Kabel müssen in einigen Fällen sehr hohen oder sehr niedrigen Temperaturen Stand halten, dürfen sich in aggressiven Medien wie Säuren oder Laugen nicht zersetzen und müssen gegen mechanische Belastungen besonders robust sein. Mit Kabeln von der Stange hätten die Anwender hier nicht lange Freude. Innerhalb kürzester Zeit droht der Betriebsausfall. Insbesondere in schwer zugänglichen Gegenden oder Anlagen kann dieser zu hohen Schadenssummen führen und manchmal sogar Leben gefährden.

Ölflex Heat für die Arktis

Ein erstes Beispiel für einen Extremfall führt uns in die Arktis, wo im Winter manchmal Temperaturen von unter -50 Grad Celsius gemessen werden. Deshalb ist die Seefahrt in den arktischen Gebieten des Nordpolarmeeres mit großem technischem Aufwand verbunden. Nautische Geräte müssen hier dauerhaft zuverlässig funktionieren. Die russische Firma Technomarine aus St. Petersburg, die auf die Entwicklung und Produktion von Funknavigationsausrüstungen für den See- und Luftfahrtbereich spezialisiert ist, vertraut zur Verkabelung vieler Produkte in der Arktis auf Komponenten von Lapp. „Da wir unsere Ausrüstungen angesichts der extremen Einsatzorte höchstens alle ein bis zwei Jahre warten können, brauchen wir sehr hochwertige und zuverlässige Kabel. Deshalb haben wir uns für Lapp entschieden“, erklärt der Leiter von Technomarine. Das Unternehmen bestellt bei dem Anbieter vor allem Kabel, die einfach zu installieren und beständig gegenüber niedrigen Temperaturen sind. Sie werden zum Anschluss von Solarsystemen, Batterien und Power-Modulen sowie für Leuchtfeuer und Navigationssysteme verwendet.

Ölflex-Robust-Leitungen
Auf Ölflex-Robust-Leitungen setzt Schmack Biogas. Die aggressiven Silagesäfte und Säuren, die sich im Gärprozess bilden, können den Kabeln nichts anhaben. (Bild: Lapp)

In der Meerenge Jugorstraße beispielsweise wurde ein Windgenerator inklusive automatischem Schmiersystem mit Kabeln des Unternehmens installiert. Auch bei Solarmodulen, einem Akkumulatorsatz, einem Rundum-Positionslicht und einem Radar-Sart – einem Gerät, das auf Schiffen und Flugzeugen eingesetzt wird, damit diese bei Seenotfällen oder Flugunfällen von den Rettungskräften schneller gefunden werden können – werden Kabel des Anbieters eingesetzt. Ähnliche nautische Ausrüstungen wurden in der Nähe von Dikson, Ausgangspunkt vieler Polarexpeditionen, und für die Deckpeilungsbake in der Nähe des Hafens Tiksi an der Nordpolarmeerküste aufgebaut.

Für diese extremen Einsatzorte verwendete der Anwender Kabel der Serie Ölflex Heat. Diese Leitungen kommen in ungewöhnlichen Temperaturbereichen gut zurecht. Ein Beispiel dafür ist die Ölflex Heat 180 EWKF. Dabei handelt es sich um eine Silikonleitung mit erhöhter mechanischer Festigkeit. Sie verfügt über eine gute Hydrolyse- und UV-Beständigkeit und trotzt einer Vielzahl von Ölen, Alkoholen, pflanzlichen und tierischen Fetten sowie chemischen Substanzen. Hinzu kommt, dass sie Temperaturen bis -50 Grad Celsius aushält. Ihre besonders lange Lebensdauer bei rauem Einsatz verdankt die Komponente kerb- und einreißfesten Silikonmischungen, die Beschädigungen durch mechanische Einwirkungen reduzieren. Durch die Verwendung spezieller Additive in EWKF-Silikon kann der Hersteller sogar teilweise auf armierte Leitungsversionen verzichten. Das nach der Beflammung zurückbleibende SiO2-Aschegerüst besitzt isolierende Eigenschaften. Die hohe Flexibilität des Kabels vereinfacht außerdem die Verlegung bei limitierten Platzverhältnissen.

Sind die Temperaturen noch niedriger, verwendet der Anwender die Ölflex Heat 205 SC, welche sich sogar für Temperaturen bis -100 Grad Celsius eignet und auch in aggressiven chemischen Medien zuverlässig funktioniert. Diese FEP-Aderleitung hat eine hohe Durchschlags- und Verschleißfestigkeit, Reißfestigkeit und ist beständig gegenüber Hydraulikflüssigkeiten und Mikroben. Das Isoliermaterial ist aus Teflon, wodurch der extreme Temperaturbereich überhaupt erst möglich wird. Darüber hinaus hat Fluorethylenpropylen (FEP) sehr gute Eigenschaften in Bezug auf die Beständigkeit gegen UV-Licht, Öl und andere Flüssigkeiten.

Für die Außen-Verkabelung der Positionslichter vertraut der Anwender auf Ölflex Heat 180 SiF mit Litzenleitern und einem Temperaturbereich von -50 bis 180 Grad Celsius. Herkömmliche Aderisolierwerkstoffe würden bei den extremen Temperaturschwankungen in der Arktis nach kurzer Zeit verspröden. Im Falle von Ölflex Heat 180 SiF wird die Isolation auf Silikon-Basis gefertigt.

Extrem-Einsatz im Himalaya

Die Leitungen haben sich nicht nur in der Arktis, sondern auch auf den höchsten Bergen bewährt. Dort herrschen oft Temperaturen zwischen -50 und bei Sonneneinstrahlung bis zu 40 Grad Celsius. Eine polnische Gebirgsexpedition hatte für die Besteigung der Westseite des Annapurna im Himalaya (8091 Meter) und des Gasherbrum (8035 Meter) im Karakorum die Ölflex-Heat-205SC-Einzelader im Gepäck. Sie wurde für die Verkabelung des Generators eingesetzt. Die Silikonleitungen Ölflex Heat 180 EWKF verbanden die zentrale Schaltanlage mit der Beleuchtung des Kasinos, der Küche und der Zelte im Basislager in 5100 Metern Höhe. Die Schaltanlage sorgte für die Stromversorgung des Satellitentelefons und der Radiostation. Auch besonders robuste Epic-Industriesteckverbinder waren mit dabei.

Rettung von chilenischen Bergarbeitern

Dass robuste Kabel auch helfen, Leben zu retten, erwies sich beim Bergwerksdrama 2010 in Chile. Nach siebzig bangen Tagen  in der eingestürzten Gold- und Kupfermine San José konnten alle 33 verschütteten Bergleute gerettet werden. Eine wichtige Rolle spielte dabei eine Unitronic-Datenleitung von Lapp. Gut zwei Wochen nach dem Unglück gelang es, zu den Verschütteten ein handgemachtes, besonders schmales Telefon durch eine Erstbohrung in den Notraum in 700 Metern Tiefe hinunterzulassen. Ein normales Telefonkabel wäre dafür nicht sicher und robust genug gewesen. Deshalb wurde das Telefon mit einer 700 Meter langen Unitronic-Datenleitung verbunden. Um die Adern der Leitung war noch ein zusätzliches Kupfer-Abschirmgeflecht gelegt. Das Geflecht bot auf diese Weise den nötigen Schutz, um die Leitung ohne Beschädigung durch die Bohrung zu ziehen. So wurde der erste telefonische Kontakt mit den Bergleuten hergestellt.

Abtauchen mit Ölflex und Skintop

Auch bei Taucheinsätzen kommen Kabel des Herstellers zum Einsatz: etwa bei der polnischen Firma Gralmarine, die auf Tauchlampen spezialisiert ist. Bei der Herstellung von Unterwasserlampen für große Tiefen über hundert Meter ist es besonders wichtig, dass die Verbindung des Metallgehäuses der Lampe mit der Stromversorgung per Kabel absolut dicht ist. Dies wird durch spezielle Durchlässe mit Gummidichtungsmitteln und Polyurethan-Spachtelmasse erreicht. Dank dieser Methode funktionieren die Tauchlampen auch noch bei einer Tiefe von tausend Metern ohne Probleme. Für die Verbindung innerhalb der hermetisch abgeschlossenen Gehäuse zu den Batterien werden Skintop-BS-Kabelverschraubungen zum besseren Schutz des Kabels verwendet. Für die Schaltung sind Ölflex-440P- oder Ölflex-550P-Leitungen im Einsatz. Beide eignen sich für raue Bedingungen: Sie sind kälteflexibel, verschleißfest und geschützt vor Wasser und Schmutz.

Bei der Tauchsuche nach einer Verbindung zwischen zwei mehrere Kilometer langen Unterwasser-Höhlensystemen auf der Halbinsel Yucatan in Mexiko waren außerdem Gralmarine-Lampen mit Lapp-Kabeln dabei. Für die Ausleuchtung verwendeten die Taucher eine batteriebetriebene 200-W-HMI-Entladungslampe und LED-Lampen, die über eine Ölflex-550P-Leitung mit einer orangenen Polyurethan-Isolierung an die Batterie angeschlossen wurden. Diese Allwetter-Anschluss-Leitung gilt als besonders verschleißfest und zeichnet sich durch ihre erhöhte mechanische und chemische Beständigkeit aus. Die Tiefe, in der die Leuchten funktionieren mussten, betrug hundert Meter.

Robust in der Bioerdgasanlage

Auf Ölflex-Robust-Leitungen setzt Schmack Biogas, ein Unternehmen der Viessmann Group. Schmack betreibt in Schwandorf eine große Bioerdgasanlage. Hier bewegen spezielle Leitungen das Tauchmotorrührwerk, das sich direkt im Güllebehälter befindet. Die Leitung muss hier besonders robust sein, weil sich im Gärprozess aggressive Silagesäfte und Säuren bilden, die einen gewöhnlichen Kabelmantel schnell zersetzen würden. Für den Einsatz in extremen Umweltbedingungen hat der Anbieter deshalb das Robust-Material entwickelt. Leitungen mit Robust-Außenmantel eignen sich für Kläranlagen, die Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie für landwirtschaftliche Geräte und sind besonders mechanisch und chemisch beständig. Öle, Fette und Wachse auf pflanzlicher, tierischer oder synthetischer Basis oder auch deren Emulsionen sowie Temperaturen von vierzig Grad im Güllebehälter können ihnen nichts anhaben. Das Portfolio von Leitungen mit Robust-Außenmantel ist umfangreich: So bietet das Unternehmen ungeschirmte und geschirmte Ölflex-Steuerleitungen, Unitronic-Daten- und Feldbusleitungen sowie Etherline-Leitungen für Industrial Ethernet an.

Epic Power Lock in Eis und Schnee

Millionen von Fernsehzuschauern verfolgen jedes Jahr die Biathlon-Wettbewerbe. Um die Energieversorgung zum Beispiel für die Übertragungstechnik, die Beleuchtung oder die Versorgung der VIP-Bereiche zu garantieren, kamen beim Eon IBU World Cup Biathlon in Ruhpolding die einpoligen Rundsteckverbinder Epic Powerlock zum Einsatz. Die Großveranstaltung benötigte eine Gesamtleistung von 16 Megawatt. Das entspricht einer Antriebsleistung von zwei ICE-Hochgeschwindigkeitszügen. Da die Anschlüsse und Verbindungen auch bei schlechten Witterungsbedingungen zuverlässig funktionieren müssen, kam der Rundsteckverbinder für die mobile Energieverteilung an Elektromotoren, Transformatoren oder Generatoren zum Zug. Er ist besonders widerstandsfähig gegen mechanische Einflüsse in rauen Umgebungsbedingungen. Deshalb eignet sich diese Steckverbinderserie für den Einsatz in Eis und Schnee. Mit der Schutzart IP 67 ist der Epic Powerlock zudem staubdicht und funktioniert sogar noch bei zeitweiligem Untertauchen in Wasser.

epic ultra

Besonders robust ist auch der Epic Ultra, ein kratz, stoß- und korrosionsbeständiges Rechtecksteckergehäuse – geeignet für den Einsatz unter rauen Bedingungen, zum Beispiel für Offshore-, Windkraft- oder Biogasanlagen. Weil das mit Nickel beschichtete Gehäuse eine durchgehende metallische Hülle bildet und wie ein faradayscher Käfig wirkt, ist der Steckverbinder in Verbindung mit der Skintop-Brush-Kabelverschraubung absolut EMV-sicher. Dies ist besonders für die Übertragung empfindlicher Bus-Signale wichtig. Im Epic Ultra ist die Skintop-Kabelverschraubung fest integriert. Das garantiert beste Abdichtung und Zugentlastung sowie eine schnelle Montage. Außerdem haben die Gehäuse in gestecktem Zustand eine sichere, metallisch leitende 360-Grad-Verbindung und sind zusätzlich bei Bedarf auch mit Standardgehäusen steckbar.

Epic für den weltlängsten Eisenbahntunnel

Im Juni 2016 soll nach über zwanzig Jahren Bauzeit der Gotthard-Basistunnel in der Schweiz feierlich eröffnet werden – mit 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt. Was kaum jemand weiß: Auch Epic-Industriesteckverbinder haben zum Gelingen dieses Jahrhundertbauwerks beigetragen. Um die zwei Eisenbahnröhren von Nord nach Süd durch den harten Fels zu graben, wurden vier Tunnelbohrmaschinen des Tunnelbauexperten Herrenknecht eingesetzt. Allein eine Maschine – zum Beispiel die Gripper TBM – verfügt über 26 Tonnen Presskraft, ist 400 Meter lang und neun Meter dick. Der Gigant bringt selbst härtestes Gestein zum Bröckeln.

Checkliste: Ein Fall für den Epic Ultra H-B 16 TS QB?

Der Epic Ultra von Lapp findet sich beispielsweise in Baumaschinen, EMV-kritischen Umgebungen, im Maschinen- und Windkraftanlagenbau sowie im Elektromotorenbau. Bei folgenden Anforderungen kann es Sinn haben, den Epic Ultra H-B 16 TS QB einzusetzen:

  • Gute chemische Beständigkeit
  • Großer Klemmbereich
  • Montagezeit
  • Optimale Zugentlastung
  • Platzbedarf
  • Robust
  • Stecker mit Standardgehäuse
  • Wasserdicht

Je weiter der Tunnelbohrer in den Berg getrieben wird, umso länger muss die Leitung für die Stromversorgung und Steuerung sein. Epic-Steckverbinder dienen hier als Verlängerungssteckverbinder. Damit alles zuverlässig funktioniert, wurden alle 50 Meter Epic-H-BE-Steckverbinder mit Gehäusen und Einsätzen zwischengeschaltet. Diese Steckverbinder eignen sich vor allem bei höheren Spannungen und Stromstärken und zeichnen sich durch ihre hohe Zuverlässigkeit aus. Durch den neuen Tunnel verkürzt sich die Fahrzeit zwischen Zürich und Mailand für die Züge um eine Stunde auf dann letztlich nur noch zwei Stunden und vierzig Minuten.

Zusätzliche Armierung

Für besonders extreme Einsatzbedingungen – wie beispielsweise in der Öl- und Gas-Industrie oder im Bergbau – können die Leitungen mit einer zusätzlichen Armierung versehen werden, um einen erhöhten mechanischen Schutz zu gewährleisten. Darauf ist Camuna Cavi in Italien, ein Unternehmen der Lapp-Gruppe, spezialisiert. Bei besonders schwierigen und unkonventionellen Anwendungsfällen kann die Unternehmensgruppe auch auf Lapp Muller in Grimaud, Südfrankreich, zurückgreifen. Das Unternehmen entwickelt und fertigt Sonderleitungen für Unterwasser-Applikationen – zum Beispiel für die Bereiche Öl und Gas, für die Sicherheits- und Militärtechnik, aber auch für High-Tech-Roboter in der Industrie und in Service-Anwendungen, wie zum Beispiel Inspektionsroboter in der Kanalisation. bf

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