Gastkommentar Michael Fritz, Fraunhofer Cluster of Excellence Cognitive Internet Technologies
Factory-X: Warum Security jetzt entscheidet
Factory-X steht für den nächsten Quantensprung der Industrie – doch ohne Sicherheit keine Souveränität. Technische Kontrolle, verbindliche Standards und skalierbare Lösungen entscheiden jetzt über den Erfolg digitaler Datenräume.
Mit dem Trusted Connector hatten wir bei Fraunhofer frühzeitig ein tragfähiges Konzept für den sicheren Datenaustausch mit Schutzmechanismen auf technischer Ebene entwickelt. Nun zeigt sich: Genau diese Fähigkeiten zur kontrollierten, souveränen Datennutzung sind heute gefragter denn je – von regulatorischer Seite, durch den Marktdruck und durch die Notwendigkeit, kollaborative Geschäftsmodelle zu etablieren.
Die Digitalisierung der Industrie ist längst mehr als ein Leuchtturmprojekt – sie ist ein Transformationsprozess mit globaler Tragweite. Damit Initiativen wie Factory-X im Jahr 2026 nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern tatsächlich einen Mehrwert für die Industrie schaffen, müssen wir jetzt an den entscheidenden technologischen Voraussetzungen arbeiten. Das Thema Security rückt dabei endlich dorthin, wo es hingehört: ins Zentrum der Umsetzung.
Dass Datensouveränität in offenen Datenräumen eine zentrale Rolle spielt, ist schon lange Konsens – doch echte technische Durchsetzbarkeit von Datennutzungskontrolle war bisher ein offener Punkt. Gerade für hochsensible Branchen wie den Halbleiter- oder Maschinenbausektor reicht ein rein organisatorisches Vertrauensmodell nicht aus. Vertrauen muss technisch nachvollziehbar, durchsetzbar und zertifizierbar werden.
Der Trusted Connector war der Anfang. Jetzt gilt es, ihn und vergleichbare Technologien in eine neue Reifestufe zu überführen: industriefähig, zertifizierbar und wirtschaftlich attraktiv. Der Markt ruft nicht mehr nach isolierten Pilotlösungen, sondern nach skalierbaren, wartbaren Komponenten mit klarer Governance, verbindlichen Standards und praktikablem Betrieb.
Ein wesentliches Signal dabei ist: Die regulatorischen Voraussetzungen sind vorhanden – von der DSGVO über den Data Act bis hin zum AI Act. Unternehmen suchen aktiv nach rechtskonformen und marktfähigen Lösungen, mit denen sie ihre Datenräume aufbauen und datengetriebene Geschäftsmodelle realisieren können – ohne in rechtliche Grauzonen zu geraten.
Was zählt, ist die koordinierte Umsetzung
Für den Erfolg von Factory-X ist nun die Umsetzung folgender Schritte wichtig:
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Etablierung verbindlicher technischer Standards und Zertifizierungswege:
Dies umfasst klare Richtlinien für Policy Enforcement, Konnektor-Profile und Datenlizenzierung, um Interoperabilität und Vertrauen zu gewährleisten. -
Entwicklung robuster Referenzimplementierungen für die industrielle Praxis:
Lösungen müssen über den Laborstatus hinausgehen und ihre Funktionalität sowie Skalierbarkeit in realen industriellen Umgebungen unter Beweis stellen. -
Nachweis und Kommunikation ökonomischer Mehrwerte:
Durch gezielte Pilotprojekte in Schlüsselbranchen wie Maschinenbau, Energie oder Logistik müssen konkrete und messbare Vorteile für Unternehmen aufgezeigt werden, um die Akzeptanz und Investitionsbereitschaft zu fördern.
Genau hier liegt die Stärke des Fraunhofer CCIT: Wir verbinden anwendungsnahe Forschung mit industrieller Umsetzungskompetenz – von der sensorischen Datengewinnung über die Edge-Cloud-Integration bis hin zur KI und Datensicherheit. Mit Partnern aus Industrie, Verbänden und Standardisierung bringen wir alle Bausteine für vertrauenswürdige Datenräume zusammen.
Die zentrale Aufgabe lautet jetzt: Souveräne Digitalisierung nicht nur ermöglichen, sondern umsetzen. Damit Factory-X und andere „X-Projekte“ in die richtige Richtung laufen, brauchen wir keine neuen Visionen – sondern belastbare, skalierbare Technologien, die Sicherheit, Kontrolle und wirtschaftlichen Nutzen vereinen.