Diese Zahlen geben definitiv keinen Anlass zur Freude: Laut jüngsten Zahlen von VDMA und ZVEI ging der Umsatz der deutschen Automatisierungsbranche im ersten Halbjahr 2024 um 9 % zurück - nach einem prozentual ebenso starken Anstieg im gesamten Jahr 2023.
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Die aktuelle Krise sei damit vergleichbar mit den Einbrüchen durch die Finanzkrise 2008/2009 und dem Beginn der Corona-Pandemie, so Steffen Winkler, Vorsitzender des SPS-Ausstellerbeirats. Eine eiskalte Dusche nach mehreren überaus erfolgreichen Jahren: "Ich bin sein fast 30 Jahren in diesem Geschäft und ich habe noch nie eine so verrückte Nachfrage erlebt wie von 2021 bis 2023", so Winkler, der CSO der Business Unit Automation bei Bosch Rexroth ist.
"Kein Fragezeichen hinter der SPS"
Trotzdem strahlte Winkler, ebenso wie Sylke Schulz-Metzner, Vice President SPS beim Messeveranstalter Mesago und Mesago-Präsident Martin Roschkowski, ungebrochene Zuversicht aus. Die einhellige Meinung: Es handele sich um keine strukturelle Krise der Automatisierung, sondern um eine konjunkturelle Delle, die in absehbarer Zeit überwunden sein dürfte. Auf Prognosen, wann genau das der Fall sein könnte, wollte sich aber naturgemäß keiner der Drei festlegen. Mesago-Chef Roschkowski betonte aber: "Es gibt von Seiten der Aussteller kein Fragezeichen hinter der SPS".
Grund für den Optimismus dürfte aber sein, dass trotz des starken Einbruchs der Umsätze die SPS mit einer "roten Null" dagegenhalten kann. Zwar wird es für die erfolgsverwöhnte Veranstaltung dieses Jahr keine Plus bei Ausstellern und Fläche geben, aber eben auch nur ein minimales Minus. So werden in diesem Jahr statt der 1229 Aussteller des vergangenen Jahres rund 1200 Unternehmen in Nürnberg erwartet, die Ausstellungsfläche soll geringfügig von 128.000 Quadratmeter auf etwa 125.000 schrumpfen.
Ein Grund dafür dürfte die hohe Zufriedenheit der Aussteller wie auch der Besucher sein, die Sylke Schulz-Metzner verkünden konnte und die in allen Punkten über 90 % liegen. Steffen Winkler: "Unternehmen müssen derzeit sparen, aber an ihrem SPS-Auftritt sparen sie zuletzt."
Sensorik wächst in der Krise
Ein weiterer Faktor für die Resilienz der SPS ist die Tatsache, dass es durchaus Lichtblicke für die Branche gibt. So wächst etwa der Bereich Sensorik trotz Krise stark und wird deswegen neben den etablierten Hallen 4A und 7A 2024 auch einen Teil der Halle 6 einnehmen.
Ein Silberstreif am Horizont ist laut den VDMA-Zahlen auch ein starkes Wachstum der Exporte nach Mexiko (+24,6 %) und Indien (+5%). Diesem Trend wird auch die SPS durch eine weitere Internationalisierung der Messe Rechnung tragen: Neu ist in diesem Jahr etwa, dass ein gemeinsames Forum des ZVEI und des VDMA in Halle 3 auch gestreamt und simultan ins Englische übersetzt wird. Es soll durch seinen Hersteller-agnostischen Charakter für eine besonders neutrale Wissenvermittlung zu wichtigen Automatisierungsthemen auch über den deutschen Sprachraum hinaus sorgen.
Grundsätzlich tragen Aussteller aus dem Ausland weiter stark zum Erfolg der Messe bei. Sylke Schulz-Metzner: "Zurückhaltung kommt vor allem von deutschen Unternehmen, bei ausländischen Herstellern ist das kaum spürbar." Vor allem in China seien auch staatliche Programme zu beobachten, um lokalen Automatisierungsherstellern etwa durch eine Messeteilnahme neue Märkte zu erschließen.
SPS will die USA erobern
Die Mesago will das Konzept der SPS zunehmend auf andere Länder und Kontinente übertragen. Neben der bereits etablierten SPS Italia in Parma hat 2024 erstmals im Februar im chinesischen Guangzhou eine Messe unter dem Namen SPS stattgefunden. In Atlanta, Georgia wird es im kommenden Jahr vom 16. bis zum 18. September erstmals eine SPS in den USA geben. Während die Veranstaltung in Italien mit 70.000 Quadratmetern und in China mit 40.000 Quadratmetern bereits eine relevante Größe besitzen, will man laut Mesago-Chef Martin Roschkowski in Atlanta zunächst eine Halle füllen - allerdings eine "auch nach amerikanischen Maßstäben große Halle", wie er schmunzelnd hinzufügt. Auch weitere internationale Standorte seien für die Zukunft nicht ausgeschlossen.
Fachkräftesuche von Konjunktur entkoppelt
Ein Problem, das die Automatisierungsbranche trotz des Einbruchs umtreibt, ist der Fachkräftemangel. Steffen Winkler sieht in der anhaltend hohen Nachfrage insbesondere nach Automatisierungsingenieur:innen eine teilweise Entkoppelung von Auftragslage und Arbeitsmarkt: "Die Unternehmen agieren bei der Fachkräftesuche antizyklisch zur Konjunktur.”
Auch die SPS hält das Thema Nachwuchsgewinnung hoch: Erstmals wird es auf der Messe einen Makeathon geben: Teams mit jeweils bis zu 10 Studierenden können dabei an allen drei Messetagen in Workshops Prototypen zur Lösung konkreter Probleme konzipieren und erstellen. Von Unternehmen, die dabei Talente identifizieren können, sind dabei bereits alle verfügbaren Slots belegt.
Young Talents Day am 14. November
Ergänzt wird der Makeathon durch einen Young Talents Day am 14. November, bei dem potenzielle Nachwuchskräfte Automation hautnah erleben können, durch Präsentationen der Hersteller, Guided Tours über die Messe oder beim Speed Datin auf dem Career Day des VDI in Halle 8, Stand 301.