Die UH-72 Lakota basiert auch in ihrer autonomen Version auf dem Helicopter H 145 von Airbus.(Bild: Airbus Helicopters)
Helikopter sind bei der Kombination von Nutzlast und Flexibilität kaum zu schlagen. Immer mehr Hubschrauber werden zu autonomen Systemen weiterentwickelt. Jüngstes Beispiel: Airbus baut eine unbemannte UH-72 Lakota fürs US Marine Corps.
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Das United States Marine Corps (USMC) hat Airbus US Space & Defense mit der Entwicklung einer unbemannten autonom fliegenden Variante des Helikopters UH-72 Lakota beauftragt. Die Lakota basiert auf dem zivilen Hubschrauber-Modell H145 von Airbus, das zum Beispiel häufig als Polizei- oder Rettungshubschrauber verwendet wird.
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(Bild: Stock.adobe.com - Kaspars Grinvalds)
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Nicht nur beim US-Militär ist der Trend zum verstärkten Einsatz unbemannter Drohnen groß. Die Gründe erläutert Carl Forsling, Senior Manager, Business Development and Strategy bei Airbus US Space & Defense: "Die Menge an Fracht, die das US Marine Corps über weite Gebiete transportieren müssen, erfordert einfach die Lieferung durch ein unbemanntes System. Mit der Zeit kann ein bemanntes System nur noch eine bestimmte Anzahl von Stunden pro Tag fliegen. Der andere Aspekt ist, dass die zunehmende Bedrohung unbemannte Systeme erfordert, weil dadurch das Risiko von Verlusten beim Personal minimiert wird."
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Roboter-Pilot statt Roboter-Fluggerät
Der PIBOT im Flugsimulator-Cockpit.(Bild: KAIST)
Eine alternative Methode, existierende Fluggeräte zu autonomen Systemen zu machen, hat das südkoreanische Forschungsinstitut KAIST Ende 2023 vorgestellt. Der PIBOT ist ein humanoider Roboter, der im Pilotensitz Platz nehmen und Hubschrauber oder Flugzeuge steuern kann. Der humanoide Pilot befindet sich noch in der Entwicklung, kann aber laut seiner Entwickler bereits fehlerfrei fliegen. Durch ChatGPT-Technologie kann es sich das vollständige Quick Reference Handbook (QRF) eines Fluggeräts merken und sofort auf verschiedene Situationen reagieren. Die Reaktionszeiten sollen kürzer sein als bei menschlichen Piloten. PIBOT könne den Zustand des Cockpits sowie die Situation außerhalb des Flugzeugs mithilfe einer integrierten Kamera analysieren und dank hochpräziser Steuerungstechnik seine Roboterarme und -hände auch bei starken Turbulenzen präzise einsetzen.
Der humanoide Pilot ist derzeit in der Lage, im Simulator alle Vorgänge vom Anlassen des Flugzeugs über das Rollen, den Start und die Landung bis hin zum Reiseflug auszuführen. Demnächst soll er zum Fliegen eines realen Leichtflugzeugs eingesetzt werden, um seine Fähigkeiten zu überprüfen. Prof. David Hyunchul Shim, der die Forschung leitet, sagt: "Humanoide Pilotenroboter erfordern keine Modifikation bestehender Flugzeuge und können sofort für automatisierte Flüge eingesetzt werden. Wir gehen davon aus, dass sie auch in anderen Fahrzeugen wie Autos und Militärlastwagen eingesetzt werden können".
Trotz der Erfahrung und Kompetenz von Airbus ist das Projekt nicht ohne Herausforderungen. Forsling weist darauf hin, dass "es darum geht, ein Fluggerät mit traditionellen Steuerungssystemen - einer Kombination aus Schub- und Zugstangen, Umlenkhebeln und einem hydraulischen Steuersystem - in ein Fly-by-Wire-System zu verwandeln, das von einem Computer gesteuert werden kann, und das erfordert definitiv einige technische Arbeit!" Die nächsten Phasen des Projekts werden Systemintegration, Bodentests und Flugtests in den nächsten Jahren umfassen.
Airbus muss aber definitiv nicht von Null beginnen, und auch andere Hersteller arbeiten schon länger daran, existierende Helikopter in autonome Systeme zu verwandels, wie die Beispiele in folgender Bildergalerie zeigen:
Der erste autonome Helikopter von Airbus war das VSR700 Optionally Piloted Vehicle (OPV), das Mitte 2017 seinen Erstflug hatte - noch mit einem menschlichen Sicherheitspiloten an Bord.(Bild: Airbus)
Erfahrungen mit der Computer-Steuerung von Hubschraubern konnte Airbus im Rahmen des Vertex-Programms sammeln. Dabei wird die komplexe Steuerung des Fluggeräts vom Computer übernommen, während ein menschlicher Pilot die Flugmanöver über ein Tablet eingibt und überwacht.(Bild: Airbus)
Mit der autonomen Lakota sollen auch schwierige Missionen wie die Landung auf Marineschiffen möglich sein. Auffällig ist das völlig Fehlen von Fenstern. Offensichtlich soll der Betrieb völlig autonom ablaufen und keine optionalen menschlichen Piloten vorsehen.(Bild: Airbus)
Die herkömmliche Lakota basiert auf der H145 von Airbus, die in vielen zivilen Konfigurationen eingesetzt wird.(Bild: Airbus)
Airbus ist aber nicht der einzige Hersteller, der existierende Helikopter in autonome Systeme umrüsten will. Das Bild zeigt eine UH-60 Black Hawk, die von Hersteller Sikorsky in Zusammenarbeit mit der Militärforschungsagentur DARPA umgerüstet wurde.(Bild: Lockheed Martin)
Bei einer Flugerprobung wurde etwa die Nutzung der autonomen Black Hawk für die Evakuierung von verletzten Soldaten evaluiert...(Bild: Lockheed Martin)
... auch wenn der Patient dabei noch eine Puppe war.(Bild: Lockheed Martin)
Auch das Aufnehmen und Absetzen von Lasten gehörte zu den erprobten Szenarien mit der autonomen Black Hawk.(Bild: Lockheed Martin)
Auch das Aufnehmen und Absetzen von Lasten gehörte zu den erprobten Szenarien mit der autonomen Black Hawk.(Bild: Lockheed Martin)
Zumindest einen autonomen Helikopter gibt es tatsächlich schon zu kaufen: Die R550X von Rotor Technologies basiert auf dem Serien-Helikopter Robin R44 Raven II. Statt der üblichen vier Sitze ist die R550 X mit einem großen Laderaum ausgestattet. Sie kann sowohl ferngesteuert werden als auch autonom Flugmanöver wie die Rückkehr zum Startort ausführen.(Bild: Rotor Technologies)
Rotor Technologies spricht von einer starken Nachfrage aus dem Agrarsektor, etwa für das Besprühen von Feldern mit Pflanzenschutzmitteln.(Bild: Rotor Technologies)
Die R550X soll aber auch für die Versorgung von Ölplattformen eingesetzt werden können....(Bild: Rotor Technologies)
...wie auch für die Bekämpfung von Waldbränden.(Bild: Rotor Technologies)
Bleibt die interessante Frage, warum das US Marine Corps für die geplanten Aufgaben keine herkömmlichen Drohnen verwenden will, wie sie beim US-Militär in vielfältiger Form bereits zu Einsatz kommen? Forsling erklärt das folgendermaßen: Während die meisten Drohnen für einen ganz speziellen Zweck konzipiert sind, kann eine unbemannte Lakota jedes Einsatzszenario ausführen, das auch mit der bemannten Version mögliche wäre - und sogar noch mehr.
Forsling: "Mit der richtigen Architektur und der Austauschbarkeit, die dieses unbemannte System bieten kann, kann es eine 2.000 Pfund schwere Rakete tragen, aber auch 2.000 Pfund beliebiger andere Ladung, wie etwa ein System zur elektronischen Kriegführung. Die Flexibilität dieses Konzepts ermöglicht durch die Hinzufügung der Computerarchitektur und der unbemannten Systeme eine Vielzahl von Missionen, die vorher nicht möglich waren."
Dreamteam Heli und Drohne
Wurden in verschiedenen Szenarien miteinander getestet: Ein bemannter H130 Helikopter und eine unbemannte Helikopter-Drohne vom Typ VSR 700(Bild: Airbus Helicopters)
Airbus Helicopters und Partner haben ein Anfang Oktober 2024 eine umfassende Live-Erprobung eines manned-unmanned teaming systems (MUM-T) aus konventionellen Helikoptern und Drohnen durchgeführt. Das System wurde im Rahmen eines von der EU finanzierten Projekts mit dem Codenamen MUSHER entwickelt. Die Demonstration umfasste mehrere bemannte Hubschrauber und unbemannte Systeme (UAS), die an ein einziges MUM-T-Netzwerk angeschlossen waren. Ziel der Flugtests war die Demonstration der Interoperabilitätsebenen (LOI) 2 bis 4, vom direkten Empfang von UAS-Daten durch die bemannten Hubschrauber und die Bodenstation bis hin zur Steuerung und Überwachung der UAS durch die Hubschrauber.
MUSHER ist ein Projekt, das im Rahmen des Europäischen Programms für industrielle Entwicklung im Verteidigungsbereich (EDIDP) gestartet wurde. Das Projekt zielt darauf ab, ein generisches europäisches MUM-T-System zu entwickeln, das in verschiedenen Umgebungen (zivil, militärisch oder gemischt) robust arbeiten kann, während es die Arbeitsbelastung der Besatzung reduziert und eine maximale Kapazität im Betrieb bietet.
Gelernter Politik-Journalist, heute News-Junkie, Robotik-Afficionado und Nerd-Versteher. Chefredakteur des Automatisierungsmagazins Automation NEXT. Peter Koller liebt den Technik-Journalismus, weil es das einzige Themengebiet ist, wo wirklich ständig neue Dinge passieren. Treibstoff: Milchschaum mit Koffein.