Alarmierende Entwicklung an deutschen Hochschulen

Die Misere des deutschen Ingenieursstudium in 10 Grafiken

Hardware oder Software, das ist hier die Frage? In der Realität ist in der Regel beides vonnöten, doch in der Hochschulausbildung hat sich die Attraktivität stark vom Maschinenbau auf die Informatik verlagert.
Hardware oder Software, das ist hier die Frage? In der Realität ist in der Regel beides vonnöten, doch in der Hochschulausbildung hat sich die Attraktivität stark vom Maschinenbau auf die Informatik verlagert.

Im Ingenieurbereich herrscht in Deutschland großer Fachkräftemangel. Doch die Studierendenzahlen gehen zurück. Größter Verlierer ist der Maschinenbau.

Die Ingenieurwissenschaften gelten als Herzstück der deutschen Wirtschaft. Auch deshalb gab es in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Initiativen von Politik und Fachverbänden, um mehr junge Menschen für ein entsprechendes Studium zu begeistern. „Leider waren diese Bemühungen nicht in ausreichendem Maße erfolgreich“, lautet die nüchterne Bilanz von Marc Hüsch, Experte für Statistik und Datenvisualisierung beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung.

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Trotz zahlreicher Kampagnen sei in vielen ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen eher ein Rückgang der Erstsemester- und Studierendenzahlen zu beobachten, so eine Auswertung des CHE. „Eine Ausnahme bildet die Informatik, aber auch hier reichen die Studierenden- und Absolventenzahlen nicht aus, um den Fachkräftebedarf zu decken“, so Hüsch weiter.

So sieht die aktuelle Lage bei den Ingenieursstudiengängen aus:

Im Wintersemester 2023/24 war mit rund 750.000 Personen etwa jeder vierte Studierende in Deutschland in einem Studiengang der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften eingeschrieben. Diese umfasst zwölf Studienbereiche, neben den großen Fächern Informatik, Maschinenbau und Elektrotechnik auch Bereiche wie Architektur oder Raumplanung.
Im Wintersemester 2023/24 war mit rund 750.000 Personen etwa jeder vierte Studierende in Deutschland in einem Studiengang der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften eingeschrieben. Diese umfasst zwölf Studienbereiche, neben den großen Fächern Informatik, Maschinenbau und Elektrotechnik auch Bereiche wie Architektur oder Raumplanung.
Betrachtet man die Entwicklung der Studierendenzahlen im Bereich der Ingenieurwissenschaften, dann ist zu erkennen, dass diese Zahl seit einem Höchstwert von 782.679 im Wintersemester 2020/21 kontinuierlich abnimmt. An den Universitäten sind die Studierendenzahlen in der Fächergruppe insgesamt bereits seit dem WS 2018/19 rückläufig.
Betrachtet man die Entwicklung der Studierendenzahlen im Bereich der Ingenieurwissenschaften, dann ist zu erkennen, dass diese Zahl seit einem Höchstwert von 782.679 im Wintersemester 2020/21 kontinuierlich abnimmt. An den Universitäten sind die Studierendenzahlen in der Fächergruppe insgesamt bereits seit dem WS 2018/19 rückläufig.
Ein Blick auf die drei größten Studienbereiche der Fächergruppe zeigt jedoch große Unterschiede in der Entwicklung. Während die Informatik stark gewachsen ist, sind die Studierendenzahlen in Maschinenbau/Verfahrenstechnik stark zurückgegangen. In Elektrotechnik und Informationstechnik fielen die Rückgänge weniger starkt aus. Seit dem Wintersemester 2016/17 gibt es (über alle Hochschultypen hinweg) im Studienbereich Informatik mehr Studierende als im Bereich Maschinenbau/Verfahrenstechnik und auch danach ist die Entwicklung sehr gegenläufig.
Ein Blick auf die drei größten Studienbereiche der Fächergruppe zeigt jedoch große Unterschiede in der Entwicklung. Während die Informatik stark gewachsen ist, sind die Studierendenzahlen in Maschinenbau/Verfahrenstechnik stark zurückgegangen. In Elektrotechnik und Informationstechnik fielen die Rückgänge weniger starkt aus. Seit dem Wintersemester 2016/17 gibt es (über alle Hochschultypen hinweg) im Studienbereich Informatik mehr Studierende als im Bereich Maschinenbau/Verfahrenstechnik und auch danach ist die Entwicklung sehr gegenläufig.
Blickt man auf die Zusammensetzung der Studierendenschaft bei Ingenieurwissenschaften im Vergleich zu anderen Studiengängen, dann fallen zwei gegensätzliche Faktoren auf: die Ingenieurswissenschaften haben zum einen mit 25,3 % den kleinsten Frauenanteil bei den Studierenden, zum anderen aber mit 25,6 % den größten Anteil ausländischer Studierender. Letzteres spricht für den nach wie vor exzellenten Ruf dieser Ausbildung im Ausland. Den höchsten Anteil ausländischer Studierender hat der Bereich Bergbau und Hüttenwesen mit 56,8 %, gefolgt von Materialwissenschaft und Werkstofftechnik (45,3 %) und Elektrotechnik und Informationstechnik (39,0 %).
Blickt man auf die Zusammensetzung der Studierendenschaft bei Ingenieurwissenschaften im Vergleich zu anderen Studiengängen, dann fallen zwei gegensätzliche Faktoren auf: die Ingenieurswissenschaften haben zum einen mit 25,3 % den kleinsten Frauenanteil bei den Studierenden, zum anderen aber mit 25,6 % den größten Anteil ausländischer Studierender. Letzteres spricht für den nach wie vor exzellenten Ruf dieser Ausbildung im Ausland. Den höchsten Anteil ausländischer Studierender hat der Bereich Bergbau und Hüttenwesen mit 56,8 %, gefolgt von Materialwissenschaft und Werkstofftechnik (45,3 %) und Elektrotechnik und Informationstechnik (39,0 %).
Interessant ist auch die Entwicklung bei den Herkunftsländern der ausländischen Studierenden bei den Ingenieurswissenschaften: Waren lange Zeit Studentinnen und Studenten aus China die größte Gruppe, wurden sie mittlerweile von Studierenden aus Indien abgelöst. Deren Zahl steigt weiter mit einer hohen Dynamik.
Interessant ist auch die Entwicklung bei den Herkunftsländern der ausländischen Studierenden bei den Ingenieurswissenschaften: Waren lange Zeit Studentinnen und Studenten aus China die größte Gruppe, wurden sie mittlerweile von Studierenden aus Indien abgelöst. Deren Zahl steigt weiter mit einer hohen Dynamik.
In fast allen Bereichen der Ingenieurswissenschaften liegt der Frauenanteil bei den ausländischen Studierenden höher als bei deren deutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen.
In fast allen Bereichen der Ingenieurswissenschaften liegt der Frauenanteil bei den ausländischen Studierenden höher als bei deren deutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen.
Bei den Erstsemesterzahlen gab es vom Wintersemester 2013/14 bis zum WS 2021/22 einen sehr deutlichen Rückgang. Seitdem sind die Zahlen wieder etwas angestiegen. Ob die Entwicklung für eine Trendwende in dem Bereich der Ingenieurwissenschaften reicht, ist noch offen.
Bei den Erstsemesterzahlen gab es vom Wintersemester 2013/14 bis zum WS 2021/22 einen sehr deutlichen Rückgang. Seitdem sind die Zahlen wieder etwas angestiegen. Ob die Entwicklung für eine Trendwende in dem Bereich der Ingenieurwissenschaften reicht, ist noch offen.
Betrachtet man die Entwicklung der Erstsemester nach Fachbereichen, dann wird auch hier sehr deutlich, dass der Bereich Informatik auf eine Erfolgswelle reiten kann, während die Zahlen im Maschinenbau sich nach einem massiven Absturz seit dem WS 2021/22 zumindest stabilisiert haben.
Betrachtet man die Entwicklung der Erstsemester nach Fachbereichen, dann wird auch hier sehr deutlich, dass der Bereich Informatik auf eine Erfolgswelle reiten kann, während die Zahlen im Maschinenbau sich nach einem massiven Absturz seit dem WS 2021/22 zumindest stabilisiert haben.
Die gegenläufige Entwicklung von Informatik und Maschinenbau wird auch bei den Abschlüssen sehr deutlich - allerdings in unterschiedlichem Ausmaß: Während die Informatik den Maschinenbau bei der Zahl der Bachelorabschlüsse seit 2020 weit hinter sich gelassen hat, konnte die Informatik bei den Masterabschlüssen erst 2023 am Maschinebau vorbeiziehen.
Die gegenläufige Entwicklung von Informatik und Maschinenbau wird auch bei den Abschlüssen sehr deutlich - allerdings in unterschiedlichem Ausmaß: Während die Informatik den Maschinenbau bei der Zahl der Bachelorabschlüsse seit 2020 weit hinter sich gelassen hat, konnte die Informatik bei den Masterabschlüssen erst 2023 am Maschinenbau vorbeiziehen.
Auch regional gibt es Unterschiede. Während der Maschinenbau vor allem an Hochschulen in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommer Federn lassen musste, konnte die Informatik in Brandenburg, Thüringen und dem Saarland stark zulegen.
Auch regional gibt es Unterschiede. Während der Maschinenbau vor allem an Hochschulen in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern Federn lassen musste, konnte die Informatik in Brandenburg, Thüringen und dem Saarland stark zulegen.

Die wesentlichen Erkenntnisse der CHE-Studie

  • Es herrscht in Deutschland ein Fachkräftemangel in den Ingenieurwissenschaften und im Bereich IT, der für die IT auch bis 2040 prognostiziert wird.
  • In der Informatik stiegen die Erstsemesterzahlen bis zuletzt (WS 2023/24), der Anstieg der Studierendenzahlen verlangsamte sich allerdings in den letzten Jahren.
  • Maschinenbau/Verfahrenstechnik und Elektrotechnik & Informationstechnik haben dagegen mit sinkenden Erstsemesterzahlen zu tun, die sich aber in den letzten drei Jahren auf niedrigerem Niveau stabilisiert haben.
  • Die Rückgänge bei den Erstsemesterzahlen dieser beiden Studienbereiche gehen insbesondere auf einen Rückgang in der (zahlenmäßig größten) Gruppe der männlichen deutschen Studienanfänger zurück. Nur bei weiblichen ausländischen Studienanfängerinnen gab es einen leichten Zuwachs.
  • Insgesamt bleibt die Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften (inkl. Informatik) mit einem Anteil von rund 25 Prozent die Fächergruppe mit dem geringsten Anteil weiblicher Studierender.
  • Unter den ausländischen Studierenden der Fächergruppe stammt mittlerweile die Mehrheit aus Indien, das China als häufigstes Herkunftsland abgelöst hat.

Ingenieurmangel wird sich noch verschärfen

Die deutschen Hochschulen generieren derzeit nicht genügend AbsolventInnen, um den Fachkräftebedarf in den Ingenieurwissenschaften zu decken, so das CHE in seinem Fazit. Der Trend der vergangenen Jahre (sinkende Erstsemesterzahlen und Studierendenzahlen) deutet darüber hinaus auf eine Verschärfung des Mangels hin.

Die zahlreichen Bemühungen von Politik und Fachverbänden, mehr junge Menschen in Deutschland für einen MINT-Studiengang zu gewinnen, scheinen bisher nicht aufgegangen zu sein. Im Bereich der Ingenieurwissenschaften hat bei der Entwicklung der Studierendenzahlen allenfalls eine Verschiebung stattgefunden, von Maschinenbau und Elektrotechnik zur Informatik – gewissermaßen von der Hardware zur Software.

Weiterhin problematisch sind zudem die hohen Studienabbruchquoten von zum Teil mehr als 40 Prozent im Bachelorstudium.

Der Autor: Peter Koller

Peter Koller

Gelernter Politik-Journalist, heute News-Junkie, Robotik-Afficionado und Nerd-Versteher. Chefredakteur des Automatisierungsmagazins Automation NEXT. Peter Koller liebt den Technik-Journalismus, weil es das einzige Themengebiet ist, wo wirklich ständig neue Dinge passieren. Treibstoff: Milchschaum mit Koffein.