Die Nutzung von Automatisierungstechnik soll einfacher und günstiger werden: Das ist das erklärte Ziel vieler Hersteller und spiegelt sich in diesen SPS-Neuheiten wider.

Die Nutzung von Automatisierungstechnik soll einfacher und günstiger werden: Das ist das erklärte Ziel vieler Hersteller und spiegelt sich in diesen SPS-Neuheiten wider. (Bild: ANX)

Automatisierungslösungen schneller, einfacher und kostengünstiger in industriellen Prozessen einführen. Das war das übergreifende Thema, das sich auf der SPS 2024 beobachten ließ. Dafür werden Produkte von selten benötigten Funktionen befreit, zu anwenderfreundlichen Komplettpaketen geschnürt, besonders kompakt konstruiert oder durch neue Programmierung die Hardwareanforderungen reduziert.

Das Ziel dabei ist nicht nur, existierende Kunden durch gesteigerten Mehrwert zu binden, sondern auch neue Kundengruppen für die Automatisierung im kleineren Mittelstand bis hin zum Handwerk zu erschließen und der Industrie in Schwellenländern Angebote zu machen.

Hier ist eine - subjektive - Auswahl von sieben neuen Produkten, die diesen Trend abbilden:

Beckhoff TwinCAT PLC++: Eine neue Generation der SPS-Technologie

TwinCAT PLC++ bietet als neue Generation SPS-Technologie einen Performancesprung bei Engineering und Runtime.
TwinCAT PLC++ bietet als neue Generation SPS-Technologie einen Performancesprung bei Engineering und Runtime. (Bild: Beckhoff)

Mit TwinCAT PLC++ will Beckhoff einen Leistungssprung in der Automatisierungstechnik ermöglichen. Beschleunigen lassen sich sowohl Engineering als auch Runtime, und zwar zusammen mit den bekannten TwinCAT-Vorteilen der durchgängigen Integration, Kompatibilität und Offenheit. Das „Plus Plus“ steht dabei für konkrete Mehrwerte für den Anwender. TwinCAT PLC++ ist eine komplette Neuentwicklung, basiert aber auf den in der IEC 61131-3 beschriebenen Sprachen. Aufgrund der modernen Compiler-Technologie und der dabei eingesetzten neuen Architektur kann ein deutlicher Sprung in der Engineering- und Runtime-Performance erreicht werden. Bekanntes und Bewährtes bleibt, wesentliche Bestandteile der Entwicklungsumgebung wie Editoren und Compiler wurden nach Vorbild aus der IT jedoch neu entwickelt. Besonderer Wert wurde auf die Möglichkeit gelegt, DevOps-Prinzipien zur Umsetzung etwa von Continuous Integration und Continuous Deployment zu nutzen. Mit TwinCAT PLC++ ergeben sich in der Runtime deutliche Performancevorteile. Im Vergleich zur bisherigen TwinCAT PLC lässt sich in der Runtime der gleiche Steuerungscode mit TwinCAT PLC++ um bis zu einem Faktor von 1,5 schneller ausführen. Als Highlight ist es mit dem neuen Compiler möglich, diesen Steuerungscode im Hinblick auf die Ausführungszeit zusätzlich zu optimieren. Besonders diese aus der IT-Welt bekannte Möglichkeit führt zu einem weiteren deutlichen Plus in der Ausführungsgeschwindigkeit, sodass für die bisherige Maschinensteuerung gegebenenfalls ein Industrie-PC mit weniger Rechenleistung ausreicht, was die Hardwarekosten reduziert. Bleibt die Hardwareplattform unverändert, können die frei werdenden Rechnerressourcen zur Implementierung von mehr Steuerungsfunktionalität genutzt werden oder durch minimierte Zykluszeiten die Produktivität der Maschine erhöhen.

SPS 2024 mit Besucherplus

"Die SPS bleibt auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein starker Ort für Innovation und Diskussion. Hier gestalten wir gemeinsam Zukunft“, so lautet die Messe-Bilanz von Steffen Winkler, CSO der Business Unit Automation der Bosch Rexroth AG und Vorsitz des Ausstellerbeirats der SPS. Auf insgesamt 125.000 Quadratmetern in 16 Messehallen (2023: 128.000 qm) konnten sich die Interessierten auf der SPS 2024 über ein umfangreiches Angebot der Unternehmen freuen. Mit 1.114 Ausstellern (2023: 1.229) und rund 51.300 Besuchern (2023: 50.081) war die Messe auch in diesem Jahr ein Erfolg. Angesichts der momentan herausfordernden wirtschaftlichen Lage in der Industrie ist der Anstieg der Besucherzahlen im Vergleich zum Vorjahr ein starkes und wichtiges Signal für die Automatisierungsbranche“, resümiert Martin Roschkowski, President Mesago Messe Frankfurt GmbH.  

Janitza: Modulare Basis für flexibles Energiemonitoring

Mit dem UGM 800 als Basis lässt sich ein flexibles Energiemonitoring aufbauen.
Mit dem UGM 800 als Basis lässt sich ein flexibles Energiemonitoring aufbauen. (Bild: Janitza)

Die Messung der Energieverbräuche ist für Unternehmen wichtiger denn je - aus Kostengründen ebenso wie aus Nachhaltigkeitsbetrachtungen. Mit dem Energieanalysator UMG 800 hat Janitza auf der SPS 2024 ein Messgerät vorgestellt, das ein flexibles und kostengünstiges Energiemonitoring-System ermöglicht. Dieses modular auf verschiedene Szenarien oder künftige neue Vorschriften angepasst werden, ohne dass dafür in neue Messtechnik investiert werden muss. Möglich macht das ein flexibles Basisgerät, das je nach Anforderung mit sechs verschiedenen Modulen schnell und sicher per Plug & Play-System verbunden werden kann. Ein UMG 800 kann auf diese Weise auf bis zu 96 Strommesseingänge, 182 Digitaleingänge oder eine Kombination aus beidem erweitert werden. Das Messgerät kommuniziert über den OPC UA Standard und  besitzt 2 Ethernet-Schnittstellen (simultan oder getrennt nutzbar), eine RS485 Schnittstelle, einen Modbus TCP/IP Gateway (bis zu 31 Slaves) und mehr. Zudem bietet das Basisgerät einen integrierten Webserver für eine komfortable Inbetriebnahme und Konfiguration.

Binder Connector: Gewinkelte M5-Flanschteile

Folgen dem Trend zur Miniaturisierung in der Automatisierung: hochkompakte gewinkelte M5-Flanschteile.
Folgen dem Trend zur Miniaturisierung in der Automatisierung: hochkompakte gewinkelte M5-Flanschteile. (Bild: Binder Connector)

Innovation muss nicht immer die ganz große neue Lösung darstellen, oft kommt sie im ganz kleinen daher: Zum Beispiel in Form hochkompakter gewinkelter M5-Flanschteile, wie sie Binder Connector auf der SPS gezeigt hat. Zunehmend komplexer werdende industrielle Anwendungen stellen hohe Anforderungen an Steckverbindersysteme, insbesondere dort, wo nur wenig Bauraum zur Verfügung steht. Die M5-Flanschteile können insbesondere dort, wo Platzmangel eine zentrale Herausforderung darstellt, zum Einsatz kommen. Typische Anwendungsbereiche sind industrielle Kameratechnik, Sensoren für die Automatisierung, Analysegeräte, Cobots und Drohnen. Die Entwicklung dieses Flanschteils war eine technologische Herausforderung. Produktmanager Guido Werner: „Eine abgewinkelte Version unseres Flanschteils in Baugröße M5 ist an sich schon eine konstruktive Herausforderung. Dazu kam die Kundenanforderung, die Bauteilabmessung auf max. 7,5 mm x 7,5 mm zu reduzieren, damit möglichst viele Teile nebeneinander auf der Leiterplatte platziert werden können. Dabei stößt man auch an geometrische Grenzen wie Wandstärken und Luft- und Kriechstrecken. Hinzu kommt die Materialauswahl. Für die Flanschteile waren unter anderem neue Kontakte und ein neues Gehäuse notwendig. Auch neue Fertigungshilfsmittel mussten hergestellt werden, um die gewinkelten Flanschteile auch in Serie prozesssicher herstellen zu können."

SEW: Schneller zum fertigen Gantry-Roboter

Die Kombination der Komponenten von SEW und Rollon schaffte eine schnell zu implementierende Lösung für Gantry-Roboter.
Die Kombination der Komponenten von SEW und Rollon schaffte eine schnell zu implementierende Lösung für Gantry-Roboter. (Bild: SEW)

SEW hat seine Automatisierungslösungen StarterSET End-of-Line und End-of-Line Robotics mit den vorkonfektionierten Dreiachsportal-Mechanikpaketen von Rollon kombiniert, um den Bau von Gantry-Robotern zu vereinfachen. Diese Kombination aus zwei Grundpaketen zu einem Komplettpaket bietet Maschinenbauern eine effiziente Lösung, die Zeit und Kosten bei der Projektierung, dem Engineering, der Montage und der Inbetriebnahme reduziert. Diese Antriebs- und Automatisierungssets sind von der Steuerungstechnik über die Antriebselektronik bis zu den Getriebemotoren aufeinander abgestimmt und können dank des modularen Baukastensystems individuell auf Applikationsanforderungen ausgelegt werden. Besonders bei Automationsaufgaben mit hohem Durchsatz, langen Hüben oder großen Massen bieten die fertigen mechatronischen Komponentensets eine wirtschaftliche Lösung. Das entstandene Komplettpaket von SEW und Rollon erleichtert Anwendern die Arbeit erheblich und ermöglicht eine schnelle und ressourcenschonende Umsetzung von Automatisierungsprojekten.

Jumo: mehr sehen mit Meroview

Jumo Meroview zeigt unterschiedlichste Prozessgrößen präzise an.
Jumo Meroview zeigt unterschiedlichste Prozessgrößen präzise an. (Bild: Jumo)

Mit Meroview hat Jumo einen Multifunktionsdigitalanzeiger für die Visualisierung unterschiedlichste Prozessgrößen mit zusätzlicher SPS-Funktion vorgestellt. Bis zu 5 universelle Messeingänge ermöglichen den Anschluss von Widerstandsthermometern, Thermoelementen, Widerstandsferngebern, Widerstandspotis sowie Einheitssignalen 0 bis 20 mA/0 bis 10 V. Über eine kundenspezifische Linearisierung mit 40 Wertepaaren oder einem mathematischen Polynom 4. Ordnung ist eine individuelle Anpassung an vielfältige Sensorsignale möglich. Dank schneller Impulseingänge lassen sich auch Maschinendrehzahlen oder Durchflussmengen, bzw. Zählimpulse erfassen und anzeigen. Eine hohe Konnektivität wird durch die verfügbaren Schnittstellen, RS485 (Modbus RTU Master/Slave), Ethernet (Modbus TCP Master/Slave), PROFINET-Device sowie USB-Host und USB-Device erreicht. Neben Standardfunktionen wie Min./Max-Wert, Messwert-Hold oder einer Tarier-Funktion für Wiegeanwendungen, lassen sich mit Mathematik- und Logikfunktionen analoge oder digitale Werte verknüpfen oder zusätzliche Steuerungsfunktionen über ST-Code (strukturierter Text) realisieren. Für die ST-Code Programmierung stehen im Setup-Programm ein ST-Editor sowie eine Debug-Funktion zur Verfügung.

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Bachmann: HD-Module räumen im Schaltschrank auf

Der Vergleich zeigt dieselbe Kanalanzahl und -funktionalität mit Standard-Modulen (oben) und HD-Modulen (unten).
Der Vergleich zeigt dieselbe Kanalanzahl und -funktionalität mit Standard-Modulen (oben) und HD-Modulen (unten). (Bild: Bachmann electronic)

Mit ihrem schlanken Design sparen die Module des M100-I/O-Systems von Bachmann von Haus aus viel Platz. Doch die Mitte 2025 erscheinenden HD-Module („High Density“) setzen in puncto Kanalverdichtung noch einmal einen neuen Maßstab: Mit einer bis zu 1,5-fach höheren Kanalanzahl im selben Formfaktor erleichtern sie die Umsetzung von Anwendungen mit beengten Platzverhältnissen im Schaltschrank ungemein. Die neuen digitalen und analogen I/O-Module DIS136, DOS136 (jeweils 36 anstatt 24 Kanäle in der Standard-Variante), AIO116 (16 anstatt 12 Kanäle) sowie UIO108 (8 anstatt 6 Kanäle) erlauben extrem kompakte I/O-Konfigurationen. Die HD-Module von Bachmann bringen dabei dieselben Funktionen mit, die Anwender bereits an den Standard-I/O-Modulen der M100-Serie zu schätzen wissen – PWM, Zähler, Zeitstempel, Überabtastung oder die direkte Modul-zu-Modul-Kommunikation. Die verdichteten Module reduzieren die Systemkosten und stärken damit die Wettbewerbsfähigkeit von Maschinenbauern: Aufwände für Material  sowie Montage lassen sich senken und Schaltschränke kompakter designen, was besonders in Anwendungen mit beengten Platzverhältnissen von großem Vorteil ist. Die reduzierte Wärmeemission schont zudem die Hardware im Schaltschrank und wirkt sich positiv auf deren Lebensdauer aus.

ABB: Mit dem Crealizer die Digitalisierung beschleunigen

Mit der neuen Softwareplattform ABB Crealizer lassen sich kundenspezifische Lösungen schneller erstellen, validieren und realisieren
Mit der neuen Softwareplattform ABB Crealizer lassen sich kundenspezifische Lösungen schneller erstellen, validieren und realisieren (Bild: Stock.Adobe.com - ABB)

ABB hat auf der SPS 2024 die neue, offene Softwareplattform ABB Crealizer vorgestellt. Sie ermöglicht Kunden, maßgeschneiderte Lösungen für die Anforderungen ihres Geschäftes zu erstellen, zu validieren und zu realisieren (Create, validate, realize), wovon sich der Name der Lösung ableitet. Der in das ABB Drives-Betriebssystem integrierte Crealizer interagiert in Echtzeit und kann auf hochauflösende Echtzeitmessungen zugreifen. Dies ermöglicht den Anwendern eigene oder in Co-Creation erstellte, maßgeschneiderte Steuerungs- und Analyseanwendungen in den von ihnen bevorzugten Programmierumgebungen wie MATLAB/Simulink oder C++ zu entwickeln. Dank verschiedenen Simulationsmöglichkeiten werden schnelles Prototyping und kurze Iterationen ermöglicht. „Der ABB Crealizer ist in der Lage, die Digitalisierungsprozesse in den Unternehmen zu beschleunigen“, sagt Daniel Wyss, Digital Lead, ABB System Drives. „Die Softwareplattform bietet Kunden aus unterschiedlichen Branchen die Möglichkeit der flexiblen Programmierung, des einfachen Testens, des Prototyping und der schnellen und einfachen Integration.“ Der Crealizer bietet den Anwendern in einer Reihe von industriellen Anwendungen zahlreiche Vorteile. Dazu gehört etwa die aktive Schwingungsregelung, die in Echtzeit die Vibrationen im Antriebsstrang aktiv dämpft. Somit kann der Antrieb im gesamten Drehzahlbereich genutzt werden. Dank geringerer Vibrationen wird außerdem die Lebensdauer erhöht.

Der Autor: Peter Koller

Peter Koller
(Bild: Anna McMaster)

Gelernter Politik-Journalist, heute News-Junkie, Robotik-Afficionado und Nerd-Versteher. Chefredakteur des Automatisierungsmagazins Automation NEXT. Peter Koller liebt den Technik-Journalismus, weil es das einzige Themengebiet ist, wo wirklich ständig neue Dinge passieren. Treibstoff: Milchschaum mit Koffein.

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