Ein Proband mit einem Prototyp der intelligenten Feuerwehrjacke in der Brandsimulationsanlage.

Ein Proband mit einem Prototyp der intelligenten Feuerwehrjacke in der Brandsimulationsanlage. (Bild: © Salzburg Research/wildbild)

Feuerwehrleute stehen bei einem Brandeinsatz unter enormem Stress: Hohe Temperaturen belasten den Körper, die persönliche Schutzausrüstung wiegt oft 20 Kilogramm oder mehr, Bergungsarbeiten und das Suchen nach Personen in Not erfordert viel Kraft und Ausdauer. Hinzu kommt enormer psychischer Stress durch die hohe Verantwortung und die Unvorhersehbarkeit bei Brandeinsätzen. Alleine in den USA sterben jährlich bis zu 50 Feuerwehrleute an den Folgen von Überlastung, die im und durch einen Einsatz auftreten. Steigende Temperaturen im Feuerwehranzug führen zu einem „Kipppunkt“, an dem Feuerwehrleute kollabieren können.

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Hitzestress automatisiert vermeiden

„Meine Vision ist, Hitzestress bei Feuerwehrleuten automatisiert zu vermeiden. Denn Hitzestress führt zu verminderter Leistungsfähigkeit und im schlimmsten Fall zu einer Ohnmacht, sodass Retter selbst gerettet werden müssen“, sagt Otmar Schneider, Geschäftsführer und Gründer des Feuerwehrausstatters  Texport GmbH. Gemeinsam mit Salzburg Research und der Universität Salzburg wurde daher nach Möglichkeiten gesucht, wie Hitzestress automatisiert mit Hilfe von Sensorik und einem Kühlungssystem direkt in der Feuerwehrjacke vermieden werden kann.

Sensoren-Test in der Sauna

Die Herausforderung war zunächst, den richtigen Zeitpunkt automatisiert zu erkennen, an dem sich Feuerwehrleute diesem „Kipppunkt“ nähern. In die Textilien wurden Sensoren eingearbeitet, die Schweiß beziehungsweise die Luftfeuchtigkeit in der Einsatzjacke schätzen. In einer ersten Laborstudie saßen dafür 19 Teilnehmende mit Schutzanzug, Helm und Sauerstoffflasche in der Sauna und beantworteten anschließend nach zusätzlicher physischer Belastung auf dem Laufband Fragen für einen kognitiven Test – ebenfalls mit der gesamten Ausrüstung.

„Dadurch wollten wir herausfinden, mit welchen Sensoren und Parametern wir den Hitzestress zuverlässig ermitteln können und wo diese Sensoren am besten angebracht werden sollten“, sagt Severin Bernhart vom Forschungsinstitut Salzburg Research, das auf Bewegungsdatenanalyse spezialisiert ist. In der Laborstudie wurde der Algorithmus trainiert, den Zeitpunkt zu berechnen, ab dem es den Feuerwehrleuten im Anzug zu heiß wird.

Bei Hitzestress – also ab 38,5° Celsius Körperkerntemperatur – verhalten sich Menschen risikobereiter, impulsiver, treffen möglicherweise falsche Entscheidungen und überschätzen ihre körperliche Leistungsfähigkeit.

Darum wurde ins Jackenfutter ein innovatives System eingebaut, das automatisch die Feuerwehrfachkraft unter der Jacke mithilfe von Luft kühlt, sobald die Sensorik anschlägt. „Besonders herausfordernd war, dass alle Komponenten robust und hitzebeständig sein mussten. Außerdem mussten wir ein ausgeklügeltes Kühlungsverfahren entwickeln und testen, um die knappe Ressource Luft, die die Feuerwehrleute in einer zusätzlichen Druckluftflasche mitführen, nicht zu verschwenden“, sagt Salzburg Research-Forscher Severin Bernhart. „Wir haben eine Intervallkühlung entwickelt, die sparsam mit der Luft umgeht und trotzdem effektiv ist.“

Test in der Brandsimulationsanlage

Die Prototypen dieser automatisch kühlenden Feuerwehrjacke wurde bereits während der Entwicklung immer wieder unter realen Bedingungen in der Brandsimulationsanlage getestet. Bei der abschließenden Studie gingen zwölf Feuerwehrleute mit intelligenter Feuerwehrjacke und eine Kontrollgruppe ohne dieses System unter kontrollierten Bedingungen in einen Brandcontainer und absolvierten einen simulierten Brandeinsatz. Sensordaten und Rückmeldungen der Probanden zeigten die Wirksamkeit des neuen Systems.

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