
Das Weltraumkommando der Bundeswehr ist eine Kommandobehörde der Luftwaffe und der zentrale Kompetenzträger der Bundeswehr für die Planung und Führung von Weltraumoperationen. (Bild: Bundeswehr, Jennifer Heyn)
Raumfahrttechnologie ist ein spannendes und wichtiges Thema, vor allem im militärischen Kontext. Wie würden Sie Deutschlands aktuelle Rolle im Bereich SpaceTech beschreiben, speziell in Verbindung mit der Bundeswehr?
Philipp Petrescu: Deutschland hat zweifellos das Potenzial, eine führende Rolle im SpaceTech-Bereich zu übernehmen, allerdings gibt es hier einige Herausforderungen. Trotz der politischen Bemühungen, den Beschaffungsprozess zu beschleunigen, wie etwa durch den Beschleunigungserlass, gibt es langwierige parlamentarische Verfahren, welche die Bereitstellung von Finanzmitteln und damit Rüstungsprojekte lähmt.
Das bedeutet, dass die Innovation oft langsamer voranschreitet als nötig. Es gibt aber auch vielversprechende Initiativen und Ansätze. Institutionen wie der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr setzen auf Start-ups und Technologielösungen, die schneller, agiler und auf die spezifischen Bedürfnisse der Bundeswehr zugeschnitten sind.
Auch das Weltraumkommando der Bundeswehr, welches sich selbst als Start-up sieht, bringt viele gute Initiativen weiter voran.
Automation NEXT: Wir schreiben, what´s next!

- Dieser Artikel stammt aus der ersten Ausgabe von Automation NEXT, dem neuen Magazin für Automatisierung und Konstruktion.
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Philipp Petrescu, Mitbegründer und CEO von MVP Factory

Philipp Petrescu ist Co-Founder und CEO von MVP Factory, einem der führenden digitalen Venture & Product Builder Europas. Als erfahrener Gründer und Investor berät er deutsche und internationale Unternehmenslenker bei ihrer digitalen Transformation, dem erfolgreichen Aufbau von Start-ups sowie digitalen Geschäftsmodellen. Vor MVP Factory hat Philipp das FinTech-Unternehmen Lendico mitgegründet.

Es braucht mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie schnellere Innovationszyklen, vor allem im
Verteidigungssektor.

Können Sie ein Beispiel nennen, wie diese Zusammenarbeit funktioniert?
Ein gutes Beispiel für unsere Zusammenarbeit mit dem Weltraumkommando ist Mission K.
Ein Event im Bereich Raumfahrt und Verteidigung. Dabei haben wir über 30 Stakeholder aus verschiedenen Unternehmen und Start-ups mit dem Weltraumkommando zusammengebracht, um gemeinsam Lösungen für reale Herausforderungen zu entwickeln.
Wir haben als Facilitator den Innovationsprozess geleitet und einen Raum für kreative Co-Creation geschaffen.
Dieses Projekt zeigt, wie wertvolle neue Ansätze entstehen können, wenn verschiedene Akteure zusammenarbeiten, um Innovationen im deutschen Raumfahrtsektor voranzutreiben.
Wie sieht es mit der Logistik aus, speziell im militärischen Bereich?
Philipp Petrescu: Bei der BWI Innovation Challenge, einer Initiative der Bundeswehr-Tochter BWI GmbH, ging es um die Entwicklung neuer Ideen und Technologien, zur Verbesserung logistischer Prozesse der Bundeswehr.
Diese Challenge zielte darauf ab, Innovationen aus der Privatwirtschaft, insbesondere von Start-ups, in die Bundeswehr zu integrieren. MVP Factory spielte dabei eine Schlüsselrolle und entwickelte Lösungen, die auf künstlicher Intelligenz und Automatisierung basieren, um Logistikvorgänge schneller und reibungsloser zu gestalten.
Dazu erstellte MVP Factory sowohl Hardware- als auch Software-Prototypen unter anderem in den Bereichen VR-Umgebungen, 3D-Druck und Sensor-Technologie.
Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach der private Sektor, hauptsächlich Start-ups, bei der Gestaltung von SpaceTech-Lösungen für die Bundeswehr?
Philipp Petrescu: Start-ups sind ein zentraler Bestandteil dieser Entwicklung. Im Verteidigungsbereich sehen wir zunehmend den Einsatz von Dual-Use-Technologien. Sie entwickeln Technologien, die zivil und militärisch genutzt werden, um flexible und verkürzte Innovationszyklen zu ermöglichen.
Ich denke, dass der private Sektor, insbesondere durch Venture-Capital-Fonds wie den NATO Innovation Fund, eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Finanzierung dieser Technologien spielen wird.
Welche Herausforderungen sehen Sie für Start-ups in der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr?
Die größte Herausforderung ist oftmals die Bürokratie. Wie Sven Weizenegger vom Cyber Innovation Hub kürzlich betonte, stoßen viele Start-ups an ihre Grenzen, wenn es um die EU-weiten Vergabeverfahren geht, die oft mehrere Jahre dauern können.
Kein Start-up kann es sich leisten, so lange auf Aufträge zu warten.
Das klingt nach einer ernsthaften Hürde. Wie könnte man das Ihrer Meinung nach ändern?
Philipp Petrescu: Eine Lösung wäre, die Vergabeverfahren zu beschleunigen und flexibler zu gestalten. Eine andere Möglichkeit ist es, stärker auf Partnerschaften zwischen Start-ups und etablierten Unternehmen zu setzen, die bereits Erfahrung mit solchen Prozessen haben.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist es, die ESG-Vorgaben für VCs, die Staatsmittel wie die der KfW oder des EIF verwalten, anzupassen. Aktuell werden Investitionen in den Defense-Tech-Bereich stark eingeschränkt.
Außerdem sollten staatliche Institutionen mehr experimentelle Projekte ins Leben rufen, bei denen Start-ups und neue Technologien schneller getestet und implementiert werden können.
Wir müssen im Bereich F&T Produkte so auf den Markt bringen, dass 80 Prozent der Lösung akzeptiert werden und wir Raum für Fehlertoleranzen und Misserfolge lassen.
Welche Rolle spielt dabei die internationale Zusammenarbeit, insbesondere mit anderen NATO-Ländern?
Philipp Petrescu: Internationale Zusammenarbeit ist ein Schlüssel für den Erfolg von SpaceTech-Projekten, besonders im Verteidigungssektor.
Der NATO Innovation Fund, an dem 24 der 32 NATO-Staaten beteiligt sind, ist ein gutes Beispiel dafür, wie vielversprechende Start-ups im Verteidigungsbereich gefördert werden können.
Deutschland könnte in dieser Hinsicht noch proaktiver sein und sich stärker in diese Innovationsnetzwerke einbringen. Auch der Austausch von Know-how und die gemeinsame Entwicklung von Standards sind von zentraler Bedeutung.
Glauben Sie, dass Deutschland in den nächsten Jahren eine stärkere Rolle in der Raumfahrttechnologie übernehmen wird?
Philipp Petrescu: Ich denke, Deutschland hat das Potenzial dazu, aber es wird auf die Rahmenbedingungen ankommen. Es braucht mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie schnellere Innovationszyklen, vor allem im Verteidigungssektor.
Die Nachfrage nach fortschrittlichen Technologien ist da, wie erfolgreiche Beispiele zeigen: OHB in Bremen hat kürzlich die Asteroidensonde Hera ins All geschickt, oder das Unternehmen Hensoldt bringt Spitzenlösungen in der Weltraum-Optronik auf den Markt.
Wir haben die Technologien also im Land, um diese Potenziale zu heben, staatliche Strukturen müssen jedoch flexibler und innovationsfreundlicher werden.
Gibt es konkrete Projekte oder Entwicklungen, auf die Sie besonders stolz sind?
Philipp Petrescu: Ja, das ist die Logistik-Lösung Yarded – eines der Projekte, das aus der Innovation Challenge hervorgegangen ist.
Im Ernstfall eines möglichen Kampfeinsatzes müssen Soldatinnen und Soldaten sowie Materialien schnell und effektiv zusammengestellt werden, um innerhalb von 48 Stunden einsatzbereit zu sein.
Diese Organisation wurde in der Vergangenheit mit Stift und Papier erfasst. Yarded hat sich im Praxistest bewährt und hat zudem den ersten Platz bei der NATO Innovation Challenge 2023 gewonnen.
Abschließend: Wo sehen Sie MVP Factory in den kommenden fünf Jahren im Kontext von SpaceTech und der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr?
Philipp Petrescu: Wir wollen auch langfristig die Innovationsprozesse unserer Partner begleiten – natürlich gerne auch weiterhin an der Seite der Bundeswehr.
Unser Ziel ist es, durch den Einsatz von innovativen Technologien und agilen Methoden die Effizienz und Umsetzbarkeit zu gewährleisten.
In fünf Jahren, hoffe ich, dass wir nicht nur in Deutschland, sondern auch international als wichtiger Akteur im SpaceTech-Bereich etabliert sind.
Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch
und Ihre Zeit!