Interview mit Michael Jonquière

Das Geheimnis des Erfolgs? Einfach noch einmal versuchen!»

Parvalux
Innovation ist Teamarbeit: Michael Jonquière in der Produktionshalle von Parvalux.

Als Head of Innovation beim Motoren- und Getriebespezialisten Parvalux entwickelt Michael Jonquière Lösungen für herausfordernde Kundenanwendungen. Im Gespräch erklärt er, wie kreative Prozesse bei Parvalux ablaufen – und warum jedes Projekt am unscharfen Anfang» beginnt.

Michael, stell dich doch kurz vor.

Ich bin Head of Innovation bei Parvalux. Innovation bedeutet für jeden etwas anderes – für mich geht es um Produktentwicklung und darum, dass wir als Unternehmen relevant bleiben, mit der Technik Schritt halten und gleichzeitig mutig neue Wege gehen. Schrittweise Verbesserungen helfen, unsere Position zu halten, aber echte Innovation bringt uns wirklich voran. Unser Ziel ist es, stabil mitzulaufen – und dabei immer nach der Chance Ausschau zu halten, durch clevere Ideen einen großen Sprung nach vorne zu machen.

Parvalux
Innovation ist Teamarbeit: Michael Jonquière in der Produktionshalle von Parvalux.
Parvalux
Parvalux
DC-Motor, AC-Motor, Getriebe von Parvalux
Parvalux
Ein Blick in die Produktion von Parvalux.
Parvalux
Parvalux Electric Motors Ltd. wurde 1947 von Leslie Clark in der Nähe von London gegründet.
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Rotoren der Elektromotoren vor der Endmontage.
Parvalux
Blick in die Produktion von pavalux.

Was ist dein beruflicher Hintergrund?

Ich habe einen Bachelor in Engineering, Design and Innovation sowie weitere Abschlüsse in digitaler und analoger Elektronik, Flugzeuginstrumentierung und mehreren CAD-Systemen. Dazu kommen ein paar etwas ungewöhnlichere Qualifikationen in IT und Wildtierkunde. Diese Vielfalt hilft mir enorm, wenn es darum geht, neue Ideen zu entwickeln. Ich bin seit über zehn Jahren bei Parvalux – die meiste Zeit als Senior Design Engineer in der Abteilung für neue Produkte (NPI), mit dem Fokus auf Konstruktion und Entwicklung.

Was hat dich damals zu Parvalux gebracht?

Das Besondere an Parvalux ist das Umfeld: Wir entwickeln Produkte nicht nur, wir bauen und montieren sie auch selbst. Dieser komplette Produktlebenszyklus ist für Entwickler extrem spannend – und ziemlich selten. Unser Innovationsteam ist klein, ein echter Spezialistenkreis. Das motiviert enorm, weil man sich Respekt durch seine Arbeit verdienen muss. Was ich besonders liebe, ist der praktische Aspekt: Du entwirfst ein Teil, baust es, testest es – du bist bei jedem Schritt dabei. Das ist etwas Besonderes, und es ist toll, dass wir diesen Ansatz beibehalten konnten, selbst als das Unternehmen gewachsen ist.

Du hast auch für die Parvalux-Muttergesellschaft Maxon gearbeitet. Gibt es Unterschiede im Innovationsansatz?

Ich war in der Intralogistik-Sparte bei Maxon und war überrascht, wie ähnlich unsere Entwicklungsprozesse dort waren. Das hat mir gezeigt: Wir bei Parvalux sind auf dem richtigen Weg. Der größte Unterschied liegt in der Organisation. Maxon arbeitet strukturierter, formeller – und das hat uns geholfen, unsere Abläufe zu verbessern. Wir konnten dadurch viele Engpässe in unserem kleinen, stark beanspruchten Team entschärfen. Also: Wir entwickeln ähnlich, aber Maxons strukturierter Ansatz war für uns ein echter Gewinn.

Und was könnte maxon von Parvalux lernen?

Ich sehe das nicht als ein maxon gegen Parvalux», sondern als die Suche nach dem richtigen Gleichgewicht. Zu viel Kontrolle kann Innovation abwürgen, zu viel Freiheit führt zu Chaos. Die Kunst ist, die Mitte zu finden – und das ist gar nicht so einfach. Ich glaube, wir lernen alle voneinander.

Elektromotoren sind ein etabliertes Feld. Gibt’s da überhaupt noch Innovation?

Absolut. Die physikalischen Grundlagen ändern sich zwar nicht, aber bei den Materialien tut sich viel. Neue Legierungen, stärkere Magnete, präzisere Fertigung – all das bringt mehr Leistung und Effizienz. Wirklich spannend wird’s bei Nanomaterialien, Graphen oder Aerogelen. Ich arbeite zum Beispiel gerade an einem Magnetschwebelager-System. Und wir untersuchen, ob Nanomaterialien den magnetischen Fluss im Motor verbessern können. Das steckt noch in den Kinderschuhen, aber das Potenzial ist riesig. Wird das in den nächsten zehn Jahren alles umkrempeln? Vielleicht nicht – aber viele kleine Schritte machen am Ende den Unterschied.

Wie sieht Innovation bei Parvalux konkret aus?

Wir arbeiten auf zwei Ebenen. Einerseits orientieren wir uns an strukturierten Frameworks wie ISO 56000 – also dem klassischen Top-down»-Ansatz. Gleichzeitig setzen wir aber auch auf Bottom-up»-Innovation: ganz konkrete Verbesserungen auf Komponentenebene, mit spürbarem Einfluss in kurzer Zeit. Da bin ich hauptsächlich unterwegs. Seit wir Teil der Maxon-Gruppe sind, bekommen wir deutlich mehr Kundenanfragen – etwa alle acht Wochen eine neue, große Anfrage. Früher wurde das oft spontan zwischen Vertrieb und Entwicklung gelöst, was viel Stress bedeutete. Jetzt haben wir ein Innovationsteam, das solche Anfragen aufnimmt und in realistische Konzepte überführt – die dann direkt in die Produktentwicklung gehen.

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Über Parvalux

Parvalux Electric Motors Ltd. wurde 1947 von Leslie Clark in der Nähe von London gegründet. 1957 zog das Unternehmen an die sonnige Südküste Englands nach Bournemouth und begann dort mit der Entwicklung und Herstellung kompletter Getriebemotoreinheiten für industrielle Anwendungen. Im Jahr 2008 erwarb Parvalux das in Essex ansässige Unternehmen EMD Drive Systems Ltd. Im Dezember 2018 übernahm die Schweizer Maxon Gruppe, der Spezialist für mechatronische Antriebssysteme, Parvalux von der Clark Group. Parvalux-Antriebe sind in unterschiedlichsten Anwendungen zu finden, zum Beispiel im Gesundheitswesen, in Freizeit und Mobilität, im Transportwesen und in einer Vielzahl von industriellen Anwendungen. Parvalux verfügt über mehr als 75 Jahre Erfahrung in der Entwicklung von Motoren und Getrieben und das Angebot umfasst zahlreiche AC-, PMDC- und BLDC-Motoroptionen. Motoren und Getriebe können ohne oder mit minimalen Zusatzkosten problemlos an Kundenanforderungen angepasst werden. Parvalux liefert zudem auch maßgeschneiderte Systeme, die gemeinsam mit den Kunden entwickelt werden. Ein Beispiel dafür ist der „Caravan Mover“ des deutschen Caravan-Zubehörspezialisten Truma.

Weitere Informationen und den Produktkatalog gibt es online: www.parvalux.com

Wie entstehen solche Ideen?

Oft passiert das im sogenannten Fuzzy Front-End» – also ganz am unscharfen Anfang, bevor der eigentliche Entwicklungsprozess beginnt. Da sind die Ideen noch ungenau und formlos. Genau dann ist Raum für Kreativität – noch ohne die Zwänge von Zeit, Budget oder Ressourcen. Ich habe zum Beispiel vor Kurzem an zwei Projekten mit doppelten Schneckengetrieben gearbeitet – das ist sehr ungewöhnlich. Eins davon war für einen medizinischen Hebelift, bei dem Ein- und Ausgangswelle in der gleichen Richtung lagen. Das andere war ein 180-Grad-Umkehrantrieb für eine sicherheitskritische Anwendung. Vom Kunden haben wir für beide Projekte sehr positives Feedback bekommen.

Können begrenzte Budgets Innovation bremsen – oder sogar fördern?

Je weiter du im Prozess kommst, desto enger werden die Spielräume. Zeit, Geld, Ressourcen – all das setzt dir irgendwann Grenzen. Deshalb ist die Frühphase so wichtig: Dort bist du noch frei, kannst Ideen ausprobieren und querdenken. Sobald du in der Entwicklung bist, gelten feste Ziele. Natürlich kann Budget ein Hemmnis sein – aber es kann auch dazu führen, dass du kreative, schlanke Lösungen entwickelst.

Was macht deiner Erfahrung nach ein Projekt erfolgreich?

Es gibt kein Patentrezept. Aber zwei Dinge sind entscheidend: Hör dem Kunden wirklich zu– und gib nie auf. Das Geheimnis des Erfolgs? Einfach noch einmal versuchen! Es klingt simpel, aber das ist der Schlüssel. Theoretisch beginnt jedes Projekt mit einem vollständigen Pflichtenheft – praktisch ist das selten der Fall. Anforderungen ändern sich ständig. Deshalb musst du nah dranbleiben, flexibel reagieren und einfach immer wieder neu ansetzen.

Hast du ein Lieblingsprodukt von Parvalux?

Schwer zu sagen! Jedes Produkt hat seine Stärken. Aber wenn ich mich entscheiden müsste: der PMDC110 – unser effizientester Motor mit der höchsten Schutzklasse. Und ich mag unser GB65-Getriebe. Das ist das größte, das wir bauen – ein richtig schönes Stück Technik.

Wie sieht es mit Kombinationen aus Maxon- und Parvalux-Komponenten aus – steckt da Innovationspotenzial?

Definitiv! Viele dieser Projekte stehen aber noch ganz am Anfang, deswegen darf ich da nicht zu viel verraten – auch wenn ich es am liebsten sofort erzählen würde. Aber es gibt viele Möglichkeiten für vollintegrierte Lösungen, bei denen z. B. ein Maxon-Motor, ein Parvalux-Getriebe und zusätzliche Komponenten in einem gemeinsamen Gehäuse kombiniert werden. Das Potenzial ist riesig – und sehr spannend.

Und zum Schluss: Was ist dir beim Thema Innovation besonders wichtig?

Ich möchte betonen: Innovation ist immer Teamarbeit. Auch wenn ich Head of Innovation bin – unsere Projekte funktionieren nur, weil viele Kollegen mitziehen. Wir arbeiten in einer Art Matrixstruktur, holen uns je nach Thema die richtigen Spezialisten ins Boot. Es ist ein hochgradig kollaborativer Prozess – und genau das macht ihn so erfolgreich.