Fräsen, Schleifen, Polieren...
So werden Roboter in der Holzbearbeitung eingesetzt
Wie können Roboter in der Holzbearbeitung helfen? Warum sollten kleine Schreinereien auf Roboter setzen und welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden?
Holzbearbeitungs-Betriebe wie auch Roboterhersteller erkennen immer mehr das große Potenzial von Industrierobotern und sogenannten kollaborativen Robotern - kurz: Cobots. Kleine und mittlere Unternehmen aus der holzbearbeitenden Industrie sehen Industrieroboter als wirtschaftliches Werkzeug, das ihnen für ganz bestimmte Anwendungen in kürzerer Zeit bessere Ergebnisse liefern kann. Welche Anwendungen das sind und welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, erklärt kollegeroboter.de-Themenbuddy Werner Hampel in aller Kürze.
>>> Das Video dazu finden Sie demnächst auf "Werner Hampel - der Roboter-Kanal" (Youtube)! <<<
Typische Schreinerei-Frage: Warum sollten wir einen Industrieroboter brauchen?
"Wir haben doch gar nicht die Stückzahlen, dass sich das lohnen würde! Das ist doch viel zu teuer und zu kompliziert!" Das sind Argumente, die Werner Hampel, unser Robotik-Experte, immer wieder von Entscheidern aus der Holzbearbeitung zu hören bekommt. Werner erklärt uns: "Natürlich macht ein Roboter nicht in jedem Betrieb Sinn. Denn: Wer keinerlei eintönige, langweilige, gefährliche oder dreckige Aufgaben für Kollege Roboter hat oder wer schlicht nicht genügend Platz zur Verfügung stellen kann, für den gibt es auf den ersten Blick keinen Grund dafür, mit einem Roboter zu arbeiten." Folglich sei es selbstverständlich nicht möglich, pauschal zu sagen, ob ein Roboter in einem Holzbearbeitungs-KMU sinnvoll ist oder nicht. Und dennoch gibt es einige gute Argumente, die durchaus für einen Einsatz sprechen.
Holzbearbeitung: Was können Roboter besser als Menschen?
Zunächst einmal kann die Arbeit in Schreinereien gesundheitliche Folgen haben: Ungesunde Körperhaltungen sowie die Belastung mit Lärm und Staub über Jahre hinweg haben negative Auswirkungen. Einem Roboter hingegen macht das nichts aus. Darüber hinaus wiegen natürlich auch wirtschaftliche Argumente zunehmend schwerer. Roboter sind präziser und schneller als Menschen, das heißt, sie können in kürzerer Zeit bessere Qualität produzieren. Roboter haben je nach Modell eine Genauigkeit von bis zu 0,05 Millimetern - was bedeutet: Sie fahren die programmierten Punkte mit höchstens dieser Abweichung an. Ein Mensch schafft das nicht.
Außerdem sind mit Robotik auch die kompliziertesten Formen möglich. Werner erzählt: "Eine Tischlerei in Mecklenburg-Vorpommern, die Vorreiter für den Einsatz von Robotern war, konnte beispielsweise mit einem Roboter eine kreisrunde Haustür mit Stichbogen fertigen - ein Auftrag, der ohne Roboter nicht möglich gewesen wäre." Und: Vor allem bei komplexen dreidimensionalen oder sehr großen Formen gibt es in puncto Genauigkeit schlicht keine sinnvolle Robotik-Alternative. Robotik hat also viele gute Argumente.
Für welche Arbeiten werden Roboter in der Holzbearbeitung also eingesetzt?
Einsatzbereich 1: Handling
Dazu gehören Tätigkeiten wie Pick and Place, Greifen, Saugen, die Lagerverwaltung und Bestückung von Maschinen sowie das Stapeln. Werner erklärt: "Beim Handling hat der Roboter entweder einen Greifer oder einen Sauger als Werkzeug vorne dran. Beim Pick and Place werden Teile von A nach B gehoben, also beispielsweise vom Regal aufs Förderband, oder vom Schreinertisch auf die Palette. Bei der Lagerverwaltung kümmert sich der Roboter um den entsprechenden Überblick und bei der Maschinenbestückung legt der Roboter die Teile in eine Maschine, die dann das Werkstück zum Beispiel schneidet, lackiert oder furniert. Und stapeln lässt sich natürlich alles Mögliche: Bretter und Paletten zum Beispiel." Roboter können auch beim Nageln eingesetzt werden, da wird dann eine Nagelmaschine vorne dran gebaut, so kann man ganz einfach zum Beispiel Europaletten zusammen nageln.
Einsatzbereich 2: Schleifen und Polieren
Ein anderer ganz wichtiger Einsatzbereich in der Holzbearbeitung ist das Schleifen: "Also zum einen das Abschleifen und zum anderen das Polieren von Oberflächen", erklärt Werner Hampel.
Einsatzbereich 3: Fräsen
Und zu guter Letzt hilft Robotertechnik Menschen auch beim Fräsen. Werner gibt Einblicke: "Hier gibt es auch viele Beispiele von erfolgreichen Applikationen. Ich bekomme zum Beispiel auch immer wieder Anfragen von Künstlern, die mit Robotern arbeiten möchten. Oder letztens war ein Orthopäden-Team hier, die Holzbeine fertigen wollten."
Einstiegs-Know-how: Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden?
Für Roboter gibt es im Holz-Handwerk also viele Einsatzmöglichkeiten. Und auch die Programmierung und Umprogrammierung wird immer einfacher und intuitiver, sodass sich zum Beispiel kollaborierende Roboter immer mehr auch für verschiedene Aufgaben flexibel einsetzen lassen.
Werner fährt fort: "Damit sind wir auch schon beim nächsten Punkt, den ich oft höre: `Ich kenn mich doch gar nicht mit Robotern aus, ich habe keine Ahnung, wie man die programmiert, das ist doch zu schwierig.` Dazu kann ich sagen: Roboterprogrammierung ist keine Raketenwissenschaft. Klar, man muss sich einarbeiten und natürlich gibt es auch komplexe Aufgaben, für die man ein umfangreicheres Wissen braucht. Aber die Basics sind recht schnell erlernt, sodass auch Einsteiger schnell und sicher mit Robotern arbeiten können." Werner rät: "Außerdem kann und sollte man am Anfang sowieso einen Profi dazuholen, der die Programmierung übernimmt, damit nichts schiefgeht."
Wie Hersteller Anwendern den Roboter-Einstieg erleichtern
Und es gibt ja auch immer mehr Roboter und neue Tools, die die Programmierung für Einsteiger wirklich einfach machen. Werner erklärt: "Cobots zum Beispiel kann man direkt zur gewünschten Stelle führen und sie haben auch grafische Touchpanels, die quasi wie ein Smartphone funktionieren. Oder man besucht einfach eine Schulung."
Außerdem gibt es auch immer mehr Lösungen, die auch bei kleinen Stückzahlen rentabel sind. Ein Beispiel hier ist die Oberfräse Origin von Shaper Tools. Dabei handelt es sich um ein kleines handgeführtes Tool, das zwar von Hand geführt wird, aber eine robotische Autokorrektur für bessere Ergebnisse eingebaut hat. Somit profitieren Handwerker nicht nur von besserer Qualität, sondern auch von der Kompaktheit eines Gerätes, das problemlos transportiert werden kann.
Werner`s Plädoyer: "Ich möchte einfach an Handwerksbetriebe appellieren, dass sie sich mit dem Thema Automatisierung auseinandersetzen und am Ball bleiben. Der Trend geht klar zu Roboterlösungen im Handwerk. Roboter werden günstiger, sind immer einfacher zu programmieren und damit immer attraktiver auch für kleine Betriebe mit niedrigen Stückzahlen. Es gab in den letzten Jahren so viele Innovationen speziell für dieses Segment und es werden noch viele folgen. Also: Wenn das Arbeiten mit einem Roboter vielleicht jetzt noch nicht sinnvoll ist für einen Betrieb, ist das noch lange kein Grund, das Thema Automatisierung ganz abzuschreiben. Gerade in der Holzbearbeitung gibt es viele Arbeiten, die eintönig sind, wo Sägespäne und Staub fliegen, oder solche, wo ein Roboter bessere Ergebnisse liefert als der Mensch oder eine CNC-Fräsmaschine"