Die zunehmenden Anforderungen der Konsumenten nach individuellen, hochwertigen Produkten zu günstigen Preisen führen dazu, dass sich Unternehmen aller Branchen nach neuen Tools umschauen müssen, um die Leistung eines Produktes zeitnah zu optimieren und die Produktionsprozesse zu vereinfachen.
Mit seinem Digital-Enterprise-Portfolio hat Siemens bereits technische Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich kürzere Markteinführungszeiten sowie höhere Flexibilität, Effizienz und Qualität in der Fertigungs- und Prozessindustrie realisieren lassen. Dafür müssen Anbieter von sogenannten Industrie-4.0-Lösungen aber auch Mehrwerte schaffen. Für Maschinen und Anlagen bedeutet Digitalisierung auch eine Erhöhung der Auslastung sowie Verfügbarkeit und damit einher geht eine Steigerung der Produktivität. Das Thema Mehrwert nimmt bei Siemens einen großen Raum ein, wie Daniel Wolfangel, Marketing Manager für die Mehrwertthemen bei Siemens, erklärte, „Also ein Mehrwert ist zum Beispiel das TIA Portal. Ein Engineering-Framework, in welchen alle unsere Automatisierungskomponenten vorhanden sind, wie zum Beispiel Software für den Antrieb, für die Steuerung und für die Visualisierung, oder ein Tool für die Inbetriebnahme, den Service, Fernwartung und Safety Integrated. Ich brauche dann keine Extra-Komponenten mehr, um eine Anlage fehlersicher in Betrieb zu nehmen.“
Intelligenz im Antrieb
Ganz gleich, ob durchlaufende Handlinganwendungen oder getaktete und hochdynamische Prozesse wie bei Verpackungsmaschinen, Textilmaschinen, Druckmaschinen oder Papiermaschinen: Frequenzumrichter sind aus modernen Produktionsanlagen nicht mehr wegzudenken. Sie ermöglichen eine angepasste oder kontinuierlich einstellbare Drehzahl und somit optimierte Fertigungsprozesse und überdies einen energiesparenden Betrieb. Mit dem neuesten Antriebssystem Sinamics S210 bietet Siemens ein in sich abgestimmtes Konzept, das hohe Performance-Anforderungen erfüllt und sich dank seiner Einfachheit effizient implementieren lässt. Bei der Entwicklung achtete man darauf, ein System auf den Markt zu bringen, das gleichermaßen auf hohe Performance und einfacher Bedienbarkeit ausgelegt ist. Herausgekommen ist ein stringentes Antriebssystem, das hohe Dynamik und Präzision bietet, über integrierte Safety-Funktionen verfügt und zugleich einfach zu projektieren und in Betrieb zu nehmen ist. Hatte man früher zum Beispiel für die Inbetriebnahme ausgewiesene Antriebsexperten benötigt, lässt sich mit der Sinamics-Umrichterfamilie jede individuelle Antriebsaufgabe im Niederspannungs-, Mittelspannungs- und Gleichspannungsbereich einfach lösen. Vom Umrichter über Motoren und Steuerungen sind sämtliche Antriebskomponenten aufeinander abgestimmt. Über das im TIA-Portal verfügbare Engineeringtool Sinamics Startdrive ist eine direkte Parametrierung, Inbetriebnahme und Diagnose möglich. Außerdem vereinfacht der im TIA-Portal integrierte Assistent-basierte Safety-Abnahmetest für den Umrichter die Maschinenabnahme und ermöglicht die automatische Erstellung notwendiger Abnahmeprotokolle.
Mit dem bereits 2010 von Siemens in den Markt eingeführten TIA Portal kann der Anwender schnell und intuitiv Automatisierungs- und Antriebsaufgaben lösen. Die Software-Architektur ist auf hohe Benutzerfreundlichkeit ausgelegt und sowohl für Einsteiger als auch erfahrene Anwender geeignet. Sie bietet ein einheitliches Bedienkonzept für Controller, Human Machine Interface (HMI) und Antriebe, für gemeinsame Datenhaltung und -konsistenz, zum Beispiel bei Konfiguration, Kommunikation und Diagnose sowie Bibliotheken über alle Automatisierungsobjekte.
Das einfache Engineering über dieses Portal ermöglicht einen vollständigen Zugriff auf die gesamte digitalisierte Automatisierung von der digitalen Planung über integriertes Engineering bis zum transparenten Betrieb. Im Rahmen der Digital Enterprise Software Suite ergänzt das TIA Portal, neben PLM (Product Lifecycle Management) und MES (Manufacturing Execution System), das ganzheitliche Software-Angebot von Siemens für Industrie 4.0. Mit dem Messemotto „Digital Enterprise – Implement now“ will Siemens verdeutlichen, dass die technischen Voraussetzungen für Industrie 4.0 geschaffen sind, erklärt Daniel Wolfangel und weist wiederum auf den Mehrwert hin.
Technik im Detail
Sinamics S210
- Siemens ergänzte zur SPS-Messe 2018 das Einachs-Servoantriebssystem Sinamics S210 für Midrange-Applikationen um zusätzliche Leistungs- und Anschlussspannungsvarianten.
- Neue Baugröße mit Leistungsbereich von
0,4 bis 2 kW (bei 3 AC 400 V) - Neue gemeinsame Zwischenkreiskopplung reduziert thermische Abwärme beim Bremsvorgang und erhöht Verfahrzyklus der einzelnen Achsen.
- Simatic ET 200SP CPUs und Open Controller oder Simatic S7-1500 Software Controller jetzt als übergeordnete Steuerung nutzbar
- Projektierung und Inbetriebnahme über Sizer und Startdrive; Engineering im TIA Portal V15.1
„Mit dem ganzheitlichen Ansatz Digital Enterprise lassen sich auf Basis eines gemeinsamen Datenmodells industrielle Software und Automatisierung nahtlos integrieren: vom Maschinenkonzept und der Simulation über das Engineering, die Inbetriebnahme und den Betrieb bis hin zu den Services. Durch die digitalen Zwillinge von Produkt, Produktion und Performance profitiert der Anwender von kürzeren Entwicklungs- und Produktionszeiten, von flexiblen und vollautomatisierten Fertigungskonzepten sowie effizienten Prozessen.“ Obendrein werden eine hohe Qualität und die Einhaltung strenger Sicherheitsstandards sichergestellt. Die Verbindung mit dem cloud-basierten, offenen IoT-Betriebssystems MindSphere von Siemens ermöglicht wiederum das kontinuierliche Erfassen und Analysieren von Maschinendaten. Damit lässt sich einerseits die Produktivität der Maschinen im laufenden Betrieb erhöhen, andererseits lassen sich die Daten in das digitale Maschinenmodell zu dessen Optimierung zurückspielen. Zudem können die Anwender auf Basis der erfassten Daten neue Services und Geschäftsmodelle wie Per-pay-use-Angebote entwickeln.
Mehrwert Usability
„Lassen sie mich kurz unseren Mehrwertansatz der Usability an einem Beispiel erklären“, setzt Daniel Wolfangel an. „Früher wurde für die Inbetriebnahme ein ausgewiesener Antriebsexperte benötigt. Und in vielen, gerade kleineren oder mittelgroßen Unternehmen ist niemand darauf spezialisiert, geschweige denn für die Automatisierung. Das Einachs-Servoantriebssystem Sinamics S210 zum Beispiel ist ein Antriebssystem, bestehend aus Frequenzumrichter und Motor. Und der Motor hat ein elektronisches Typenschild implementiert, wodurch die Konfiguration und Inbetriebnahme vereinfacht werden. Motor-, Geber- und Bremskabel sind in einem Kabel vereint. Und wenn ich das Kabel anschließe, werden alle Informationen vom Motor automatisch auf den Frequenzumrichter übertragen. Das System wäre dann quasi sofort lauffähig. Ich benötige dafür keine zusätzliche Engineering Tools.“ Das Einachs-Servoantriebssystem Sinamics S210 wurde zur SPS IPC Drives 2018 für Midrange-Applikationen um zusätzliche Leistungs- und Anschlussspannungsvarianten erweitert. „Das Projektieren und in Betrieb nehmen des Antriebssystems ist einfach mit dem integrierten Webserver möglich. Alternativ kann das Engineering aber auch mit dem Tool Startdrive aus dem TIA Portal V15.1 erfolgen“, bringt es Wolfangel auf den Punkt. „Mit dem Webserver-Modul kann der Anwender mit einem Smartphone, Tablet oder mit dem Laptop über WLAN die Anpassungen vornehmen. Für große Anlagen kann man das TIA Portal nutzen.“ Das Engineeringtool Sinamics Startdrive zum Beispiel ermöglicht die direkte Parametrierung, Inbetriebnahme und Diagnose. Dadurch lassen sich Motion Control-Applikationen noch einfacher umsetzen und effizient abwickeln. Der in die Software integrierte Assistent-basierte Safety-Abnahmetest vereinfacht die Maschinenabnahme und ermöglicht die automatische Erstellung notwendiger Abnahmeprotokolle.
Maschinen virtuell validieren
Schwerpunkte der TIA Portal Version 15.1, welche Anfang des Jahres gelauncht wurde, sind neue Möglichkeiten der Simulation und virtuellen Inbetriebnahme, mit denen Arbeitsprozesse noch besser durchgängig digital gestaltet werden können. Zum Beispiel kann zur Simulation und virtuellen Inbetriebnahme in der Software ein digitaler Zwilling eines Simatic S7-1500 Controllers erstellt werden. Der Simatic Machine Simulator V1.0 kombiniert dann diesen digitalen Zwilling mit der Simulationssoftware für mechatronische Maschinenkonzepte, NX Mechatronics Concept Designer. „So lassen sich komplette Maschinen virtuell validieren. Das heißt, Steuerungs- und mechatronische Modelle inklusive einfacher bis komplexer Verhaltensmodelle lassen sich zeitlich synchronisieren, maschinennahe Applikationen simulieren und schließlich validieren. Durch die Kombination der Simulationsmodelle von Steuerung und Mechanik entsteht ein digitaler Zwilling der realen Anwendung. Projektierungsfehler lassen sich frühzeitig erkennen und schon vor der realen Inbetriebnahme vermeiden“, fasst Daniel Wolfangel zusammen.
Mit Sinamics Connect 300, einem IoT-Gateway mit eigener LAN-Anbindung, führt Siemens zudem eine Plug-and-play-Lösung für das Einbinden von Umrichtern der Sinamics-Familie in die IT-Welt ein. Die Lösung ist für Niederspannungsumrichter geeignet und unterstützt cloudbasierte Digitalisierungslösungen. MindSphere-Applikationen wie Analyze MyDrives können direkt genutzt werden. Der Umrichter wird direkt an den Klemmenblock des Sinamics Connect 300 angeschlossen. Parameter, Betriebsdaten und -zustände werden via USS-Protokoll (Universelles Serielles Schnittstellen-Protokoll) übertragen und sind jederzeit abfragbar. Für Sinamics Connect 300 müssen weder Änderungen an der Hard- oder Firmware der Antriebe vorgenommen werden noch müssen PLC-Programme angepasst werden – die Inbetriebnahme erfolgt über eine Webserveroberfläche. Sinamics Connect 300 verändert nichts am Daten- und Signalfluss der Maschinenautomatisierung und auch der Feldbus der Maschine oder Anlage wird nicht belastet. Somit ist der Einsatz unabhängig von der Automatisierung und lässt sich kostengünstig in Betrieb nehmen. Da bis zu acht Antriebe gleichzeitig angebunden werden können, lassen sich Skalierungseffekte nutzen. Sinamics Connect 300 eignet sich auch für Maschinenanwender mit bestehenden, heterogenen Maschinenparks. Wk
Im Gespräch mit Daniel Wolfangel, Siemens
„Digitalisierung in der Antriebstechnik“
Immer mehr Industrieunternehmen, besonders aus dem Mittelstand, sind auf dem Weg zur Industrie 4.0. Damit sie End-to-end-Lösungen über die gesamte Wertschöpfungskette auch sicher implementieren können, müssen Anbieter von sogenannten Industrie-4.0-Lösungen, wie Siemens, mit ihren Produkten aber auch Mehrwerte schaffen, wie der Produktverantwortliche der Redaktion erklärte.
Sie sprachen eingangs von Mehrwertthemen. Können Sie mir ein Beispiel für Mehrwertthemen geben?
Als Mehrwert könnte man das TIA-Portal bezeichnen. In diesem Engineering-Framework sind alle unsere praxisnahen Funktionen für unterschiedliche Phasen von Planung über Engineering bis hin zur Inbetriebnahme hinterlegt. Darin sind neue Möglichkeiten der Simulation und virtuellen Inbetriebnahme, mit denen Arbeitsprozesse noch besser durchgängig digital gestaltet werden, sowie der erweiterte Applikationsfokus mit Sinamics S210 Antriebsintegration, Multiuser Engineering, Software Units und OPC-UA-Funktionen.
Wo liegt der Fokus bei Mehrwertthemen?
Es gibt zentrale Mehrwertthemen, die auch den Zeitgeist treffen, wie beispielsweise die Digitalisierung. Daneben sind es Themen wie Safety und Security, Kommunikation und der weltweite Service. Auch die Vernetzung der Produkte ist wichtig. Der Kunde muss eine Erweiterbarkeit für die Zukunft erkennen, damit er wettbewerbsfähig bleibt. Ebenso wichtig ist die Usability.
Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die Anforderungen des Marktes an einen Frequenzumrichter?
Schwere Frage. Es kommt drauf an, auf welchen Markt man schaut. Wenn man Maschinen baut, da sind Frequenzumrichter durchgängig im Einsatz. Denn der Anwender muss die Drehzahl oder Interaktion von mehreren Achsen steuern. Wenn man Energie sparen möchte, ist der Einsatz von Frequenzumrichtern aber auch in anderen Applikationen sinnvoll. Zum Beispiel bei einem System mit Pumpen, Ventilen und Rohrleitungen. Wenn aber die Drehzahl der Last angepasst wird und man nur im Teillastbereich fährt, kann erheblich Energie einspart werden.
Sie haben angedeutet, dass Sie die Inbetriebnahme für den Anwender leichter machen wollen. Wie geht das?
Das möchte ich an einem Beispiel kurz aufzeigen. Beim Sinamics S210 – einem Antriebssystem, bestehend aus Frequenzumrichter und Motor, ist auf dem Motor ein elektronisches Typenschild und sie benötigen quasi nur ein Kabel zwischen Umrichter und Motor. Hierbei sind Motor-, Geber- und Bremsleitung in einem Kabel integriert. Wenn ich nun das Kabel einstecke, werden sämtliche relevanten Informationen vom Motor automatisch auf den Frequenzumrichter übertragen. So weiß der Frequenzumrichter, welcher Antrieb angeschlossen wurde.
Aber ein Maschinenbauer, der eine große Anlage oder Highend-Maschinen entwickelt, möchte das Ganze natürlich in die komplette Automatisierung integrieren...
Da gibt es auch schöne Möglichkeiten: Zum einen die Inbetriebnahme über Webserver. Der Anwender kann einfach mit einem Smartphone, Tablet oder mit dem Laptop über WLAN darauf zugreifen und seine Anpassungen vornehmen. Er kann Daten konfigurieren, parametrieren, sichern und überspielen. Gerade für den Service ist das wichtig. Für einen Maschinenbauer, der eine große Anlage installiert, ist das TIA-Portal als Engineering-Tool sinnvoll. Ob zur Simulation oder virtuellen Inbetriebnahme kann man sich einen digitalen Zwilling, zum Beispiel von einem Simatic S7-1500 Controller, erstellen. Der neue Simatic Machine Simulator V1.0 kombiniert dann diesen digitalen Zwilling mit der Simulationssoftware für mechatronische Maschinenkonzepte, NX Mechatronics Concept Designer. Damit lassen sich komplette Maschinen virtuell validieren. Das heißt, mechatronische und Steuerungsmodelle inklusive einfacher bis komplexer Verhaltensmodelle lassen sich zeitlich synchronisieren, maschinennahe Applikationen simulieren und schließlich validieren. Projektierungsfehler werden frühzeitig erkannt und schon vor der realen Inbetriebnahme behoben oder vermieden. Im laufenden Betrieb hilft der Abgleich zwischen digitalem Zwilling und realer Anlage, schnell auf Änderungen zu reagieren und Anpassungen automatisch in vor- und nachgelagerten Entwicklungsschritten zu berücksichtigen. wk