richtung: Mit dem HC30PL mit 30 Kilogramm Payload wir diese Roboterfamilie nach oben erweitert.
Für extrem schnelle Anwendungen etwa in Delta-Robotern eignen sich die Getriebe-losen Antriebe von Genesis Robotics aus Kanada, die seit kurzem mit einem Büro in Frankfurt vertreten sind.
Für extrem schnelle Anwendungen etwa in Delta-Robotern eignen sich die Getriebe-losen Antriebe von Genesis Robotics aus Kanada, die seit kurzem mit einem Büro in Frankfurt vertreten sind.
Hat eine extrem kompakte, energiesparende und mit umfangreicher Funktionalität ausgestattete Steuerung für Motoren in der Robotik entwickelt: Synapticon-Gründer und -CEO Nikolai Ensslen (r.) mit seinem Kollegen Jan Kaiser.
Hat eine extrem kompakte, energiesparende und mit umfangreicher Funktionalität ausgestattete Steuerung für Motoren in der Robotik entwickelt: Synapticon-Gründer und -CEO Nikolai Ensslen (r.) mit seinem Kollegen Jan Kaiser.
Eine coole Demo gab es bei Doosan zu sehen: Ein kurzes Schlagzeugsolo, wo Roboterarme dem Drummer die Trommeln und Becken
Eine coole Demo gab es bei Doosan zu sehen: Ein kurzes Schlagzeugsolo, wo Roboterarme dem Drummer die Trommeln und Becken "just in time" an die richtige Stelle bringen.
Ärgert gern seinen Roboter ein bisschen, indem er mit dem Kabel herumwedelt: Prof. Dominik Bösl, Managing Director von MicroPSI. Am Ende gewinnt aber die Software und schnappt sich zielsicher den Stecker - dank einer 2D-Bildauswertung.
Ärgert gern seinen Roboter ein bisschen, indem er mit dem Kabel herumwedelt: Prof. Dominik Bösl, Managing Director von MicroPSI. Am Ende gewinnt aber die Software und schnappt sich zielsicher den Stecker - dank einer 2D-Bildauswertung.
Am Stand von FuzzyLogic durfte auch der Redakteur einen Roboter programmieren, mit Hilfe einer mit Sensorik ausgestatteten Sprühpistole und einer Motion-Tracking-Lösung.
Am Stand von FuzzyLogic durfte auch der Redakteur einen Roboter programmieren, mit Hilfe einer mit Sensorik ausgestatteten Sprühpistole und einer Motion-Tracking-Lösung. Dadurch soll der Robotereinsatz stark flexibilisiert werden.
Auch für das leibliche Wohl - kühles Bier und ein leckerer Snack aus der Pfanne - sorgten auf der Automatica Robotersysteme.
Auch für das leibliche Wohl - kühles Bier und ein leckerer Snack aus der Pfanne - sorgten auf der Automatica Robotersysteme.
Auch der Bier-Nachschub lässt sich in diesem Zusammenhang automatisieren....
Auch der Bier-Nachschub lässt sich in diesem Zusammenhang automatisieren....
Wie süß: bei Asutec durfte der Roboterarm den ganzen Tag mit einer Miniaturfabrik spielen.
Wie süß: bei Asutec durfte der Roboterarm den ganzen Tag mit einer Miniaturfabrik spielen.
Mit einem Laser als End-of-Arm-Tool lassen sich auch Werbebotschaften elegant an die Scheibe projezieren - auch wenn der Kamera-Verschluss ein bisschen was davon verschluckt hat.
Mit einem Laser als End-of-Arm-Tool lassen sich auch Werbebotschaften elegant an die Scheibe projizieren - auch wenn der Kamera-Verschluss ein bisschen davon verschluckt hat.
Sein Unternehmen investiert viel Geld, um die Vision des sich selbst programmierenden Roboters wahr werden zu lassen: OnRobot-CEO Enrico Krog Iversen.
Sein Unternehmen investiert aktuell viel Geld, um die Vision eines sich selbst programmierenden Roboters wahr werden zu lassen: OnRobot-CEO Enrico Krog Iversen.
Neben unzähligen Cobots waren auf der Messe natürlich auch die großen Brüder zu sehen, etwa in Form einer Türabdichtungs-Applikation am Stand von AyTec.
Neben unzähligen Cobots waren auf der Messe natürlich auch die großen Brüder zu sehen, etwa in Form einer Türabdichtungs-Applikation am Stand von AyTec.
Eine sehr spannende Kombination aus einem autonomem Transportsystem und einem Cobot-Arm gab es am Stand von Neura Robotics zu sehen.
Eine sehr spannende Kombination aus einem autonomem Transportsystem und einem Cobot-Arm gab es am Stand von Neura Robotics zu sehen.
Bei Neura signierte auch ein Cobot
Bei Neura signierte auch ein Cobot "handschriftlich" Erinnerungsbilder mit Firmenchef David Reger.
Sieht wie ein zu groß geratener Staubsauger-Roboter aus, FlappyBot ist aber der Prototyp des DLR für eine mobile Faserlegeeinheit, etwa zur Herstellung von Flugzeugtragflächen.
Sieht wie ein zu groß geratener Staubsauger-Roboter aus, FlappyBot ist aber der Prototyp des DLR für eine mobile Faserlegeeinheit, etwa zur Herstellung von Flugzeugtragflächen.
Ein autonomes mobiles Transportsystem nutzte auch Igus, um in den Gängen der Messehallen Werbung für seinen Robotik-Marktplatz RBTX zu machen.
Ein autonomes mobiles Transportsystem nutzte auch Igus, um in den Gängen der Messehallen Werbung für seinen Robotik-Marktplatz RBTX zu machen.
Mit der OmniVance FlexLoader M zeigte ABB erstmals auf der Automatica eine Roboterzelle mit einer direkten Anbindung an die autonomen mobilen Robotern von ASTI Mobile Robotics.
Mit der OmniVance FlexLoader M zeigte ABB erstmals auf der Automatica eine Roboterzelle mit einer direkten Anbindung an die autonomen mobilen Robotern von ASTI Mobile Robotics.
Den Trend zur Plug-and-Play-Lösung nutzt auch Fruitcore Robotics für sich: Mitgründer Patrick Heimburger zeigt die neue Komplettlösung
Den Trend zur Plug-and-Play-Lösung nutzt auch Fruitcore Robotics für sich: Mitgründer Patrick Heimburger zeigt die neue Komplettlösung "horstCUBE plug&play"für die flexible Teilevereinzelung.
Was sich da in gefährlichem Orange-Schwarz um den Roboterarm schlängelt, ist keine Boa Constrictor, sondern die teleskopische Roboter-Energiekette Triflex TRX von Igus.
Was sich da in gefährlichem Orange-Schwarz um den Roboterarm schlängelt, ist keine Boa Constrictor, sondern die teleskopische Roboter-Energiekette Triflex TRX von Igus.
Wem das noch nicht auffällig genug war, der konnte beim Hersteller Reiku ein von innen beleuchtetes Kabelschutzsystem sehen.
Wem das noch nicht auffällig genug war, der konnte beim Hersteller Reiku ein von innen beleuchtetes Kabelschutzsystem sehen.

Baby-Boomer-Rente verschärft den Personalmangel

Die Unternehmen der Robotik und Automation sehen sich zudem einem Arbeits- und Fachkräftemangel ausgesetzt, der sich durch das Ausscheiden der „Baby-Boomer“-Generation aus dem Arbeitsmarkt noch stark beschleunigt. „Der Arbeitskräftemangel lässt sich durch Robotik und Automation allein nicht lösen“, sagt Frank Konrad. „Die Unternehmen bemühen sich nach Kräften, dem Mangel an Nachwuchskräften zu begegnen."

Allerdings brauche man ein stärkeres Engagement von der Politik. Auf die Nachfrage, was damit konkret gemeint ist, sagte Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer des VDMA-Fachverbandes Robotik + Automation: "Die Curricula der Bundesländer sind sehr unterschiedlich, in einigen kommt Technologie als Thema kaum vor". Dabei seien gerade Roboter ein "Iconic Tool", um bei der jungen Generation das Interesse am Thema Automatisierung zu wecken.

500 Euro für ein 1,50-Euro-Bauteil

Die grundsätzlich positive Stimmung machte sich auf der Automatica an den ersten beiden Tagen nicht nur an einem lebhaften Besucherinteresse deutlich, auch viele der insgesamt 600 Aussteller aus 34 Ländern berichteten von großem Interesse an ihren Produkten und hochwertigen Gesprächen an den Ständen. Allerdings sind sie sehr konkret von Lieferengpässen betroffen. So berichtete ein Aussteller, dass eine unverzichtbare Halbleiterkomponente, die ursprünglich in Stückzahlen für 1,50 Euro zu bekommen war, aktuell nur noch in kleinen Mengen am Spotmarkt zu bekommen sein - zu einem Preis von rund 500 Euro pro Stück.

2023 schon die nächste Automatica - mit einem Plus

Nachdem die Automatica durch die Corona-Pandemie eine Pause seit 2018 einlegen musste, wird die nächste Ausgabe der Messe bereits im kommenden Jahr stattfinden. Hintergrund ist, dass in Zukunft die beiden Leitmessen Automatica und Laser World of Photonics unter einem Dach stattfinden sollen.

Dr. Reinhard Pfeiffer, Geschäftsführer der Messe München: „Sowohl Laser wie Automatica bieten als Fertigungsgeneralisten Lösungen für alle Branchen. Und es gibt Schnittmengen, die ausbaufähig sind.“

Die Entscheidung sei logisch, da die Ausstellungsspektren der der beiden Messen perfekt zueinander passen: Laser zum Schweißen, Schneiden, Kennzeichnen und Erfassen sind aus hochautomatisierten Produktionslinien nicht mehr wegzudenken. Und was wäre die Robotik ohne optische und laserbasierte Bildverarbeitung? Gleichzeitig spielten viele Laserapplikationen erst durch die Kombination mit Robotern ihre wirtschaftliche Stärke aus.

Daher finden beide Messen erstmals vom 27. bis 30. Juni 2023 und danach im Zwei-Jahresturnus zeitgleich und unter einem Dach statt.