In intelligenten Fertigungsstätten müssen viele Puzzleteile - sprich unterschiedliche Robotersysteme - zusammenarbeiten.

In intelligenten Fertigungsstätten müssen viele Puzzleteile - sprich unterschiedliche Robotersysteme - zusammenarbeiten. (Bild: Stock.Adobe.com - Sergey Tarasov)

Die intelligente Fertigung ist der Schlüssel zur digitalen Transformation. Daher ergreifen viele Fertigungsunternehmen derzeit Maßnahmen zur Modernisierung von Maschinen, Produktionslinien und Fabriken, um die intelligente Fertigung zu beschleunigen.

Automatisierungsmaschinen sind die notwendige Grundlage für den Aufbau intelligenter Produktionslinien und Fabriken. Hier kommen immer häufiger Cobots, also kollaborative Roboter zum Einsatz. Im Bereich des Maschinenbaus und der Automatisierungstechnik ist die kollaborative Robotik eine der am stärksten wachsenden Branchen.

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Der Autor

Michael Mayer-Rosa
Michael Mayer-Rosa (Bild: Delta Electronics)

Michael Mayer-Rosa ist Senior Director der Industrial Automation Business Group EMEA beim Automatisierungsspezialisten Delta Electronics.

Cobots sind vielfältig einsetzbar

Cobots, die zunehmend KI-gestützt agieren, sind flexibel, schnell und einfach programmierbar und in der Lage, eine Vielzahl von Aufgaben zu übernehmen, die bislang von Fachkräften ausgeführt wurden. Mit der Plug & Play-Einrichtung und der intuitiven Programmierung über eine benutzerfreundliche Schnittstelle sind Cobots für Bediener aller Qualifikationsstufen zugänglich. Sie fördern die Mensch-Roboter-Kollaboration in Bereichen wie Automotive, Logistik und Elektronik und eignen sich für Anwendungsfälle wie etwa die Palettierung, Pick & Place oder Schweißen. Ebenso ist vieles mehr möglich, denn für den Einsatz von Cobots gibt es praktisch keine Grenzen. Dadurch entlasten sie Fachkräfte und ermöglichen es ihnen, sich auf strategisch wichtige Aufgaben zu konzentrieren.

Einfache und schnelle Integration

Bei vielen mittelständischen Fertigungsbetrieben übernehmen derzeit immer noch Menschen Montagearbeiten oder die Bestückung von Maschinen. Cobots lassen sich jedoch – anders als ein Industrieroboter – einfach und schnell in verschiedene Prozess integrieren.

Sicherheit ist hierbei ein entscheidender Aspekt, also das Vertrauen, dass der Cobot bei einer drohenden Kollision rechtzeitig stoppt. Cobots erfüllen alle aktuellen Anforderungen an funktionale Safety, da sie von Haus aus für das Zusammenspiel mit Menschen auch in engen Betriebsumgebungen konzipiert sind. Es bedarf jedoch besserer Standards für Sicherheit und Interoperabilität, effizienterer Algorithmen, die in Echtzeit arbeiten können, und klarer rechtlicher Rahmenbedingungen, um den Einsatz von KI in der Fertigung sicher und vertrauenswürdig zu gestalten.

Dreiklang aus Effizienz, Anpassungsfähigkeit und Zuverlässigkeit

Grundsätzlich kommt es auf die Effizienz, Anpassungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Software an, um den maximalen Nutzen aus Cobots zu ziehen. Dies umfasst die Aspekte Benutzerfreundlichkeit, Flexibilität, Sicherheit und Integration:

Benutzerfreundlichkeit bedeutet, dass intuitive Interfaces zur einfachen Programmierung und Bedienung bereitstehen.

  • Flexibilität steht für die Anpassungsfähigkeit an verschiedene Aufgaben und Umgebungen.
  • Bei der Sicherheit geht es um die Implementierung von Sicherheitsprotokollen für die Mensch-Maschine-Kollaboration.
  • Die Integration schließlich bedeutet eine nahtlose Einbindung in bestehende Systeme und Prozesse.

Zukunft liegt bei „Maschine zu Maschine“

Es ist jedoch davon auszugehen, dass „Cobot zu Mensch“ nicht das dominierende Einsatzszenario von Cobots sein wird. Viel eher liegt die Zukunft in „Cobot zu Robot“ oder „Maschine zu Maschine“, also komplett durchautomatisierten Produktionsumgebungen, in denen Cobots, SCARA-Roboter (Selective Compliance Assembly Robot Arm), AMRs (Autonomous Mobile Robots) und AGVs (Automated Guided Vehicles) miteinander kommunizieren und arbeiten. Dies kann natürlich nur klappen, wenn die Kommunikation zwischen diesen unterschiedlichen Robotertypen tadellos funktioniert.

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Digitaler Zwilling: Optimierung von Produktionslinien mittels Simulation

Die Kommunikation von Roboter zu Roboter setzt voraus, dass eine Produktion komplett digital planbar und digital abbildbar ist, was durch einen Digitalen Zwilling der Produktionsumgebung heute machbar ist. Der Hintergrund: Produktionslinien müssen häufig geändert werden auf der Grundlage der eingesetzten Komponenten und Produkte. Dies ist bei einer unglaublich komplexen, sich schnell bewegenden Elektronikmontagelinie für die Montage von Netzteilen keine leichte Aufgabe. Das zuständige Team verbindet die Maschinen in der Produktionslinie und verwendet dann Mockups und statische Bilder, um physische Kollisionen, Probleme und Fehler zu identifizieren und zu beseitigen.

Der herkömmliche Ansatz beruht jedoch auf Sensoren zur Erkennung von Objekten in der Produktionslinie. Mit der zunehmenden Anzahl der Roboter und Maschinen in den Produktionslinien wurden weitere Sensoren erforderlich. Dies ist aber weder skalierbar noch geeignet, um den Anforderungen an eine flexible Produktion gerecht zu werden, da es viel Zeit in Anspruch nimmt, die Anlage umzurüsten.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, können Fertigungsunternehmen einen physikalisch genauen Digitalen Zwilling ihrer Produktionslinien erstellen. Dies ermöglicht es, die Neukonfiguration viel schneller vorzunehmen und mehrere „Was-wäre-wenn“-Simulationen durchzuführen, um das optimale Liniendesign zu ermitteln.

Ein weiterer entscheidender Vorteil eines Digitalen Zwillings ist die Möglichkeit, schnell synthetische Daten in großem Maßstab zu erzeugen, um hochpräzise Computer-Vision-Modelle zur Erkennung von Objekten in der Produktionslinie zu testen und zu trainieren. Dieser neue Ansatz ermöglicht es, den Produktionsplanungsprozess erheblich zu beschleunigen.

Wie ein Digitaler Zwilling entsteht

Der Prozess der Erstellung eines digitalen Zwillings beginnt mit der Zusammenstellung und Visualisierung von 3D-Assets aus der Umgebung. Hierzu eignen sich 3D-Anwendungen wie Autodesk 3ds Max, FlexSim und Visual Components, um die Produktionslinie zu modellieren und zu simulieren. In der Vergangenheit war es nahezu unmöglich, Daten aus diesen Modellierungs- und Simulationswerkzeugen ohne zeitaufwändige Datenübertragung, Modelldezimierung und Interoperabilitätshürden in einer Umgebung zusammenzuführen. Selbst dann, wenn die Daten einmal aggregiert sind, beginnt bei Änderungen an Modellen oder Prozessen in den 3D-Quellanwendungen der Aggregationsprozess erneut, um alle Änderungen zu aktualisieren.

Open Universal Scene Description als Grundlage

Mit einer Plattform wie Nvidia Omniverse zum Verbinden und Entwickeln von OpenUSD-Anwendungen (Open Universal Scene Description) lassen sich verschiedenen Anwendungen und Daten über eine einheitliche Asset-Pipeline miteinander verbinden, so dass Benutzer den gesamten Output in einer einzigen Umgebung visualisieren und gemeinsam bearbeiten können. Ermöglicht wird dies durch OpenUSD und zusätzliche Konnektoren und Erweiterungen, wodurch Tools von Drittanbietern Live-Daten über einen Nucleus-Server in eine USD-Stufe einspeisen können.

Sobald alle Assets im digitalen Zwilling zusammengefasst sind, lassen sich Simulationen durchführen und Probleme frühzeitig im Design- und Rekonfigurationsprozess erkennen, lange bevor Änderungen an den physischen Produktionslinien vorgenommen werden. Dies ist der Schlüssel zur Vermeidung von kostspieligen Ausfallzeiten und Änderungsaufträgen.

Robotik kann von KI enorm profitieren

In Zusammenhang mit dem digitalen Zwilling in Bereichen wie Qualitätssicherung und Optimierung von Prozessen in der Produktion ist der Einsatz von KI besonders vielversprechend. Hier ist Stand heute der größte Mehrwert für das produzierende Gewerbe zu sehen. Die neue Ära der KI-gestützten Fertigung ist geprägt von digitalen Zwillingen und synthetischen Daten, die die Effizienz und Produktivität vor Beginn der eigentlichen Produktion steigern können.

Virtuell lassen sich bestimmte Produktionslinien verknüpfen, indem 3D-Daten aus einer Vielzahl von Geräten zu einem digitalen Zwilling zusammengeführt werden. Anschließend können mit einer Simulationsanwendung physikalisch genaue, fotorealistische synthetische Daten generiert werden für das Training von Computer-Vision-Modellen und die Simulation der Leistung der Inspektionskameras. Auf diese Weise können Unternehmen jeden Teil des Fabrikprozesses optimieren, bevor die eigentliche Produktion beginnt.

Die Robotik kann von KI enorm profitieren, indem sie Roboter intelligenter und anpassungsfähiger macht, sodass sie komplexere und variablere Aufgaben übernehmen können, ohne viel programmieren zu müssen. Cobots setzen bereits maschinelles Lernen und adaptive Algorithmen zur Optimierung von Aufgaben und Entscheidungsprozessen ein. Ziel ist es, dass sie dann schrittweise selbst aus verschiedenen Abläufen und Prozessen Entscheidungen ableiten können, um komplexere Interaktionen zu ermöglichen.

Durch die Integration eines sicherheits- und leistungsfähigen Vision-Systems ist es möglich, die Fertigungsumgebung optisch abzusichern, um mittels KI zu entscheiden, ob gerade ein Mensch oder ein Fahrzeug auf die Maschine oder den Arbeitsbereich zukommt. Ziel bei diesem Anwendungsfall ist, für ein hohes Niveau an Arbeitssicherheit zu sorgen und zugleich den Produktionsprozess nicht zu stören.

Cobots haben ein großes Potenzial

Die Zukunft gehört kollaborativen Lösungen und humanoider Robotik, vor allem in der Fertigung. Im Privatbereich werden humanoide Roboter wohl noch nicht so schnell zum Einsatz kommen, weil hier die Sicherheitsanforderungen höher sind. In Zukunft könnten Roboter oder Cobots vermehrt mit anderen Robotern zusammenarbeiten, nicht nur mit Menschen. Es wird auch komplett digitalisierte Produktion geben, bei der Roboter verschiedener Arten zusammenarbeiten. In der neuen Ära der KI-gestützten Fertigung werden digitale Zwillinge und synthetische Daten dafür sorgen, die Effizienz und Produktivität bereits vor Beginn der eigentlichen Produktion zu steigern. KI-gestützte Cobots sind hierbei besonders vielversprechend in Bereichen wie Qualitätssicherung und Optimierung von Prozessen in der Produktion.

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