Hochpräzise Messtechnik von Kistler
Wie der Hyperloop in die Röhre schaut
Fast mit Schallgeschwindigkeit durchs Vakuum einer Röhre rasen: Das Hyperloop-Konzept könnte das Verkehrsmittel der Zukunft sein. Doch noch sind viel Forschung und Entwicklung notwendig. Immer mit dabei: Hochpräzise Messtechnik.
Schneller, effizienter und energiefreundlicher: Der globale Wettbewerb um die besten technologischen Konzepte für eine energiearme Fortbewegung der Zukunft brummt. Engagierte Studierende treiben derzeit im Rahmen der jährlichen European Hyperloop Week die Entwicklung des berührungslosen Schienenverkehrs voran. Um die schwebenden Kapseln pfeilschnell durch vakuumierte Röhren schießen zu lassen, braucht es vor allem eins: hochpräzise, berührungslose Messtechnik, die auf zwei Achsen antennenfrei messen kann.
In ihren Grundzügen stammt die Idee der schwebenden Personenkapseln bereits aus dem 19. Jahrhundert. Ziel der European Hyperloop Week ist es, diese in die konkrete Umsetzung zu bringen. Nachwuchsingenieure aus der ganzen Welt ringen bei der European Hyperloop Week um den besten Entwurf für die druckluftluftgetriebenen Kapseln. So auch der Verein Mu-Zero Hyperloop aus Baden-Württemberg.
Innerhalb kürzester Zeit haben sich die Karlsruher und Stuttgarter Studierenden in der Szene einen Namen gemacht und bemerkenswerte Erfolge erzielt: Im Mai 2020 mit sieben Leuten gestartet, führten Pia Mogge, Robin Köhnlein und Tobias Wittmann in der zweiten Saison als Vereinsvorstand eine Non-Profit-Organisation mit 70 Teammitgliedern. Für die Finanzierung ihrer zukunftsträchtigen Technologie sind sie auf Sponsoren angewiesen, da die Hochschulen allein den finanziellen Aufwand nicht stemmen können.
Präzise und performante zweiachsige Wegmessung
Kistler steht seit letztem Jahr Mu-Zero Hyperloop mit Rat und Tat zur Seite und half den Forschern, ihren Prototyp „Aurora“ mit dem optischen Sensor Correvit auszustatten. Prompt fuhr Mu-Zero Hyperloop im Sommer 2022 auf der European Hyperloop Week den inoffiziellen Weltmeistertitel ein: „Auf dem 260 Meter langen Schienenstrang waren wir die Schnellsten, außerdem bekamen wir auch den Award für das beste Elektronik-Konzept“, sagt Robin Köhnlein, CFO von Mu-Zero Hyperloop.
Aurora verfügt über ein fahrzeugeigenes CAN-System, in das der Correvit-Sensor von Kistler eingebunden ist. „Am Anfang war es schwierig, den Sensor so zu platzieren, dass er eine optimale Sicht auf die Strecke hat, um die Geschwindigkeit und Lage unseres Pods zu messen“ erläutert Köhnlein. „Kistler stand uns jedoch immer unterstützend zur Seite. Sehr geholfen hat uns auch das Testkit zum händischen Ausprobieren des Sensors, um uns erst einmal mit der Technologie, dem Handling und den gesammelten Messdaten vertraut zu machen.“
Der Correvit SFII ist ganz hinten am Fahrzeug befestigt, wird passiv gekühlt und ist in das eigenentwickelte 24V-Bordnetz des Pods eingebunden. Mit seinen Eigenschaften ist der zweiachsige Sensor für die Anwendung geradezu ideal, denn das berührungslose Messprinzip ist besonders hilfreich, sobald der Pod über der Schiene schwebt. Die sogenannte elektrodynamische Levitation über ein rotierendes Drehstromsystem – mit einem optimalen Luftspalt von ein bis zwei Millimetern zwischen Schiene und Fahrzeug – eliminiert zusätzlich zum Luftwiderstand auch den Rollwiderstand. Diese auf dem optischen Messprinzip basierende Technologie von Kistler ist einzig in der Lage, berührungsfrei und zugleich extrem präzise und schlupffrei die Geschwindigkeit des Hyperloop zu erfassen.
„Der Sensor von Kistler ist aus mehreren Gründen sehr relevant für uns“, sagt Hendrik Behling, Business Lead bei Mu-Zero Hyperloop. „Er liefert die Messgrößen Geschwindigkeit, Weg und Beschleunigung direkt an das Regelsystem – essenziell zum Beispiel beim Bremsen, damit der Pod auf der relativ kurzen Strecke rechtzeitig zum Stehen kommt. Die zweite Messachse des Kistler Sensors in Y-Richtung erlaubt es uns, die seitliche Bewegung des Pods zukünftig so zu regeln, dass er uns nicht von der Schiene kippt“.
Damit will Mu-Zero Hyperloop in Zukunft auf redundante Systeme der Wegmessung wie IMUs (Inertial Measurement Units) und das Encoder-basierte System ganz verzichten und nur noch mit dem optischen Sensor von Kistler messen. „Im dritten Jahr wird es darum gehen, unseren Platz in der Spitzengruppe zu behaupten und die Skalierbarkeit unseres Ansatzes weiter auszubauen. Erstmals wollen wir auch ein eigenes Streckensystem bauen“, gibt Köhnlein die Richtung vor.