
Die Zukunft der Frachtschifffahrt muss sauberer werden. (Bild: stock.adobe.com - HN Works)
Der weltweite Schiffsverkehr ist für 2 bis 3 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Allein die Handelsschifffahrt emittiert mehr CO₂ als ganz Deutschland. Das soll sich bis 2050 drastisch ändern, denn die Weltschifffahrtsorganisation IMO hat sich zum Ziel gesetzt, die Schifffahrt bis dahin klimaneutral zu machen.
Großes Potenzial für die Überseeschifffahrt sehen Experten beim alternativen Treibstoff Ammoniak. Das Gas wird aus Wasserstoff und Stickstoff hergestellt und gilt als vielversprechender Energiespeicher. Im Gegensatz zu Wasserstoff verflüssigt sich Ammoniak bereits bei Umgebungstemperatur und einem vergleichsweise geringen Druck, der in herkömmlichen Gasflaschen erreicht werden kann. Wasserstoff muss dagegen auf -253 Grad Celsius abgekühlt werden, um sich zu verflüssigen.
Die Nachfrage nach Ammoniak als Schiffstreibstoff könnte in den nächsten 25 Jahren explodieren, so der norwegische Schiffsdienstleister DNV. Rund ein Viertel des gesamten Schiffstreibstoffbedarfs könnte bis 2050 durch Ammoniak gedeckt werden. Den Großteil davon macht sogenanntes E-Ammoniak aus, bei dem der enthaltene Wasserstoff durch Elektrolyse erzeugt wird. Der dafür benötigte Strom stammt aus klimaneutralen Quellen.
Schiffe, die mit Ammoniak angetrieben werden, sind derzeit in der Entwicklung. Der Treibstoff kann entweder direkt verbrannt oder über eine Brennstoffzelle in Strom für den Elektroantrieb umgewandelt werden. Im ersten Fall entstehen jedoch schädliche Stickoxid- und Lachgasemissionen. Lachgas ist etwa 265-mal klimaschädlicher als CO₂.
CO₂-freie Kernenergie als Option
Wenn es um CO₂-freie Schifffahrt geht, taucht immer wieder ein weiteres Stichwort auf: Atomkraft. Dass Schiffe mit Kernenergie angetrieben werden, ist nichts Neues. Laut DNV gibt es rund 160 Seeschiffe, die von kleinen Kernreaktoren angetrieben werden. Die meisten davon sind militärische Flugzeugträger und U-Boote. Auch russische Eisbrecher werden mit Kernenergie betrieben.
Die Vorteile liegen auf der Hand. Kernreaktoren können große Mengen an Energie liefern, ohne viel Platz für Tanks zu beanspruchen. Gleichzeitig kann die Energie auch zur Kühlung verderblicher Waren genutzt werden. Durch die hohe Leistung kann das Schiff zudem schneller fahren, so dass mehr Güter transportiert werden können.
Keine neue Idee
Der Einsatz von Kernreaktoren auf Frachtschiffen wurde im Westen bereits Ende der 50er Jahre erprobt. Die US-amerikanische NS Savannah stach 1959 in See, der deutsche Frachter Otto Hahn 1968 und die japanische Mutsu 1972. Alle 3 Schiffe waren jedoch nicht lange als Nuklearschiffe im Einsatz.
Bei der NS Savannah stand die Erprobung des Nuklearantriebs im Vordergrund, wirtschaftlich war das Schiff nicht. Auch die Otto Hahn schrieb rote Zahlen, was aber an fehlenden Hafenanlaufgenehmigungen lag. Nuklearschiffe benötigen nämlich Sondergenehmigungen, um anlegen zu dürfen.
In Japan demonstrierte die lokale Bevölkerung wegen Sicherheitsbedenken gegen die Mutsu, die nach ihrer Zeit als Atomfrachter ein zweites Leben als dieselbetriebenes Forschungsschiff begann und bis heute unterwegs ist.
Russischer Atomfrachter fährt noch 2024
Der einzige Atomfrachter, der bis vor kurzem noch aktiv im Einsatz war, war die russische Sevmorput. Das 1988 gebaute Schiff wurde nach Angaben des Eisbrecherbetreibers Atomflot Ende 2024 außer Dienst gestellt und durch einen Dieselfrachter ersetzt. Bei der russischen Wartungsmoral von atomaren Wasserfahrzeugen sicherlich nicht die dümmste Idee.
An der Idee atomgetriebener Frachter wird aber festgehalten. Erst Anfang Januar hatte der norwegische Forschungsrat gemeinsam mit dem Schiffbauer Vard drei Reaktortypen ausgewählt, die als vielversprechend für die Schifffahrt gelten. Insgesamt wurden Reaktortechnologien von 99 Unternehmen untersucht, wobei sich die zuverlässigsten und sichersten durchsetzten. Ziel ist es, einen Prototyp zu entwickeln, der auch auf See getestet werden soll.
China hat vor etwa einem Jahr mit dem Schiffstyp KUN-24AP das größte Containerschiff der Welt vorgestellt, das von einem Flüssigsalzreaktor auf Thoriumbasis angetrieben werden soll. Bislang ist es jedoch bei dem Konzept geblieben, mit dem Bau des Schiffes wurde noch nicht begonnen.
Atombetriebene Superjachten
Auch die norwegische Werft Ulstein setzt auf Atomkraft für Schiffe. Ihr 149 Meter langes Yachtkonzept Thor soll ebenfalls von einem Thoriumreaktor angetrieben werden und könnte auch als Ladestation für batteriebetriebene Schiffe dienen.
Auf dem Superjacht-Design Festival Anfang Februar in Kitzbühel (ja, in den Alpen!) wird diskutiert, ob Atomkraft die Lösung für das schlechte Image der Branche sein kann. Ulstein-Chefdesigner Øyvind Gjerde Kamsvåg ist sich jedoch bewusst: "Eine nukleare Option wird wohl extrem schwer zu verkaufen sein."